Facebooks neuer Newsroom: Journalismus ist nicht ihr Job
Mit „News Tab“ macht Facebook nun Journalismus. Doch das ist nicht Job des Netzwerks. Stattdessen sollte es sich um Hatespeech kümmern.
J etzt ist es also offiziell: Facebook macht Meinung. Mit einem eigenen Bereich auf der Plattform, mit eigens angeheuerten bezahlten Journalist*innen. Noch in diesem Jahr soll „News Tab“ anlaufen. Mark Zuckerbergs Medien-Crew wird dann Nachrichten und Geschichten passgenau auswählen. Kuratieren, wie man so schön sagt.
Das Ganze ist Facebooks neuester Trick, sein angekratztes Image aufzupolieren. Schließlich wird dem weltgrößten sozialen Netzwerk seit Jahren vorgeworfen, Falschmeldungen zu verbreiten und so politische Einstellungen der Nutzer*innen bis hin zu ihrem Wahlverhalten entscheidend zu beeinflussen. Aktuellster Fall sind die Proteste in Hongkong. Die chinesische Regierung verbreitete offenbar über Facebook gezielt Lügen über die Demonstrant*innen – und der Tech-Konzern tat nichts dagegen.
Doch der neue Medien-Bereich entlarvt, was Facebook will. Damit das Geschäftsmodell aufgeht, will das US-Unternehmen Verlage mit hohen Summen locken, ihre Inhalte auf „News Tab“ zu veröffentlichen. Dass es bereits Kooperationen mit Medienhäusern gibt, ist kein Geheimnis. Auch Verlage haben ein Interesse daran, dass ihre Recherchen und Kommentare auf einer Plattform mit Millionenpublikum laufen. Und dagegen, journalistisch sauber aufgearbeiteten Nachrichten zu verbreiten, ist nichts einzuwenden.
Die Informationsgesellschaft braucht höhere Qualitätsstandards, differenziert recherchierte Geschichten, die Missstände aufdecken, den Finger in die Wunde legen. Doch das ist kein Job für Facebook.
Der US-Konzern ist der Digi-Club von Millionen Individualisten, die ihre Meinung zu Urlaub, Liebe, Familie – oder Politik kundtun. Aber die Plattform ist eben kein Berichterstattungsorgan, das Nachrichten nach journalistischen Standards aufbereitet und verbreitet. Statt so zu tun, sollte der Konzern dafür sorgen, dass menschenfeindliche Äußerungen nicht länger ungefiltert auf der Plattform landen. Hier werden dringend noch eine paar fähige Menschen gebraucht. Algorithmen allein schaffen diesen Job nicht.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israel, Nan Goldin und die Linke
Politische Spiritualität?
Matheleistungen an Grundschulen
Ein Viertel kann nicht richtig rechnen
Innenminister zur Migrationspolitik
Härter, immer härter
Nikotinbeutel Snus
Wie ein Pflaster – aber mit Style
Prozess gegen Letzte Generation
Wie die Hoffnung auf Klimaschutz stirbt
Börsen-Rekordhoch
Der DAX ist nicht alles