Experten-Kommission zu Elite-Unis: Wer viel hat, soll noch mehr kriegen
Welche deutschen Hochschulen sollen ab 2018 gefördert werden? Die Imboden-Kommission empfiehlt, die aktuellen Spitzen-Unis zu belohnen.
![Zwei Männer und zwei Frauen sitzen an einem Glastisch, ihre Köpfe spiegeln sich in der Tischplatte Zwei Männer und zwei Frauen sitzen an einem Glastisch, ihre Köpfe spiegeln sich in der Tischplatte](https://taz.de/picture/965187/14/15202630.jpeg)
In der aktuellen Förderperiode (2012–2017) erhalten 45 Graduiertenschulen, 43 Exzellenzcluster sowie 11 Zukunftskonzepte von sogenannten Elite-Unis insgesamt 4,6 Milliarden Euro. Spätestens im Juni wollen Bund und Länder wissen, wofür sie das Geld ausgeben. Folgen sie der Empfehlung der Kommission, würden die besonders absahnen, die ohnehin oft die meisten Drittmittel einwerben.
Die nach einem Ranking besten zehn Hochschulen würden dann – und das wäre die große Neuerung nach den ersten beiden Förderrunden – nicht mehr für einen eingereichten Antrag prämiert, sondern für bereits geleistete Arbeit. „Habt den Mut“, appellierte Imboden, „eure zehn besten Universitäten mit einem Bonus auszustatten“.
Ob alle Hochschulen, Länder und Parteien dieser Neuerung zustimmen werden, ist fraglich. Denn nach Meinung der Kommission kämen für die neue Prämie nur die bereits ausgezeichneten elf Elite-Unis und eine Handvoll Mitbewerber infrage. Wer bisher nicht exzellent war, daran ließ Imboden keinen Zweifel, hat auf die „past merit“-Förderung keine Chance.
Ob Imbodens Vision einer fixen Jahresprämie umgesetzt werden könnte, ließ Bildungsministerin Johanna Wanka (CDU) offen. Sie bezeichnete die Vorschläge zwar als „wichtigen Hinweis“ für die anstehenden Gespräche, ließ aber nicht erkennen, ob sie den Vorschlag gutheißt. Spätestens im April muss sich die Ministerin positionieren. Dann will die Gemeinsame Wissenschaftskonferenz, in der Bund und Länder vertreten sind, Details zur dritten Förderrunde präsentieren.
Zweifel in der SPD
Skeptisch zeigte sich Wankas Koalitionspartner: „Ich bin mir nicht sicher, ob das Prämienmodell das richtige ist“, sagte Oliver Kaczmarek, stellvertretender bildungspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion, der taz. „Wir wollen kein Modell, das Fördergeld nur auf einige wenige Etablierte verteilt.“ Zuspruch erhielt der Vorschlag dagegen von der Opposition: Der hochschulpolitische Sprecher der Grünen, Kai Gehring, bezeichnete den Prämienvorschlag als „klug und weiterführend“, weil er die Zahl der Elite-Unis nicht auf noch weniger Standorte verringere. Jedoch forderte er, die Empfehlungen öffentlich und parlamentarisch „ergebnisorientiert“ zu diskutieren.“
Für transparent hält Andreas Keller von der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) den Prozess nicht. Er kritisiert, dass die Milliardeninvestitionen in jedem Falle weitergeführt würden. Trotz bekannter negativer Effekte: „Die Projektfinanzierung der Exzellenzinitiative verstärkt die prekären Arbeitsbedingungen an den Universitäten.“ Durch die steigenden Drittmitteleinnahmen seien aktuell neun von zehn wissenschaftliche MitarbeiterInnen befristet angestellt.
Eine Kritik, die auch von den Betroffenen selbst kommt. „Befristete Förderlaufzeiten sind ein grundsätzliches Problem“, sagte Vertretungsprofessorin Gabi Schlag von der Uni Bremen. „Projektbezogene Gelder führen zu Kurzzeitverträgen.“ Für die Kommission sind das offenbar nachrangige Probleme: Die Wirksamkeit der Exzellenzinitiative dürfe man nicht durch die Vermischung mit anderen Zielen schwächen, heißt es dort.
Zumindest kommt die Kommission den WissenschaftlerInnen entgegen: Die Laufzeit der bewilligten Exzellenzprojekte erhöht sich auf sieben bis acht Jahre. Und: Die aktuellen Fördergelder sollen bis 2019 weiterlaufen. Genügend Zeit, die Förderanträge rechtzeitig zu stellen.
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