Ex-Terrorist Battisti wird ausgewiesen: Ein beliebter Mörder
Politisch Verfolgter oder mörderischer Terrorist? Diese Kontroverse begleitet Cesare Battisti seit Jahrzehnten. Nun wird er aus Brasilien abgeschoben.
Cesare Battisti soll aus Brasilien ausgewiesen werden. Eine Bundesrichterin entschied, dass der italienische Altterrorist das Land verlassen muss, weil er sich vor Jahren die Einreise mit gefälschten Papieren verschafft habe. Battisti wähnte sich seit 2011 in Sicherheit – seit der Entscheidung des damaligen Präsidenten Lula, seine Auslieferung an Italien zu verweigern. Politisch Verfolgter oder schlicht ein mörderischer Terrorist? Diese Kontroverse begleitet Battisti nunmehr seit Jahrzehnten.
Battisti, 1954 in einer Kleinstadt südlich von Rom geboren, hat schon mit 20 Jahren diverse Raubüberfälle auf dem Kerbholz. Im Gefängnis dann politisiert er sich, schließt sich einer kleinen linksterroristischen Formation namens „Bewaffnete Proletarier für den Kommunismus“ an, will mit einer Handvoll Kumpanen den Roten Brigaden nacheifern, die in den 70er Jahren eine Blutspur quer durch Italien zogen.
Zwischen Juni 1978 und Juli 1979 bringt es die Miniformation auf Dutzende Raubüberfälle und vier Morde; zwei Polizisten, ein Juwelier, ein Metzger fallen ihr zum Opfer. Doch schon im Jahr 1979 wird Battisti verhaftet, später wegen der Morde zu zweimal „lebenslänglich“ verurteilt. Battisti aber gelingt es, aus der Haft zu entweichen, er flieht über Frankreich nach Mexiko, kehrt 1990 dann wieder nach Paris zurück – und beginnt ein neues Leben als gefeierter Schriftsteller, Fach Noir.
Wie so viele italienische Exterroristen genießt er den Schutz der „Mitterrand-Doktrin“, die deren Auslieferung verhindert. Doch 2004 ist Schluss: Ein Pariser Gericht ordnet seine Überstellung nach Italien an. Vor allem linke Intellektuelle – unter ihnen Gabriel García Márquez – solidarisieren sich mit ihm, der erklärt, er sei lediglich aufgrund der Aussagen dubioser Kronzeugen verurteilt worden und an keinem der Morde beteiligt gewesen.
Pariser Freunde – vorneweg die Schriftstellerin Fred Vargas – verhelfen ihm schließlich zur Flucht nach Brasilien, wo er zunächst mit falschen Papieren einreist und untertaucht. Doch 2007 wird Battisti enttarnt und verhaftet; eine jahrelange politische und juristische Schlacht um die Auslieferung schließt sich an. Jetzt stellt Brasiliens Justiz erneut Battistis Bleiberecht infrage; nicht nach Italien ausliefern will sie ihn diesmal allerdings, sondern ihn nur aus Brasilien ausweisen. Seine Anwälte wollen gegen das Urteil Berufung einlegen.
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