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Europas Rechte und die AfDKrah spaltet die Rechten der EU

Christian Jakob
Kommentar von Christian Jakob

Uneins reagieren die rechtsextremen Parteien Europas auf die Causa Krah. Für die Liaison von Meloni und Co. mit den Bürgerlichen ist die Affäre Gold.

AfD-Spitzenkandidat Maximilian Krah Foto: Sven Simon/imago

E rmittlungen, Auftrittsverbot, Rücktritt aus dem Parteivorstand – schlimmer hätte es für Maximilian Krah, den AfD-Spitzenkandidaten für die EU-Wahl, kaum kommen können. Dann beendete auch noch das französische Rassemblement National (RN) unter anderem wegen Krah die Zusammenarbeit mit der AfD – eine für diese zweifellos echte PR-Katastrophe.

Im rechtsextremen Lager jedoch mehrten sich die Stimmen, die nicht Krah als Problem sahen, sondern vielmehr die „Melonisierung“ unter den europäischen Rechtsparteien. Diese würden sich – wie Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni – dem bürgerlichen Lager anbiedern, damit die gemeinsame Sache der „patriotischen Opposition“ verraten und dafür Krah fallen lassen, so der Tenor.

Eva Vlaardingerbroek etwa, reichweitenstarke rechtsextreme Politik-Influencerin aus den Niederlanden, schrieb am Donnerstag, Krah habe „nichts falsch gemacht“, ganz im Gegensatz zu seinen Kritikern Marine Le Pen und Matteo Salvini. „Das ist alles so dumm, und das ist der Grund, warum wir nie gewinnen.“ Da wusste Vlaardingerbroek noch gar nicht, dass nicht nur Krah, sondern gleich die gesamte AfD aus der ID-Fraktion im Europäischen Parlament rausgeflogen war – auf Antrag von Matteo Salvinis Lega und mit den Stimmen des Rassemblement National.

Auch deutsche Rechtsextreme sahen in Le Pen, Salvini, Meloni und der in der Causa Krah angeblich umgefallenen AfD-Parteiführung nur einen Haufen Opportunisten. Diskreditierungsversuche folgten prompt: „Wie schwul ist die Le-Pen-Partei?“, fragte etwa ein deutscher Rechtsextremer, verbreitete eine Statistik, laut der „bis zu 25 der 89 RN-Abgeordneten vom anderen Ufer“ sein sollen und insinuierte, dass Le Pen lesbisch sei.

Auf Du und Du mit CDU und CSU

Frank Franz, Vorsitzender der NPD-Nachfolgepartei „Die Heimat“, sah die AfD-Führung wegen ihrer Kritik an Krah „melonisiert“ und somit „in einer Front mit dem antideutschen System und gegen die Lebens­inte­ressen unserer Nation“. Tatsächlich wendet sich vor allem Meloni, die sich als große europäische Führungsfigur sieht, schon länger der konservativen Volks­partei EVP zu, die bei den EU-Wahlen am besten abschneiden wird.

Der EVP-Parteivorsitzende Manfred Weber (CSU) macht der Postfaschistin seinerseits seit Monaten politische Avancen. Und diese Woche erklärte der CDUler Jens Spahn, „die Brandmauer in Europa verläuft rechts von Meloni“, denn die sei „proeuro­päisch, pro Nato, pro Rechtsstaat und pro Ukraine“. Dabei zeigt sich in Italien zuletzt immer deutlicher, welche antidemokratischen Reformen Meloni auf den Weg bringt.

Zahlreiche Linke glauben nicht an eine bürgerliche Wandlung von Le Pen, Meloni und Salvini. Le Pen hatte die AfD nach den Correctiv-Berichten über die „Remigrations“-Konferenz Ende vergangenen Jahres in Potsdam scharf kritisiert. Das, so die Kritik, sei nur ein taktischer Zug der von der RN-Parteiführung unter Marine Le Pen verstärkten Politik einer Entdämonisierung, die auf Anschlussfähigkeit für bürgerliche Milieus zielt.

Wenn die Wahlen erst einmal gewonnen seien, würden die Rechten ihre Differenzen nur allzu schnell wieder hinter sich lassen und die EU nach ihren gemeinsamen Vorstellungen umzubauen versuchen, so die verbreitete Überzeugung. Tatsächlich aber sind auch die politischen Differenzen innerhalb des rechtsextremen Lagers in der EU erheblich.

Kein Konsens über Putin

Der wichtigste Streitpunkt ist Russland. Die FPÖ, die AfD, die Fidesz, die Lega und lange auch Le Pen unterhalten entweder enge Verbindungen mit Russland oder zumindest einen sonnigen Blick auf Putin und wollen möglichst wenig amerikanischen Einfluss in Europa. Andere, wie Meloni oder Rechts­ex­tre­me aus Skandinavien und dem Baltikum, stehen strikt auf der Seite der Ukraine.

Die zuletzt immer wieder sichtbar gewordenen offenen NS-Bezüge bei der AfD etwa stoßen Nationalisten aus Ländern, in denen Wehrmacht und SS wüteten, ab. Unvereinbar sind auch Vorstellungen zur Umverteilung innerhalb der EU. Die FPÖ und die AfD etwa wollen die Subventionierung ärmerer EU-Staaten so weit wie möglich eindämmen. Die AfD will die EU gar auflösen. Für die Fidesz oder die italienische Rechtskoalition sind die Milliarden aus Brüssel indes unverzichtbar.

Dass diese Differenzen zumindest partiell überwunden werden könnten, etwa zugunsten konsensfähigerer Themen, wie Migra­tions­politik, Muslime, LGBTIQ, Klimaschutz, EU-Renationalisierung oder auch Medienfreiheit, sobald reale Machtoptionen auf dem Tisch liegen, ist nicht unwahrscheinlich. Fürs Erste aber bleiben viele der Gräben zwischen Europas Nationalisten tief.

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Christian Jakob
Reportage & Recherche
Seit 2006 bei der taz, zuerst bei der taz Nord in Bremen, seit 2014 im Ressort Reportage und Recherche. Im Ch. Links Verlag erschien von ihm im September 2023 "Endzeit. Die neue Angst vor dem Untergang und der Kampf um unsere Zukunft". 2022 und 2019 gab er den Atlas der Migration der Rosa-Luxemburg-Stiftung mit heraus. Zuvor schrieb er "Die Bleibenden", eine Geschichte der Flüchtlingsbewegung, "Diktatoren als Türsteher" (mit Simone Schlindwein) und "Angriff auf Europa" (mit M. Gürgen, P. Hecht. S. am Orde und N. Horaczek); alle erschienen im Ch. Links Verlag. Seit 2018 ist er Autor des Atlas der Zivilgesellschaft von Brot für die Welt. 2020/'21 war er als Stipendiat am Max Planck Institut für Völkerrecht in Heidelberg. Auf Bluesky: chrjkb.bsky.social
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2 Kommentare

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  • Wer Krah´s Ergüsse auf TicToc anschaut, kann erkennen was für ein Scharlatan dieser Typ ist, wer ihn auf die EU-Kandidatenliste gehieft hat ist unfähig eine Partei zu führen.

  • Der Beginn der Selbstzerfleischung



    Herrlich wie die Rechten aufeinander losgehen. Das erinnert an die Republikaner in den 90er Jahren, sie kam auch steil nach oben, stürzte aber genau so steil wieder ab. Möge die AfDummheit und alle extremen Parteien doch bitte diesem Muster folgen. Auch eine Russlandpartei wie Bündnis Sahra Selbstverliebt brauchen wir nicht.