Explosion im Libanon: Beirut wird „Katastrophen-Stadt“
Die durch die Detonation entstandenen Schäden betreffen laut Gouverneur die halbe Stadt. Bis zu 300.000 Menschen könnten obdachlos geworden sein.
Fast die halbe Stadt sei von Schäden betroffen, bis zu 300.000 BewohnerInnen Beiruts könnten obdachlos geworden sein, so Abboud gegenüber der Nachrichtenagentur AFP. Die Höhe der Schäden schätzte er auf insgesamt 3 bis 5 Milliarden Dollar.
Nach Regierungsangaben wurde die Detonation ausgelöst durch 2.750 Tonnen Ammoniumnitrat, die im Hafen lagerten. Zunächst brannte eine Lagerhalle ab, es kam zu kleineren Explosionen und schließlich zu einer großen Detonation. Auf Videos von Anwohnenden ist zu sehen, wie sich eine riesige orangefarbene Pilzwolke am Himmel über der Stadt ausbreitete.
In den Häusern war ein Beben der Erde spürbar. Das Deutsche Geoforschungszentrum verglich es mit einem Erdbeben der Stärke 3,5. Laut Medienberichten war die große Detonation selbst im rund 200 Kilometer entfernten Zypern zu hören und zu spüren. Ausgelöst wurde sie offenbar von einem Feuer. Durch eine starke Druckwelle zersprangen Glasscheiben, Türen fielen aus den Angeln, Balkone stürzten ab und Wände brachen ein. Betroffen sind vor allem die inneren Stadtbezirke.
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Viele Menschen wurden durch zersprungene Scheiben oder fliegenden Schutt verletzt. Einige versteckten sich unter Tischen, rannten auf die Straße oder halfen blutüberströmten Nachbar*innen mit Motorrädern ins Krankenhaus. Hunderte Familien verließen ihre schwer beschädigten Häuser und verbrachten die Nacht bei Bekannten. Über soziale Medien verbreiteten sich Hilfsangebote für Notunterkünfte. Noch in der Nacht suchten Hilfskräfte nach Toten unter den Trümmern im Hafengebiet.
Für Beirut wurde ein zwei Wochen langer Notstand verhängt. Der Oberste Verteidigungsrat des Landes erklärte die Stadt zur „Katastrophenzone“. Die Krankenhäuser seien mit den vielen Verletzten komplett überlastet, sagte Gesundheitsminister Hamad Hassan. Patient*innen wurden auf den Straßen behandelt oder in Krankenhäuser außerhalb der Stadt gebracht. Unversehrte Menschen kamen in die Krankenhäuser, um Blut zu spenden.
Hilfe aus dem Ausland
Der Libanon steckt derzeit ohnehin in einer Krise. Nicht nur verzeichnet das Land alarmierend steigende Coronazahlen, auch steckt es in einer schweren Wirtschaftskrise. Die lokale Währung hat 80 Prozent ihres Wertes verloren, Tausende wurden arbeitslos. Die Zahl der in Armut lebenden Menschen ist gestiegen, viele können sich Lebensmittel aufgrund der Inflation nicht mehr leisten. Die jüngsten Ereignisse dürften die Krise noch verschärfen. Die Kosten der Folgen der Explosion werden auf Hunderte Millionen US-Dollar geschätzt.
Explosionen in Beirut
Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte dem Libanon Unterstützung zu. Weitere Hilfszusagen kamen aus Frankreich, den Golfstaaten und Israel. Israel und der Libanon befinden sich offiziell im Krieg. Spekulationen, dass Israel die Explosion verursacht haben könnte, räumte der israelische Außenminister Gabi Aschkenasi noch am Dienstag aus.
Die libanesische Regierung trifft sich am Mittwochmorgen zur Krisensitzung. Laut Ministerpräsident Hassan Diab sei das detonierte Ammoniumnitrat seit sechs Jahren ohne Vorsichtsmaßnahmen in einem Lagerhaus deponiert gewesen. Ammoniumnitrat dient der Herstellung von Sprengsätzen, dem Raketenantrieb oder als Düngemittel. Es kann bei höheren Temperaturen detonieren.
Nach Angaben der Deutschen Presseagentur könnte der Stoff von einem Frachtschiff stammen, dem libanesische Behörden laut Berichten im Jahr 2013 wegen verschiedener Mängel die Weiterfahrt untersagt hatten. Das Schiff war demnach von Georgien aus ins südafrikanische Mosambik unterwegs. Der Crew wurde nach einem juristischen Streit die Ausreise genehmigt, das Schiff aber blieb zurück mit der gefährlichen Ladung in einem Lagerhaus.
Ammoniumnitrat befand sich auch in dem Gefahrgutlager der chinesischen Hafenstadt Tianjin, wo 2015 nach einer Serie von Explosionen 173 Menschen getötet wurden. In Deutschland fällt die Handhabung von Ammoniumnitrat unter das Sprengstoffgesetz.
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