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Extreme Hitze in Indien und PakistanGelebte Klimakrise

Südasien ächzt unter einer Hitzewelle. Laut Studie hat der Klimawandel das Extremwetter viel wahrscheinlicher gemacht.

Dauernd über 40 Grad: Hitze auf einer Baustelle in Neu-Dehli Foto: Gurinder Osan/ap

DELHI/BERLIN taz | Sarabjit Singh hat ein Problem und er teilt es mit Millionen von Mitbürger:innen. Die Weizenernte sei eingebrochen, das Wetter werde immer unberechenbarer, klagt der indische Landwirt und Dozent für Agrarwissenschaften am Khalsa College im nordindischen Amritsar. Er leidet unter der Hitzewelle, die weite Teile Indiens und Pakistans seit März heimsucht. Dauernd ist es über 40 Grad heiß – der Horror, wenn man auf dem Feld arbeitet und auf die Ernte angewiesen ist.

Schon fast 100 Tote sind gemeldet worden, eine hohe Dunkelziffer ist wahrscheinlich

Es ist ein außergewöhnliches Wetterereignis. Es ist viel zu früh im Jahr für solche Temperaturen in der Region und sie halten untypisch lange an. Was naheliegt, hat eine Studie der internationalen Forschungsinitiative World Weather Attribution jetzt nachgewiesen: Das ist die Klimakrise. Zwar spielen beim Wetter immer viele – auch natürliche – Faktoren zusammen, das ist auch bei dieser Hitzewelle nicht anders, aber der Klimawandel hat sie 30-mal wahrscheinlicher gemacht.

„Wir wissen, dass das häufiger wird, da die Temperaturen steigen, darauf müssen wir uxns besser vorbereiten“, sagt der Klimaforscher Krishna AchutaRao vom Indian Institute of Technology Delhi, der an der Studie mitgearbeitet hat.

Was sich heute in Indien und Pakistan abspielt, ist der Studie zufolge ein Jahrhundertereignis. Das heißt zwar, dass es auch bei den jetzigen 1,1 Grad Erderhitzung noch relativ selten ist – aber gegenüber früher ist es eine massive Zunahme. Vor der Industrialisierung wäre eine solche Hitzewelle der neuen Studie zufolge noch nicht einmal ein Jahrtausendereignis gewesen. Man hätte sie nur alle 3.300 Jahre erwartet.

Mit fortschreitendem Klimawandel wird es noch öfter

Zu solchen Ergebnissen gelangen Klimaforscher:innen, in dem sie das betreffende Wetter­ereignis ganz genau untersuchen und verschiedene Klimamodelle mit seinen Eigenschaften füttern. Dann wird ermittelt, wie wahrscheinlich es war, dass genau dieses Wetterereignis auftritt.

Dasselbe wird danach noch mal gemacht, diesmal wird aber in den Modellen an der Treib­haus­gas-­Konzentration in der Atmosphäre gedreht. Die For­sche­r:in­nen berechnen also, wie wahrscheinlich das Wetter ohne die CO2-Emissionen der Menschheit seit der Industrialisierung gewesen wäre. Der Unterschied lässt sich dem Klimawandel zuordnen.

Immerhin ist die Hitzewelle trocken, auch weil es noch so früh im Jahr ist. Rückt der Monsun näher, wird es feuchter. Für die Landwirtschaft ist zwar auch die Trockenheit ein Problem, die Kombination aus Hitze und Luftfeuchtigkeit ist aber gesundheitlich besonders gefährlich. Auch so aber sind schon fast 100 Tote gemeldet worden, eine hohe Dunkelziffer ist wahrscheinlich.

„In Ländern, zu denen solche Daten vorliegen, sind Hitzewellen die tödlichsten Extremwetterereignisse“, sagt die Klimaforscherin Friederike Otto vom Londoner Imperial College, die World Weather Attribution mitgegründet hat. Gleichzeitig sei das die Art von Wetterextrem, die auf einer sich erhitzenden Erde zunehme. Sie warnt: „Solange der Ausstoß von Treib­haus­gasen weitergeht, werden solche Ereignisse ein zunehmend typisches Desaster.“

Die Wis­sen­schaft­le­r:in­nen haben auch eine Prognose gewagt: Erhitzt sich die Erde um 2 Grad gegenüber vorindustriellem Niveau, droht so ein Ereignis alle fünf Jahre aufzutreten. Die Folgen treffen zwar vor allem die lokale Bevölkerung, wirken sich aber auch global aus. Aktuell hat Indiens Regierung beispielsweise einen Exportstopp für Weizen verhängt, was das durch den Krieg in der Ukraine dürftige Angebot auf dem Weltmarkt weiter verringert und die Preise explodieren lässt.

Auch Landwirt Singh macht sich Sorgen um die Zukunft. Es bleibe deshalb nicht viel anderes übrig, als auf hitzeresistentere Getreidesorten zu wechseln und die Anbauzeiten anzupassen, sagt der Agrarfachmann Singh. Außerdem sei immer mehr Bewässerung nötig. Und zwischen Wetterdienst und Land­wir­t:in­nen braucht es in Zukunft eine sehr kurze Leitung.

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