Europäische Verteidigungspolitik: Rotes Tuch EU-Armee
Mit Rücksicht auf die Briten hat die EU Pläne für eine engere Zusammenarbeit in der Verteidigung lange zückgestellt. Nun soll das anders werden.
Dass die EU-Chefdiplomatin so genau erläuterte, worum es bei den aktuellen Planungen der EU nicht geht, hatte seinen Grund. Kurz vor dem Beginn des Treffens sorgte wieder einmal Großbritannien für Aufregung, indem es ankündigte, trotz des geplanten EU-Austritts an seinem Widerstand gegen eine starke europäische Verteidigungsunion festhalten zu wollen.
„Wir werden weiterhin gegen jede Idee einer EU-Armee oder eines EU-Armeehauptquartiers sein“, erläuterte Verteidigungsminister Michael Fallon und warnte vor einem „Untergraben“ der Nato. Das transatlantische Militärbündnis müsse der Grundpfeiler der europäischen Verteidigung bleiben.
Die Äußerungen des Briten sind brisant. Auch wenn es derzeit keinerlei konkrete Vorschläge für eine EU-Armee gibt, streben Länder wie Deutschland und Frankreich doch den Aufbau eines ständigen europäischen Hauptquartiers für militärische und zivile EU-Operationen an. Dieses könnte auch den Einsatz eines ebenfalls angedachten EU-Sanitätskommandos oder einer gemeinsamen Plattform für Militärlogistik erleichtern.
„Wenn man sich anschaut, wie viel Personal und Finanzen innerhalb der Verteidigung in Europa vorhanden sind in 28 Staaten, aber wie wenig wir untereinander koordiniert sind, so können wir deutlich besser werden“, kommentierte Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) am Dienstag bei den Beratungen in Bratislava.
Engere Zusammenarbeit
Für die EU bedeuten die Ankündigungen Großbritanniens, dass eine Vertiefung der Sicherheits- und Verteidigungsunion bis zum Brexit vermutlich nur über eine sogenannte „Ständige Strukturierte Zusammenarbeit“ (SSZ) möglich ist. Diese ermöglicht es einzelnen EU-Staaten, enger zusammenarbeiten. Ein solches Vorgehen könnte Großbritannien nur dann verhindern, wenn es andere EU-Staaten auf seine Seite bringt, da die SSZ mit einer Mehrheitsentscheidung beschlossen werden könnte.
Ob die britische Ablehnung der weitreichenden EU-Pläne wirklich in der Sorge um einen Bedeutungsverlust der Nato begründet ist, ist unterdessen unklar. Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg machte am Dienstag noch einmal klar, dass er neue EU-Projekte im Bereich der Verteidigung befürwortet, solange sie einen praktischen Zusatznutzen haben.
Von EU-Diplomaten hieß es, dass London möglicherweise vor allem einen eigenen Bedeutungsverlust verhindern wolle. Der geplante EU-Austritt werde das Vereinigte Königreich schließlich das Mitspracherecht in der europäischen Verteidigungspolitik kosten. Deswegen könne die britische Regierung daran interessiert sein, dass die Nato noch stärker auch zur Plattform für europäische Zusammenarbeit werde. Gegen die deutsch-französischen Vorschläge zur Vertiefung der Kooperation könne hingegen eigentlich niemand ernsthaft etwas haben – sie seien nur dann relevant, wenn sie doch zur Vorstufe für eine europäische Arme würden.
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