Expräsident der Elfenbeinküste: Gbagbo auf der Heimreise

In Den Haag freigesprochen, kehrt der ivorische Expräsident nun in die Heimat zurück. In Abidjan geht die Polizei gegen seine Fans vor.

Ehemaliger Präsident der Elfenbeinküste Laurent Gbagbo trägt Schal und grüßt mit seiner Hand

Laurent Gbagbo, hier vor dem Gebäude des Internationalen Strafgerichtshofs 2020 Foto: Jerry Lampen/ap

BERLIN taz | Ein historischer Tag für die Elfenbeinküste – aber wieso genau, war am Nachmittag noch nicht abzusehen. Laurent Gbagbo, der ehemalige Präsident und einst größter Widersacher des heutigen Präsidenten Alassane Ouattara, ist nach fast zehn Jahren Haft und Exil aus Belgien in seine Heimat zurückgeflogen. Es könnte ein Schritt nach vorn zur Versöhnung werden – oder ein Rückschritt in alte Zeiten des Krieges.

Der Sozialist Gbagbo regierte die Elfenbeinküste von 2000 bis 2010 als gewählter Präsident in einer Zeit des Bürgerkrieges. Neuwahlen Ende 2010 verlor er gegen Oppositionsführer Alassane Ouattara. Gbagbo erkannte das nicht an und blieb mit Gewalt an der Macht. Erst im April 2011 stürzte ihn eine von Frankreich militärisch unterstützte Rebellenoffensive. Ouattara wurde Präsident, Gbagbo wurde mit seiner Ehefrau in einem Bunker festgenommen und später an den Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag ausgeliefert.

Doch der Prozess in Den Haag endete mit einem Triumph für Gbagbo. 2019 sprachen ihn die Richter vom Vorwurf frei, für Verbrechen seiner Kämpfer verantwortlich gewesen zu sein. Er wurde aus der Untersuchungshaft nach Belgien entlassen. Nach der Bestätigung des Freispruches in der Berufung im März 2021 stand seiner Heimkehr nichts mehr im Wege. Die ivorische Regierung stellte ihm einen Diplomatenpass aus und besprach mit ihm eine friedliche Rückkehr.

Lust auf einen neuen Krieg haben weder der 79jährige Ouattara, der sich erst vergangenes Jahr hat wiederwählen lassen, noch der 76jährige Gbagbo. Der hat sich in Belgien von seiner in der Elfenbeinküste angeklagten, verurteilten und begnadigten Ehefrau Simone getrennt, zugunsten der jüngeren Zweitfrau Nady Bamba – für einen friedlichen Ruhestand, wie es in seiner Entourage heißt.

Sie feiern ihn wie den Messias

Doch Gbagbos Fans zuhause ist nicht nach Ruhestand zumute. Sie feiern Gbagbos Wiederkehr wie die Auferstehung des Messias. Als am Donnerstag mittag sein Linienflug in Brüssel mit 51 Minuten Verspätung Richtung Abidjan abhob, war das am Zielort schon sichtbar. Die Polizei in Abidjan riegelte den Flughafen weiträumig ab und setzte Tränengas und Schlagstöcke gegen Gbagbo-Anhänger ein, die zum Flughafen marschieren wollten. „Der Präsident kommt“, war auf ihren Plakaten zu lesen.

Die Rede war von über 1.000 Bussen voller weiterer Unterstützer, die nach Abidjan unterwegs seien, um Gbagbo zuzujubeln. Am Nachmittag wurde einem Bericht zufolge ein Bus bei der Durchfahrt durch das Stadtviertel Adjamé, eine Ouattara-Hochburg, angehalten und angegriffen; es soll mindestens einen Toten geben.

Geplant war, dass Gbagbo nach seiner für den frühen Abend erwarteten Landung und einem Empfang durch die Behörden und seine engen Freunde im VIP-Bereich des Flughafens quer durch die Millionenstadt Abidjan zu seiner alten Wahlkampfzentrale von 2010 fährt, um eine Rede zu halten. Das könnte für Chaos sorgen.

Die alte gegen die neue Frau

Es gibt aber auch Anzeichen einer weniger konfrontativen Rückkehr. Laurent Gbagbo hat seine Exfrau Simone Gbagbo, die als radikale Scharfmacherin gilt, vom Empfang am Flughafen ausgeladen. Seine neue Frau, die mit ihm im Flugzeug sitzt, ist muslimisch, wie Präsident Ouattara, während Simone Gbagbo christlich-fundamentalistischen Heilspredigern nahesteht.

Am Ende könnte sich Gbagbo mit Ouattara versöhnen und mit seinen alten Mitstreitern entzweien – oder umgekehrt. Vor dem Abflug sagte seine Anwältin Habiba Touré: „Er ist zufrieden und enthusiastisch, und er will seine Rolle spielen, um zu versuchen, die Ivorer zu versöhnen. Er hat das Bedürfnis, zu seinem Volk zu sprechen“.

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