FRAKTIONSZWANG: Der 280.000-Euro-Mann

Ohne Uwe Woltemath wäre die FDP keine Fraktion mehr - eine politische wie wirtschaftliche Katastrophe. Gerüchte, er schmeiße hin, dementiert ihr Ex-Chef nicht.

Saßen schon einträchtig beisammen: Matthias Güldner (Grüne), Björn Tschöpe (SPD) und Uwe Woltemath (FDP), damals alle Fraktionschefs. Bild: Klaus Wolschner

Das Klima innerhalb der FDP-Fraktion ist nicht das beste, das ist kein Geheimnis. Fünf Mann, und mindestens einer davon hat die Schnauze gestrichen voll: Uwe Woltemath. Noch dieses Jahr, so tuschelt es auf den Parlamentsfluren, könnte der einstige Chef der Liberalen-Fraktion sein Parteibuch abgeben. Gerade deshalb werden seine Kollegen in den nächsten Monaten besonders lieb zu ihm sein. Denn an Woltemath hängt viel. Vor allem viel Geld.

Fraktionen der Bürgerschaft werden mit öffentlichen Mitteln unterstützt, damit sie politisch arbeiten können: für FraktionsmitarbeiterInnen, Büroräume, Sachkosten. Im Falle der FDP-Fraktion waren das vergangenes Jahr insgesamt 500.000 Euro - über 40.000 Euro pro Monat. Plus das Gehalt für eine FraktionsgeschäftsführerIn. Damit diese Mittel auch in den verbleibenden sieben Monaten bis zur Wahl noch fließen, bedarf es nur eines: Die FDP muss Fraktionsstärke behalten. Fünf Abgeordnete sind dafür das Minimum.

Woltemaths Wert für die Fraktion, vom politischen einmal abgesehen, liegt demzufolge, in schnödem Mammon ausgedrückt, bei rund 280.000 Euro. Und das ist noch nicht alles. Auch die angesparten Rücklagen in Höhe von 290.000 Euro nämlich, welche die Fraktion Ende 2009 auswies, hängen am Fraktionsstatus. Geht der flöten, fällt das Geld, sofern es nicht für Abfindungen von FraktionsmitarbeiterInnen und Ähnliches benötigt wird, zurück an den Staat.

Abgeordnete, die ihrer Fraktion den Rücken kehrten, gab es in dieser Legislaturperiode einige. Alle wechselten sie zur SPD: Den Anfang machte im Sommer der Ex-Grüne Klaus Möhle. Erst vor wenigen Tagen folgten Iris Spieß (CDU) und Sirvan Cakici (Linke). Es sei "nicht ehrenrührig", die Partei zu wechseln, unterstrich Woltemath gestern. Was seine eigenen Absichten angeht, hielt er, der im Sommer den Fraktionsvorsitz entnervt an seinen Kollegen Oliver Möllenstädt abgegeben hatte, sich indes betont bedeckt. Von einem Liebäugeln mit den Grünen munkelt der Bremer Anzeiger, andere tippen auf die SPD, den frisch gebackenen Verein "Selbstständiges Land Bremen" oder eine ganz eigene Liste. Bewerbungsschluss für die Wahl ist am 29. März.

Hat Woltemath, der unter vier Augen gegenüber vielen keinen Hehl aus seiner Unzufriedenheit macht, schon überlegt, der FDP den Rücken zu kehren? "Ich kommentiere das nicht", sagt er. Dementieren will er nicht. Er habe vor Monaten öffentlich kundgetan, dass er "zu keiner anderen Partei" gehen werde, stellt er heraus. Wiederholen will er auch dies heute nicht mehr.

Möllenstädt verwies gestern auf eine mehrere Monate alte Zusage Woltemaths vor dem Parteiausschuss, "bis zum Ende der Legislaturperiode" innenpolitischer Sprecher der Fraktion bleiben zu wollen. Über den bei einem Austritt drohenden finanziellen Engpass nachzudenken gebe es daher "keinerlei Anlass".

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