Falschaussage im Brechmittel-Prozess: Konsequenzen für Henning Scherf
Die Staatsanwaltschaft Bremen ermittelt wegen Falschaussage gegen Bremens früheren Bürgermeister Henning Scherf (SPD) im Brechmittel-Prozess.
BREMEN taz | Bremens ehemaliger Bürgermeister Henning Scherf (SPD) muss sich wegen seiner Zeugenaussage im Brechmittel-Prozess verantworten. Die Staatsanwaltschaft Bremen hat am Freitag ein Ermittlungsverfahren gegen ihn eingeleitet, wegen des Verdachts der uneidlichen Falschaussage.
Am 16. September hatte Scherf sich als Zeuge im Prozess um den Tod von Laye Condé verspätet und über die Gründe offensichtlich gelogen: Der Richterin hatte er erklärt, von einer Vorverlegung des Termins nichts gewusste zu haben und bis kurz zuvor noch im Ausland gewesen zu sein. Wie Radio Bremen recherchierte, war Scherf allerdings bereits mehrere Tagen zuvor nach Deutschland zurückgekehrt. Wegen der Verspätung hatte die vorsitzende Richterin Scherf bereits zu einem Ordnungsgeld von 150 Euro verdonnert.
Im Prozess angeklagt war der Polizeiarzt Igor V.. Er hatte im Dezember 2004 dem des Drogenhandels verdächtigen Condé im Polizeigewahrsam Brechmittel und Wasser eingeflößt. Dadurch sollten verschluckte Kokainkügelchen als Beweise gesichert werden. Auch nachdem Condé einige Drogenkügelchen erbrach, wurde die Prozedur fortgesetzt. Er fiel dadurch ins Koma und verstarb am 7. Januar 2005. Der Prozess ist seit November eingestellt, weil der Polizeiarzt Igor V. zu krank war für weitere Verhandlungstage. V. hat die Auflage, der Mutter Condés Geld zu zahlen.
Scherf schuf rechtliche Grundlage
Die Brechmittel-Zwangsprozedur wurde in Bremen jahrelang viele Male durchgeführt, hauptsächlich traf es Menschen schwarzer Hautfarbe. 1992 schuf Henning Scherf als Justizsenator die rechtliche Grundlage dafür. 2006 stufte der Europäische Gerichtshof diese Praxis als Folter ein.
Vor Gericht hatte Scherf keine Reue gezeigt. Der Tod Condés sei 2005 „eine große Überraschung“ gewesen, sagte er da. Und: „Bis zu diesem katastrophalen Fall gab es überhaupt keine Schwierigkeit.“ Die Brechmittel-Vergabe sei „lange Jahre gelaufen, ohne dass es Komplikationen gegeben“ habe und „Beweissicherungs-Alltag“ gewesen. Sowohl die Richterin als auch der Verteidiger hatten Scherf daraufhin mit dem Verlauf der jahrelang öffentlich geführten Kontroverse um die Brechmittelvergabe konfrontiert. Auch wiesen sie Scherf darauf hin, dass Bremen eines der wenigen Bundesländer war, welches die Prozedur selbst nach dem Tod von Achidi John fortsetzte, der 2001 in Hamburg an den Folgen einer Brechmittelvergabe starb.
Auch inhaltliche Aussagen werden geprüft
Während die Staatsanwaltschaft den Schwerpunkt auf Scherfs Falschangaben zu seiner Verspätung als Zeuge im Auge legt, zeigte die antirassistische „Initiative in Gedenken an Laye Condé“ Scherf nachträglich wegen seiner Aussagen an, von Problemen nichts gewusst zu haben. Auch diese inhaltlichen Angaben würden nun überprüft, sagte der Sprecher der Staatsanwaltschaft, Frank Passade zur taz.
Eine uneidliche Falschaussage vor Gericht wird mit einer Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.
Leser*innenkommentare
Andreas Urstadt
Gast
Der Arzt, der alles verursachte, sagt, er habe unter Druck gestanden, die Sauereien auszufuehren - klingt nach Milgram-Experiment.
Man muss Widerstand gegen Behoerden leisten. Wenn der Arzt das nicht konnte, war er fuer die Position ungeeignet, wer fuer die Position Ungeeignete einstellt, tendiert zu Erfuellungsgehilfen. Es ist nur der integer, der Leute einstellt, die ihre Meinung sagen und auch durchsetzen koennen, mindestens aber von der Aufgabe bei Bedenken zuruecktreten.
Wie sich zeigt, stinkts in Bremen gewaltig, auch die Gerichtsurteile wurden von oben abgewiesen. D h nicht nur der Arzt, auch Richter agieren in Bremen ausser Kontrolle.
Als ich ganz klein war, haette ich niemals gedacht, in so einem Land zu wohnen. Scherfs Sandinista-Freunde sind nicht besser.
Desillusionist
Gast
Das hier Geschilderte passt zu Scherf. Er hat nie etwas anderes gekonnt oder gewollt, als Schulden anzuhäufen und medienwirksam den totalen Gutmenschen zu geben.
Aber passieren wird ihm sicher nichts; die deutsche Politikerkaste hat reichlich Mittel und Wege, Konsequenzen für ihr Unvermögen und auch für ihre Lügen zu verhindern.
Ridicule
Gast
Voll korrekt -
Henning le Scherf, der dufte alte Abgreifer,
der nie was war, für was konnte,
will doch immer gern
generationenübergreifend wohnen;
und - auf Staatskosten;
paßt schon;
jebt's ihm!
Thomas Elias
Vielleicht kommt ja jemand auf die Idee ihn dafür anzuklagen, Bremen für die nächsten 10 Generationen in die Schuldenfalle getrieben und damit die Perspektiven von unglaublich vielen BremerInnen vernichtet zu haben.
Aber so etwas dürfen Politiker und hohe Beamte wahrscheinlich ohne Folgen
oder
sie werden zur Strafe bei 75% Gehaltsbezug in den vorzeitigen Ruhestand geschickt
und
"strafverscherfend" mit Ehrennadeln gepiekt....
lowandorder
Gast
@Thomas Elias …muß es nicht gespickt heißen;-)))
low
Gast
@lowandorder oder gepiekst?
Lowandorder
Gast
nö - nördlich des Weißwurst…
ach Quatsch - in HB/HH/HlL - gepiekt!