Extremismusdebatte spaltet Koalition: Skepsis gegen Gesinnungs-Check
Der Aufruf von Anti-Rechts-Initiativen gegen die Extremismusklausel zeigt erste Erfolge: Die FDP geht auf Distanz zur Familienministerin Kristina Schröder.
BERLIN taz | Der umstrittene Kurs von Familienministerin Kristina Schröder (CDU) in der Extremismusbekämpfung stößt nun auch beim Koalitionspartner FDP auf Skepsis. "Ich habe großes Vertrauen in die Träger, die sich schon seit Jahren im Kampf gegen Rechtsextremismus engagieren", sagte der in der FDP-Bundestagsfraktion für das Thema zuständige Innenpolitiker Stefan Ruppert der taz. "Deshalb vertraue ich darauf, dass auch ihre Partner keine Verfassungsfeinde sind."
Ruppert kritisiert damit indirekt eine Erklärung, die das Bundesfamilienministerium seit Anfang des Jahres von Trägern verlangt, die Fördergelder für ihren Einsatz gegen Extremismus bekommen wollen. Per Unterschrift müssen sie sich nicht nur zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung bekennen, sondern sich auch verpflichten, Projektpartner auf deren Treue zum Grundgesetz zu überprüfen. Die maßgebliche Orientierung sollen dabei die Verfassungsschutzbehörden liefern.
"Wer Extremisten bekämpfen will, darf selber keine Extremist sein. Das ist eine Selbstverständlichkeit", sagte FDP-Innenexperte Ruppert der taz. "Aber man sollte aufpassen, dass man die Bundesprogramme mit einem solchen Bekenntnis nicht überbürokratisiert. Es muss für die Träger praktikabel gestaltet werden und darf nicht zu einer Kultur des Misstrauens führen."
Vergangene Woche hatten mehrere Anti-Rechts-Initiativen zu einem Aktionstag gegen die "Extremismusklausel" aufgerufen und das Familienministerium mit Faxen, E-Mails und Briefen überschütten lassen. Sie lehnen weniger das von ihnen verlangte Bekenntnis zum Grundgesetz ab, sondern vor allem den zweiten Teil der Erklärung: Partner auf Verfassungstreue überprüfen zu müssen, empfinden sie als "gegenseitigen Bespitzelungszwang". Nach Angaben der Initiatoren haben sich mehr als 1.500 Organisationen und Einzelpersonen an dem Protesttag beteiligt, darunter renommierte Vereine wie "Gesicht Zeigen", die Aktion Sühnezeichen, die Opferberatung Brandenburg und die Bundesarbeitsgemeinschaft Kirche und Rechtsextremismus.
SPD, Grüne und Linkspartei lehnen die neue Regelung ab. Berlin hat als erstes Land vor wenigen Tagen angekündigt, juristisch gegen die Klausel vorgehen zu wollen. Kurz darauf hat Sachsen-Anhalts Innenminister Holger Hövelmann (SPD) die Bundesregierung ebenfalls aufgefordert, die Klausel fallen zu lassen.
Der renommierte Berliner Staatsrechtler Ulrich Battis hatte in einem Gutachten die Extremismusklausel als teilweise verfassungswidrig eingeschätzt. So hält er die Pflicht zur Überwachung der Partner für unangemessen. Sie fördere eine "Kultur des Misstrauens", angesichts ständiger Angriffe von Neonazis müsse aber vielmehr das Vertrauen innerhalb der Zivilgesellschaft gestärkt werden.
Die Bundesregierung hält bisher unbeirrt an der Extremismuserklärung fest. Wer Geld aus den im Familienministerium angesiedelten Bundesprogrammen "Toleranz Fördern" und "Demokratie stärken" haben will, muss unterschreiben. Dasselbe soll auch für das im Bundesinnenministerium angesiedelte Programm "Zusammenhalt durch Teilhabe" gelten, wie aus einer Antwort der Regierung hervorgeht.
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