Evangelikale im Blick: Downhill spiral
Der Podcast „Toxic Church – Die Hillsong-Story“ gibt erstmals Einblicke in die Freikirche Hillsong Germany. Es geht um Machtmissbrauch, Gier und Sex.
Ein Podcast, der von „Machtmissbrauch, Gier und Sex“ zu erzählen verspricht, hat spätestens bei „Sex“ die Aufmerksamkeit potenzieller Hörer*innen sicher. Dass es dabei um eine evangelikale Freikirche geht, macht die Sache erst richtig interessant.
„Toxic Church – Die Hillsong-Story“ durchleuchtet das Phänomen Hillsong, eine in Australien gegründete Pfingstkirche, die in den 2010er Jahren zu einer global agierenden „Megachurch“ anwuchs.
In acht Folgen untersucht Host Kyra Funk die Erfolgsformel der Freikirche. Produziert wurde der Podcast von Stereotype Media, deren Klima-Podcast „1,5 Grad“ mit Luisa Neubauer beim Deutschen Podcast Preis 2021 als „Bester Newcomer“ ausgezeichnet wurde.
Anlass der Recherche waren Vorwürfe und Skandale, mit denen sich Hillsong in Australien und den USA seit 2020 öffentlich konfrontiert sieht: Vertuschung von sexueller Gewalt, Doppelsexualmoral, fragwürdiger Umgang mit Spendengeldern, Manipulation von Mitgliedern. „Toxic Church“ widmet sich den deutschen Gemeinden, und hier liegt seine Stärke. Erstmals erhält die deutschsprachige Öffentlichkeit einen Blick in die stark inwärts gerichtete Kirche, indem zahlreiche (Ex-)Mitglieder und weitere Insider zu Wort kommen.
Relevanz der Recherche
Obwohl „Toxic Church“ kritisch auf Hillsong Germany blickt, bleibt es ausgewogen: Auch positive Eindrücke werden wiedergegeben und individuelle Erfahrungen. Dass Hillsong Germany mehrere Anfragen der Redaktion unbeantwortet ließ, bekräftigt die Relevanz der Recherche.
„Toxic Church – Die Hillsong-Story“, Podcastanbieter Podimo
Zeitweise wirkt die Dramaturgie überambitioniert, die Produzent*innen überfordert mit den vielen Quellen. Etwa als zwei Religionswissenschaftler zum Sektenbegriff befragt werden und dann ein Insider ohne Überleitung von der Selbstinszenierung der Konstanzer Gemeinde berichtet. Der spannende Stoff und die wichtige Thematik machen den teils holprigen Aufbau wett.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste