Evakuierung aus Ost-Aleppo: Blockade scheint vorbei zu sein
Tausende Menschen warten in Ost-Aleppo. Nun konnten einige die Stadt mit Bussen verlassen. Der Sicherheitsrat der UN will Beobachtungsmission entsenden.

Die türkische Regierung ließ verlauten, rund 4500 Menschen seien bislang am Montag aus dem Osten Aleppos gebracht worden. Außenminister Mevlüt Cavusoglu teilte am Montag auf Twitter mit, dass bisher insgesamt 12 000 Personen aus der nordsyrischen Stadt in Gebiete unter Oppositionskontrolle gekommen seien.
Der UN-Sicherheitsrat hat indes die Entsendung einer Beobachtermission ins syrische Aleppo beschlossen. Das Gremium votierte am Montag einstimmig für eine entsprechende Resolution. Die Beobachter sollen die Evakuierungsaktionen aus dem bislang von Rebellen gehaltenen Ostteil der Stadt überwachen und über die Lage der noch verbliebenen Bewohner berichten.
In den Rebellenvierteln Ost-Aleppos warten tausende Menschen bei Minusgraden auf ihre Evakuierung in sichere Gebiete. Die Aktion geriet in den vergangenen Tagen immer wieder ins Stocken, erst am späten Sonntagnachmittag hatten Aktivisten eine Aussetzung der Evakuierung bis auf Weiteres verkündet.
Die 350 Bewohner, die dann trotzdem aus Aleppo herausgebracht wurden, seien in einem „schrecklichen Zustand“, sagte Ahmad al-Dbis, der Chef einer Gruppe Mediziner und Freiwilliger, die die Evakuierungen in einem Rebellengebiet westlich von Aleppo koordiniert. „Sie haben nichts gegessen, sie haben nichts getrunken, die Kinder sind erkältet, sie konnten nicht auf die Toilette gehen.“
Nach Angaben der Beobachtungsstelle hatten sich auch Russland und die Türkei für die Abreise der 350 Menschen aus Aleppo stark gemacht: Beide Länder hätten bei der syrischen Regierung darauf gedrängt, den Buskonvoi durch die Kontrollpunkte an der Straße durchfahren zu lassen. Die oppositionsnahe Beobachtungsstelle verfügt über ein Netz aus Informanten in Syrien, von unabhängiger Seite sind ihre Angaben kaum zu überprüfen.
Nach Angaben von Aktivisten waren bereits rund 8500 Menschen aus den zerstörten Stadtvierteln gebracht worden, darunter 3000 Kämpfer. Am Freitag brach die syrische Armee die Evakuierungen jedoch ab. Seither gab es Verhandlungen, auch um zugleich die Menschen aus zwei schiitischen Dörfern zu evakuieren, die von Rebellen belagert sind. Die Vereinten Nationen schätzen, dass sich noch rund 30.000 Menschen im Osten Aleppos aufhalten.
Brennende Busse
Als am Sonntag mehrere Busse für die Evakuierungen aus diesen beiden Orten Fua und Kafraja vermutlich von islamistischen Rebellen in Brand gesteckt wurden, wurden die geplanten Evakuierungen nach Angaben der Beobachtungsstelle zunächst ausgesetzt.
Der UN-Sicherheitsrat in New York will nach Angaben von Diplomaten am Montag voraussichtlich über eine gemeinsame Resolution zur Entsendung von Beobachtern nach Aleppo abstimmen. Der Einigung gingen vierstündige Verhandlungen voraus, nachdem Russland zunächst mit einem Veto gegen die von Frankreich eingebrachte Vorlage gedroht hatte.
Der Kompromiss sieht vor, dass die UNO in Abstimmung mit der syrischen Regierung und den Rebellen „das Wohlergehen der Zivilisten“ in Aleppo beobachtet. Der Text ruft alle Konfliktparteien auf, humanitärer Hilfe einen „vollständigen, unmittelbaren, bedingungslosen, sicheren und ungehinderten Zugang“ nach Aleppo zu ermöglichen.
Evakuierungen dürften nur freiwillig erfolgen, die Evakuierten dürften ihr Ziel selbst bestimmen, heißt es weiter. Zurückgebliebene Bewohner müssten geschützt werden.
US-Botschafterin Samantha Power erwartete für Montag eine einstimmige Verabschiedung im Sicherheitsrat. „Im Entwurf verblieben sind all die Kernklauseln, um der UNO die Beobachtung zu ermöglichen und um mindestens hundert UN-Mitarbeiter abzustellen“, sagte Power.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!