Evangelische Kirche und Afghanistan: Armee braucht klaren Friedensauftrag
Auslandseinsätze der Bundeswehr brauchen ein eindeutiges Mandat, fordert die evangelische Kirche. Sie müssen mit humanitären Zielen verknüpft werden.
BERLIN taz | Kein Frieden in Afghanistan. So lässt sich zusammenfassen, wie die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) den Bundeswehr-Einsatz am Hindukusch wertet. Ein Jahr vor dem Abzug der internationalen Truppen aus dem asiatischen Land kritisiert der EKD-Ratsvorsitzende Nikolaus Schneider, wie Deutschland mit dem Afghanistan-Mandat umgegangen ist.
Der deutsche Einsatz in Afghanistan habe „weitgehend darunter gelitten, dass das politische Rahmenkonzept fehlte“, sagte Schneider am Montag bei der Vorstellung eines Papiers zur evangelischen Friedensethik.
Künftig müssten die Abgeordneten „stärker in die Friedenspflicht“ eingebunden und politische Mandate stärker mit humanitären Zielen verknüpft werden. Das träfe auch auf aktuelle Einsätze zu, beispielsweise im afrikanischen Mali. Den Einsatz in Syrien könne er jedoch nicht befürworten, sagte Schneider. Dort müsse man erst zu einem Waffenstillstand kommen.
Hans-Jürgen Papier, Vorsitzender der EKD-Kammer für öffentliche Verantwortung und Mitautor der EKD-Schrift „Selig sind die Friedfertigen“, rügte zudem „das Fehlen einer Exit-Strategie“. Experten warnen seit Langem davor, dass sich die Lage in Afghanistan nach dem Abzug westlicher Truppen erheblich verschlechtern werde. Ebenso kritisierte der frühere Präsident des Bundesverfassungsgerichts, dass „Kollateralschäden nicht achselzuckend hinnehmbar“ seien. Allein 2011 gab es nach UN-Angaben über 3.000 zivile Opfer. Wikileaks spricht von rund 24.000 Toten in der Zeit von 2004 bis 2009.
„Nichts ist gut in Afghanistan“
Mit ihrer aktuellen Stellungnahme weicht die EKD nur minimal von früheren Positionen ab. „Nach einem Besuch in Afghanistan sprechen wir nicht mehr von einem ’gerechten Krieg‘, sondern von einem ’gerechten Frieden‘“, sagte Schneider. Damit nahm er Bezug auf den Satz der ehemaligen EKD-Ratsvorsitzenden Margot Käßmann.
Vor vier Jahren hatte die Friedensaktivistin in ihrer Neujahrspredigt in der Dresdner Frauenkirche den Bundeswehr-Einsatz mit dem Satz kritisiert „Nichts ist gut in Afghanistan“: Waffen schafften „offensichtlich auch keinen Frieden“. Darauf erntete sie vor allem aus der Politik und vom Bundeswehrverband heftige Kritik. Schneider hatte sich damals vom Käßmann-Satz nicht distanziert, ihn aber „differenziert“.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Grünen-Abgeordneter über seinen Rückzug
„Jede Lockerheit ist verloren, und das ist ein Problem“
Historiker Traverso über den 7. Oktober
„Ich bin von Deutschland sehr enttäuscht“
Elon Musk greift Wikipedia an
Zu viel der Fakten
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Das Weihnachten danach
Die Wahrheit
Glückliches Jahr