Europäisches Sozialforum in Malmö: Alles ein paar Nummern kleiner
Ende nächster Woche treffen sich Europas Globalisierungskritiker in Malmö. Doch bisher haben sich nur wenige Teilnehmer angemeldet.
Im schwedischen Malmö sind noch Schlafplätze frei: Bisher haben sich nur etwas mehr als 4.000 Teilnehmer für das Europäische Sozialforum (ESF) angemeldet, das vom 18. bis 21. September stattfindet. Die Organisatoren hatten mit 20.000 Globalisierungskritikern gerechnet.
Dieses Ziel schien gar nicht unrealistisch: Schließlich waren 2006 zum Sozialforum in Athen auch etwa 15.000 Menschen angereist - obwohl Griechenland mindestens so abseits liegt wie Schweden. Allerdings, und das könnte sich nun als Nachteil erweisen, ist Malmö selbst mit Athen nicht zu vergleichen: Gerade einmal 260.000 Einwohner zählt die südschwedische Stadt. Zwar ist Kopenhagen nicht fern, aber auch die Gesamtregion kommt auf kaum mehr als zwei Millionen Menschen. Erfahrungsgemäß stammen aber etwa die Hälfte der Teilnehmer eines Sozialforums aus der näheren Umgebung.
Auf die Einheimischen hoffen jetzt auch die ESF-Organisatoren in Malmö: "Noch ist es zu früh, um enttäuscht über die Teilnehmerzahlen zu sein", sagt Pressesprecher Petter Larsson. Er erwartet, dass viele Schweden unangemeldet erscheinen - vielleicht auch erst zur Abschlussdemo. Dort rechnet er noch immer mit 20.000 Teilnehmern. "Das wäre eine der größten Kundgebungen in Schweden in den letzten Jahrzehnten."
Größer war nur die Demonstration in Göteborg 2001, die den Schweden allerdings in sehr unguter Erinnerung geblieben ist. Weit mehr als 20.000 Menschen gingen damals auf die Straße, um gegen einen EU-Gipfel zu protestieren. Es kam zu Straßenschlachten zwischen Demonstranten und Polizisten - ein sehr ungewohntes Bild für Schweden. Die Globalisierungskritiker waren diskreditiert und paralysiert: "Wir haben Jahre mit internen Debatten und Selbstkritik verbracht", sagt Larsson. Auch deshalb wollten die schwedischen Globalisierungskritiker das ESF nach Malmö holen - sie hoffen auf neue Impulse.
Die Sozialforen gibt es seit 2001, und sie verstehen sich als Gegenveranstaltung zu den Wirtschaftsgipfeln der Welthandelsorganisation, dem Davoser Weltwirtschaftsforum und den G-8- und EU-Gipfeln. Legendär ist noch immer das europäische Sozialforum in Florenz im November 2002: Damals wurde ein globaler Aktionstag gegen den Irakkrieg vereinbart, der dann weltweit rund 10 Millionen Menschen mobilisierte. Weitere Sozialforen in Paris, London und Athen folgten.
Dass nach diesen Metropolen jetzt das kleine Malmö an der Reihe ist, hat auch einen schlichten Grund: Im Rathaus regiert eine rot-grüne Koalition, die bereit war, die Globalisierungskritiker mit 3,1 Millionen schwedischen Kronen zu unterstützen, also mit etwa 327.000 Euro. Allerdings fließt dieses Geld weitgehend wieder zurück an die Stadt - als Raummiete.
Insgesamt gibt es etwa 250 Seminare und über 400 Kulturveranstaltungen. Ein Hauptthema ist der Klimawandel, denn das Treffen soll den UN-Gipfel in Kopenhagen 2009 vorbereiten. Ein zweiter Schwerpunkt ist die EU, schließlich sind im nächsten Jahr Europawahlen. Außerdem gilt es, den Nato-Geburtstag 2009 zu planen.
Aus Deutschland stellen Attac und die IG Metall die größten Gruppen. Diese Zusammensetzung passt ins Bild: Auch aus den anderen europäischen Ländern reisen viele Arbeitnehmervertreter an. Diese Entwicklung wird von den restlichen Globalisierungskritikern durchaus begrüßt. "Ich bin beeindruckt von dem starken Engagement der Gewerkschaften", sagt etwa Hugo Braun von Attac.
"Wir sind gut vertreten", findet auch Klaus Priegnitz von der IG Metall. Allerdings erscheint ihm die Zusammenarbeit mit den ehrenamtlichen Organisatoren in Malmö "manchmal mühsam". So sei es gelegentlich schwierig zu ermitteln, wer bei welchen Seminar wo auftreten soll. Dieses "Durcheinander" ist die straff organisierte IG Metall nicht gewohnt: "Nur Open Space funktioniert nicht."
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