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Familienfreundliche BundeswehrAlles nur geklaut

Die Reformideen der neuen Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen sind nicht neu. Eine Strukturkommission hatte sie schon vor vier Jahren.

Bald habt Ihr alle Teilzeit und Baby-Urlaub. Und jetzt: Abtreten! Bild: reuters

BERLIN taz | Ursula von der Leyen wird gerade viel gelobt. Wegen der avantgardistischen Vorschläge, mit denen die erste Verteidigungsministerin Deutschlands jetzt Schlagzeilen produziert.

Aber wie neu sind ihre Ideen, die Bundeswehr zu einem modernen Unternehmen zu machen, Dienst und Familie locker miteinander zu vereinbaren, wirklich? Wie neu ist der Vorschlag, Tagesmütter in Kasernen zu schicken und Soldatenfamilien seltener umziehen zu lassen?

Jedenfalls nicht ganz so sehr, wie es von der Leyen dargestellt hat. Die Strukturkommission der Bundeswehr hat schon im Oktober 2010 empfohlen, „die Vereinbarkeit von Familie und Beruf“ zu stärken, zum Beispiel durch „verbesserte Betreuungsangebote für Kinder“.

Auch über die „Versetzungshäufigkeit“ wurde bereits nachgedacht. In dem Bericht ist auch von einer „zentralen Anlaufstelle für alle Fälle posttraumatischer Belastungsstörungen“ die Rede. Auch die Empathie für Soldaten mit psychischen Problemen nach einem Auslandsaufenthalt scheint die CDU-Politikerin gecovert zu haben.

Die Strukturkommission hatte der damalige Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) mit dem Ziel eingesetzt, die Bundeswehr zu reformieren. Die Reform war nötig geworden, weil die Bundeswehr sparen und ihr Image grundsätzlich ändern muss. So war das auch im schwarz-gelben Koalitionsvertrag vereinbart. Geleitet wurde die Kommission von Frank-Jürgen Weise, Chef der Bundesagentur für Arbeit und Oberst der Reserve.

Die neue Verteidigungsministerin, die als Familienministerin die CDU gesellschaftspolitisch nach vorn gebracht hat, wird sich jetzt an ihren großen Worten messen lassen müssen. Zu Guttenberg ist seinerzeit mit der (Familien-)Reform gescheitert.

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3 Kommentare

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  • M
    Michael

    Hier eine kleine Glosse, um die Perversion des Ansatzes zu verdeutlichen:

     

    "Familien sollen nicht zerrissen werden"

    Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen hat eine Initiative bei den Vereinten Nationen angekündigt, deren Ziel es sein soll, die Zerstörung von Familien im Zuge von bewaffneten Konflikten zu verhindern.

    Bei einer internationalen Pressekonferenz gab ein Sprecher der Ministerin bekannt: "Niemand soll mehr getötet werden, der Sohn einer Mutter, Vater eines Kindes oder Ehemann einer gebährfähigen Frau ist. Bei der Bundeswehr werden in Zukunft nur noch alleinstehende Männer und Frauen eingestellt, die nachweisen können, dass ihnen im Todesfall niemand eine Träne nachweint, sogenannte "Family-Neutrals". Bei Heirat soll die Kündigung, bei bestehender Schwangerschaft sogar die fristlose Kündigung erfolgen. In das internationale Kriegsvölkerrecht soll ein Passus aufgenommen werden, der Family-Neutrals verpflichtet, in Gefechtssituationen signalfarbene Kleidung zu tragen, um sie als Ziele erster Wahl von "Family-Involved"-Kombattanten unterscheiden zu können."

    Die Initiative stößt international auf breite Zustimmung, die Firma Google, neuer Besitzer des Kriegsroboter-Herstellers Boston-Dynamics, kündigte bereits an, im zukünftigen Softwaredesign ihrer Kriegsroboter bei der Zielerkennung das Ignorieren von "Family-Involveds" zu implementieren.

  • G
    Gast

    "Zu Guttenberg ist seinerzeit mit der (Familien-)Reform gescheitert."

     

    Bin kein Fan von K.TH. zu Guttenberg, aber dieser Satz ist eine Frechheit, denn nicht an der Reform ist er gescheitert, sondern er musste kurz nach den Ergebnissen der Kommission (Oktober 2010) seinen Posten räumen (März 2011) wegen der Plagiatsaffäre.

     

    Ich verstehe auch nicht, warum sie kritisieren, dass die Vorschläge nicht neu sind. Bisher hat sich keiner daran gemacht sie umzusetzten, sie tut dies nun. Sie sagt ja nicht "ich bin heute morgen aufgewacht und hatte tolle Ideen wie wir die Bundeswehr reformieren können". Es scheint als hätte der Artikel nur ein einziges Ziel: Politiker, die nicht Links/Grün sind schlecht zu reden. Beantworten sie für sich selbst die Frage, ob sie den gleichen Artikel geschrieben hätten, wenn alles andere gleich, z.B. Frau Roth die Verteidigungsministerin wäre

  • Generell und nicht nur auf dieses Thema bezogen ist es doch egal, wie alt Ideen sind. Es kommt darauf an, gute Ideen in die Tat umzusetzen.

     

    Ich habe das Gefühl, dass wir Journalisten häufig einem Aktualitäts-Wahn verfallen sind.