Europa und die Flüchtlingsfrage: Griechenland will kein Lager sein
Der Kontinent zerlegt sich: Nach dem Treffen der Westbalkan-Staaten kritisiert Deutschland „Alleingänge“ und Luxemburg warnt vor „Anarchie“.

Bis zum Gipfel am 7. März müsse die Zahl der Menschen, die über die Schengen-Außengrenze nach Griechenland kämen, deutlich reduziert und die Grenze besser geschützt werden, sagt de Maizière. Foto: dpa
BERLIN taz | Auf dem Treffen der EU-Innenminister am Donnerstag in Brüssel prallten die Fronten unversöhnlich aufeinander. Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn warnte vor „Anarchie“ in Europa und stellte resigniert fest: „Wir haben keine Linie mehr.“
Das ist noch freundlich ausgedrückt. Während Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) die Durchhalteparole ausgibt, bis zum nächsten EU-Gipfel mit der Türkei in zehn Tagen „alle Kraft“ auf den Schutz der EU-Außengrenzen zu legen und „nationale Alleingänge“ bis dahin zu unterlassen, hatte Österreich nur einen Tag zuvor bereits Fakten geschaffen. Auf seiner umstrittenen „Westbalkan-Konferenz“ hatte es sich mit neun weiteren Ländern auf stärkere Grenzkontrollen verständigt. Am gleichen Tag kündigte Ungarn an, sich sein striktes Nein zur Aufnahme von Flüchtlingskontingenten von seiner Bevölkerung per Referendum bestätigen lassen.
Der Affront richtet sich nicht nur gegen Merkel, die um eine gemeinsame europäische Lösung ringt, sondern auch gegen Griechenland, das mit den Flüchtlingen alleingelassen wird. Dessen Premier Alexis Tsipras reagierte prompt. Vor dem Parlament in Athen drohte er bereits am Mittwoch mit einer Blockade der EU. „Wir werden es nicht akzeptieren, dass sich unser Land in ein Lager für menschliche Seelen verwandelt“, sagte er den Abgeordneten.
Am Donnerstag legte der griechische Vize-Innenminister Ioannis Mouzalas in Brüssel nach: „Griechenland wird es nicht hinnehmen, Europas Libanon zu werden.“ Auf einseitige Maßnahmen anderer EU-Länder werde es ebenfalls mit einseitigen Maßnahmen reagieren. Kurz darauf wurde bekannt, dass Athen am Donnerstag seine Botschafterin aus Österreich zurückgerufen hat.
Am 7. März will die EU mit der Türkei gemeinsame Maßnahmen beschließen, um die Flüchtlingsfrage zu bewältigen. Bis dahin müsse die Zahl der Menschen, die über die Schengen-Außengrenze nach Griechenland kämen, allerdings deutlich reduziert und die Grenze besser geschützt werden, sagte de Maizière. Andernfalls bräuchte es „andere gemeinsame europäisch koordinierte Maßnahmen“. Auf die Frage, welche dies sein könnten, antwortete er nur: „Das sehen wir dann.“ Mit seiner Amtskollegin aus Österreich, Mikl-Leitner, sei er sich aber einig, dass die Zeit des „Durchwinkens“ ein Ende haben müsse.
Kanzleramtschef Peter Altmaier (CDU) bezeichnete den 7. März ebenfalls als „entscheidend“. Wenn es gelänge, die Zahl der Flüchtlinge zu reduzieren, werde es in der EU auch mehr Bereitschaft für eine gerechte Verteilung geben, gab er sich zuversichtlich. Wenn alle Länder einseitig ihre Grenzen dicht machten, bliebe Griechenland als letztes Glied in der Kette dagegen auf der Flüchtlingsfrage sitzen, sagte Altmaier am Donnerstag bei einer DIHK-Veranstaltung in Berlin. Auch Luxemburgs Migrationsminister Asselborn warnte davor, die griechisch-mazedonische Grenze dicht zu machen und Griechenland als „Blinddarm“ zu sehen.
De Maizière sagt, das „Durchwinken“ müsse ein Ende haben.
Bei der Sitzung der Innenminister in Brüssel standen auch die Pläne für einen neuen europäischen Grenz- und Küstenschutz auf dem Programm, der mehr Kompetenzen erhalten soll, als sie die Grenzschutzagentur Frontex jetzt schon besitzt. Umstritten ist, dass die neue Behörde notfalls auch gegen den Willen eines Mitgliedstaats eingreifen soll.
In der Nacht zu Donnerstag hatte die Nato Details des Einsatzes beschlossen, mit dem ihre Schiffe die Boote der Schleuser im Mittelmeer stoppen sollen. Die Niederlande, die derzeit die Ratssitzungen der EU leiten, drücken aufs Tempo und wollen die Gründung der neuen EU-Grenzschutzagentur bis Ende Juni abschließen, damit die Küstenwache schon im Sommer die Arbeit aufnehmen kann.
Leser*innenkommentare
Ansgar Reb
Die Tsipras-Regierung ist eben auch sehr fremdenfeindlich.
Ute Krakowski
Ich frage mich nur immer, was diese Leute sich vorstellen, wenn sie davon reden, "die Zahl der Flüchtlinge zu reduzieren".
Gaskammern?
Krähenauge
@Ute Krakowski Nein, die Leute haben die Vorstellung, dass einfach weniger Flüchtlinge sich auf bestimmte Wege machen. Die präzise Formulierung wäre "Zahl der Flüchtlinge die sich auf illegalen Wegen in die EU bewegen zu reduzieren", dafür gibt es dann tatsächlich harmlosere Möglichkeiten als Völkermord (ich weiß schwer vorstellbar).
Lowandorder
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Lowandorder
Ausgerechnet der ewig jugendbewegte Manés Sperber -
Der Schriftsteller des revolutionären Menschen des 20.Jahrhunderts - mit
Wie eine Träne im Ozean - hatte ein
Waffenstarrendes Europa empfohlen.
Wir aber starren in eine ekelig-asoziale
Fratze des Europäischen Projekts.
Rudolf Fissner
@Lowandorder Es ist der nationalstaatliche Egoismus der die Oberhand gewonnen hat, nicht das "Projekt Europa".
Lowandorder
@Rudolf Fissner Gut erkannt - das ist die Fratze!
Peter A. Weber
Ich kann die Griechen gut verstehen, wenn sie jetzt in die Offensive gehen und gegen die unsoziale und ungerechte EU-Politik sowie besonders die einiger unverschämter Mitgliedstaaten Stellung beziehen. Griechenland wurde von Deutschland, der EU und den von der EU-Politik gefütterten Banken in den Ruin (und natürlich von ihren eigenen unersättlichen Kapitaleignern, in den Ruin getrieben.
Nun sollen sie die Zeche für die Uneinigkeit und Unsolidarität der EU zahlen und als Auffanglager für Flüchtlinge dienen? Ich unterstütze in diesem Zusammenhang jegliche griechische Blockadepolitik gegen diese unsägliche EU. Diese hat ihren Namen längst verwirkt und hat es verdient, daß sie in die Annalen der Geschichte versenkt wird.
Ansgar Reb
Griechenlands Aufgabe ist seine Grenzen zu schützen. Das ist auch die Aufgabe anderer Staaten.
Ferner ist Asyl für Personen, die aus Griechenland kommen, verfassungswidrig in Deutschland. Das hat Merkel nur nicht gesagt.
nzuli sana
Es ist unmöglich wie das reichste Land nach dem Kaputtsparen Südeuropas auch noch gegenüber den Flüchtlingen die Politik diktiert.
Urmel
Würden Anarchisten den Ton in Europa angeben, hätten sie mit Sicherheit den Karren nicht so gegen die Wand gefahren, wie es die gesamte Politikerelite geschafft hat.
Tom Farmer
Unterhalb dieser Schublade die jetzt von AT und HU aufgezogen wird gibts eigentlich keine mehr. Aber die sicher finden noch weiter unter welche.
Eine enthemmte Entsolidarisierung im zivilisierten Europa.
Aus Verwunderung wird Angest wie das enden soll.
Lowandorder
Bodenlos - & FrozenThomas vornewech
Aber Altmaier hackendicht dahinter!
Grenzen dicht -
"Sollen wir das Geschäft der Schlepper betreiben?!"
Das wird in Neusprech - Brave New World
Rücksichtslos durchdekliniert!
Frontex auf Militärniveau - heißt -
Asozial Inhuman verlogen -
- EU-Grenzschutzagentur -
kurz - die Zeit der Scham -
Ist - vorbei!
An allem humanen Werten der Verrat -
Heißt endgültig - NATO-DRAHT!