ExoMars-Mission des Esa: Auf der Suche nach Leben
Um die Erforschung des Roten Planeten ist längst ein internationaler Wettbewerb entbrannt. Und Europa holt mit der ExoMars-Mission auf.
Längst ist der Wettbewerb eröffnet: In den USA und China, das am Mittwoch zwei Taikonauten in sein Raumlabor „Tiangong 2“ schickte, tüfteln Wissenschaftler an Mars-Missionen. Technikpioniere wie US-Unternehmer Elon Musk wollen Menschen dorthin schicken – wie im Film „Der Marsianer“. Auch US-Präsident Barack Obama gibt ehrgeizige Ziele vor: „Bis 2035 sollen Astronauten auf dem Mars landen.“
Für Europa und seinen deutschen Raumfahrtchef Jan Wörner ist Phase Eins von ExoMars der Schlussakkord eines bemerkenswerten Jahres. Nach der spektakulären Erkundung des Kometen „Tschurjumow-Gerassimenko“ soll die Expedition die Grundlage sein für die Mars-Erforschung mit einem Fahrzeug. „Schiaparelli“ und der zugehörige Satellit „Trace Gas Orbiter“ (TGO) sind nämlich nur die Vorhut: „2020 wollen wir mit unserem russischen Partner Roskosmos einen Rover zum Mars schicken“, sagt Wörner.
Das Ziel ist klar: Die Esa mit Sitz in Paris will sich als seriöser Partner zeigen. „Mit einem erfolgreichen ExoMars-Programm dürfte Europa die Tür für weitere internationale Projekte offenstehen“, sagt der Chef der russischen Raumfahrtbehörde Roskosmos, Igor Komarow.
Ungewöhnliche Zusammenarbeit mit Russland
In ExoMars investiert die Esa 1,3 Milliarden Euro, eine weitere Milliarde kommt Schätzungen zufolge von Roskosmos. Die ungewöhnliche Zusammenarbeit zwischen Europa und Russland war entstanden, weil sich die USA 2012 aus finanziellen Gründen zurückgezogen hatten. Allen politischen Spannungen zum Trotz, fand die Esa mit Moskau einen neuen Partner, um Europas erste erfolgreiche Mars-Landung anzugehen.
Auf dem Mars landen: Was so schlicht klingt, ist ein schwieriges Unterfangen. Dutzende Sonden haben in den vergangenen 50 Jahren eine solche Landung versucht. Manche flogen vorbei, andere zerschellten auf der Oberfläche. Erfolgreich waren nur acht US-Module und ein sowjetisches Messgerät, das aber schnell den Betrieb einstellte.
Europa versuchte es 2003 mit „Beagle 2“, doch die Sonde sendete nie Daten zur Erde. Die Faszination für den rötlich schimmernden Planeten ist bei Laien und Experten dennoch ungebrochen. „Aber bis Raumfahrer den Sonden folgen, wird noch viel Zeit vergehen. Eine bemannte Mission ist teuer und gefährlich“, sagt der russische Wissenschaftler Igor Mitrofanow.
Eine „Landung“ auf dem Mars
Doch ExoMars lässt die Vision näher rücken. Denn der Satellit „Trace Gas Orbiter“ soll in den kommenden Jahren in der dünnen Gashülle des Mars nach Stoffen suchen, die von einfachen Lebensformen stammen könnten. Von besonderem Interesse ist Methan, das auf der Erde keinen guten Ruf hat, weil es als Treibhausgas den Klimawandel forciert. Auf der Erde wird das Spurengas auch von Bakterien freigesetzt. Könnte es sein, dass es auf dem Mars Mikroorganismen gibt?
„ExoMars ist ein weiterer Versuch, eine der schwierigsten Fragen zu lösen, die auch viele Raumsonden nicht beantworten konnten: Gab oder gibt es Leben auf dem Mars, der vermutlich vor rund vier Milliarden Jahren mit Wasser bedeckt war?“, sagt Oleg Orlow vom Moskauer Institut für biomedizinische Probleme. Gerätselt wird darüber spätestens seit der Beobachtung von Giovanni Schiaparelli, der dem 600 Kilogramm schweren ExoMars-Landemodul seinen Namen leiht.
Spekulationen über Lebewesen
Der italienische Astronom entdeckte um 1877 per Teleskop dunkle Linien auf der Mars und bezeichnete sie als „canali“ (Kanäle). Auf der Erde führte dies zu Spekulationen über mögliche Lebewesen dort. Wasser und Leben stehen im Zentrum der Marsforschung, seit Experten den Nachbarplaneten als roten Punkt am Himmel sehen können.
Auch bei der zweiten Phase von ExoMars dreht sich alles darum. Der Rover, der 2020 zum Mars fliegen soll, bekommt einen Bohrer, mit dem er in tiefe Schichten des Gesteins eindringen und in Proben nach biologischen Molekülen suchen soll. Bei Esa und Roskosmos laufen die Vorbereitungen bereits, doch die Arbeit ist kompliziert.
Denn anders als bei „Schiaparelli“, das unter Esa-Leitung entwickelt wurde, ist der Bau des Landemoduls für den Rover ein echtes Gemeinschaftswerk. „Jedes Mal, wenn Russland auch nur eine Schraube auf dem Raumschiff ändert, müssen wir prüfen, ob wir bei unserem Beitrag etwas anpassen müssen. Und umgekehrt“, sagt Esa-Experte Jorge Vago. „Das macht die Herausforderung größer.“ Das Wichtigste sei aber zunächst eine erfolgreiche Landung von „Schiaparelli“, betont er.
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