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Ex-DDR-SpaßbadFreizeit als Politikum

Die Ausstellung Swim in der Galerie im Turm in Berlin widmet sich dem abrissbedrohten Sport- und Erholungszentrum (SEZ) aus DDR-Zeiten.

Das SEZ ist mittlerweile geschlossen. Eine Ausstellung erweckt es wieder zum Leben Foto: Soeren Stache/dpa

Berlin taz | Wer die Räume der Galerie im Turm am Frankfurter Tor 1 betritt, könnte den Eindruck haben, dort würde Werbung für ein Fitnessstudio gemacht. Auf der Leinwand sieht man Personen bei unterschiedlichen Turnübungen und über Kopfhörer ist das Lob einer Fitnesstrainerin zu hören. Auf einer weiteren Leinwand sieht man Menschen im Becken eines Hallenbads ihre Runden drehen.

Die Ausstellung Swim stellt das Sport- und Erholungszentrum (SEZ) in den Fokus, das knapp einen Kilometer von der Galerie in Friedrichshain entfernt ist. Die beiden Ausstellungsmacherinnen Kristin Wenzel und Helena Doppelbauer bezeichnen das ehemaligen Spaßbad aus DDR-Zeiten, das abgerissen werden soll, als „Sehnsuchtsort mit allen Widersprüchen, Versprechen und Möglichkeiten solcher Orte“.

„Es sind Räume der Erholung und der Zwanglosigkeit, die in einem anspruchsvollen und hektischen Alltag Gefühle von Freiheit und Rückzug ermöglichen sollen“, erklärt Kristin Wenzel. Wenzel rückte bereits 2020 ein leerstehendes Schwimmbad in ihrer Heimatstadt Gotha in den Mittelpunkt ihrer künstlerischen Arbeit „The Near and the Elsewhere“.

Auch das SEZ steht heute leer, nachdem es unter dem ehemaligen Finanzsenator Thilo Sarrazin (parteilos, zuvor SPD) vor mehr als 20 Jahren für einen symbolischen Euro privatisiert und über Jahre dem Verfall preisgegeben worden war. Nachdem der Leipziger „Investor“ das Gelände Ende vergangenen Jahres an den Senat zurückgeben musste, sollen auf dem Gelände 500 Wohnungen und eine Schule gebaut werden. Dagegen wendet sich die Initiative „Gemeingut in Bürger*innenhand, die die Kampagne „Rettet das SEZ“ gestartet hat.

Einige der Ak­ti­vis­t*in­nen waren auch bei der Ausstellung anwesend. Denn in den Galerieräumen können die Be­su­che­r*in­nen bisher Unbekanntes von der Geschichte des SEZ erfahren. So war die schnelle Fertigstellung im Jahr 1981 auch durch eine Kooperation mit der BRD möglich. Ein zentraler Teil der Ausstellung ist ein SEZ-Archiv. Filmmitschnitte aus dem Archiv des Deutschen Rundfunkarchivs sind dort ebenso zu sehen wie Kopien der Entwurfszeichnungen des SEZ-Architekten Günter Reiß.

Auch eine Leuchtreklame des Zentrums ist Teil des Archivs, das Be­su­che­r*in­nen mit eigenen Beiträgen vervollständigen können. „Während heute das SEZ als Ruine verschlossen ist, sehen wir in der Galerie das SEZ als Ort des Schwimmens, Skaten, Eislaufens. Einen solchen Ort brauchen wir wieder – dringender als je“, sagt eine Besucherin. Für sie ist die Ausstellung eine Inspiration für den Kampf gegen den Abriss des SEZ.

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