FC Bayern in der Champions League: Neymar schießt Ancelotti ab
Bayern München unterlag in der Champions League mit 0:3 beim Auswärtsspiel gegen Paris Saint-Germain. Trainer Carlo Ancelotti muss gehen.
Hummels sah es wohl wie Arjen Robben, der ebenfalls fast 70 Minuten lang von der Bank aus hatte zuschauen müssen, wie die erste echte Standortbestimmung der Saison gründlich missraten war. „Ich werde zur Aufstellung nichts sagen. Da ist jedes Wort eines zu viel“, befand der Niederländer, als es um die erstaunliche Formation von Trainer Carlo Ancelotti ging, die der rasanten Angriffswucht von Paris Saint-Germain (PSG) im vermutlich schon entscheidenden Spiel um den Gruppensieg nicht gewachsen war.
PSG hatte seine Ansprüche, als Titelkandidat für den Titel der Champions League wahrgenommen zu werden, durch die Tore von Dani Alves (2.), Edinson Cavani (31.) und Neymar (63.) untermauert und dabei sogar einen höheren Sieg vergeben. Die Münchner dagegen wirkten trotz ihrer zumeist höheren Spielanteile hilflos. Ob die Mannschaft hinter den Ideen des Trainers stehe, wurde Robben noch gefragt. „Das werde ich nicht beantworten“, sagte der 33-Jährige. Hummels’ angestammter Innenverteidigerkollege Jérôme Boateng hatte sich gar auf der Tribüne wiedergefunden, für ihn war nicht einmal Platz im Kader gewesen.
Stattdessen bildeten Niklas Süle und Javier Martínez den Innenblock der Verteidigung, weiter vorne verzichtete Ancelotti auf die Flügelspieler. Zur zweiten Halbzeit brachte er Sebastian Rudy und Kingsley Coman, Robben und Ribéry sahen weiter zu. Es hat schon viele überraschende Aufstellungen gegeben, auch beim FC Bayern. Aber was sich Ancelotti da ausgedacht hatte, dürfte in der Hitliste der verblüffenden Formationen einen Spitzenplatz einnehmen.
Es fügte sich ins Bild, dass Thomas Müller diesmal von Beginn an spielen durfte. Und ebenso, dass auch bei ihm vor allem jene Worte etwas über das Binnenklima beim FC Bayern verrieten, die er vermied. „Der Trainer trifft die Entscheidungen und stellt seine Pläne vor. Und die Mannschaft versucht, das dann bestmöglich umzusetzen“, sagte Müller. Das klang schon äußerst distanziert, zumal auch Müller wie alle anderen darauf verzichtete, Unterstützung für die Entscheidungen des Trainers zu signalisieren.
„Ich weiß, dass ich dafür kritisiert werde, aber das ist kein Problem“, ließ Ancelotti derweil verlauten. Stoisch nimmt der 58 Jahre alte Italiener das Rumoren in Mannschaft und Verein hin, und ihn scheint es auch nicht zu bekümmern, dass er wider alle internen Hierarchien handelt. Bisher galt es als unvorstellbar, dass die Münchner in den großen Spielen freiwillig auf Robben, Ribéry, Hummels und Boateng verzichten. Ancelotti aber tat es, getragen auch von der grundsätzlich nachvollziehbaren Idee, das Zentrum zu verdichten. Doch es folgte eine umfassende Havarie, und Ancelotti dürfte wissen, dass er sich dadurch noch angreifbarer gemacht hat als ohnehin. „Ich bedaure nichts“, sagte er später.
Auf der nächtlichen Bankettrede waren es auch die von Karl-Heinz Rummenigge unausgesprochenen Worte, die für den meisten Nachhall sorgten. „Eine ganz bittere Niederlage“, bilanzierte der Vorstandsvorsitzende, „über die es zu sprechen gilt, die es zu analysieren gilt und aus der wir auch in Klartextform Konsequenzen ziehen müssen.“ Welche Konsequenzen er dabei andachte, ließ er zu jenem Zeitpunkt offen.
Am Donnerstagnachmittag hat sich der FC Bayern München dann übereinstimmenden Medienberichten zufolge von Ancelotti getrennt. Wie unter anderem der TV-Sender Sky Sport News und die Sport Bild am Donnerstag meldeten, zog der Verein damit die Konsequenzen. Den Medienberichten zufolge soll der bisherige Co-Trainer Willy Sagnol das Team vorübergehend übernehmen. Eine offizielle Reaktion des Vereins gab es zunächst nicht.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Anbrechender Wahlkampf
Eine Extraportion demokratischer Optimismus, bitte!
Russische Männer auf TikTok
Bloß nicht zum Vorbild nehmen
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei