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EurokolumneZweifeln ja, aber doch nicht so

Jens Berger
Kolumne
von Jens Berger

Wie lange halten die Opfer der Krise noch still? Die Euroländer brauchen eine neue Strategie, wenn der Euro bleiben soll.

Dämme fordern heißt nicht Hochwasser wünschen Bild: dpa

A uch gelernte Optimisten sind mittlerweile echt besorgt. Nicht trotz, sondern wegen der europaweit umgesetzten „Sparpolitik“ verschärft sich die Krise von Tag zu Tag. Immer mehr Menschen verlieren ihren Job. Immer mehr Menschen müssen Lohnkürzungen hinnehmen.

Längst hat die Krise auch die Realwirtschaft fest im Griff. Da die Steuereinnahmen sinken, stellen viele Staaten abermals neue Sparziele auf – die wiederum verpasst werden. Ohne eine politische Kehrtwende droht Euroland an seiner Krise zu ersticken. Ob und wie lange der Euro noch Bestand haben wird, ist also eine offene Frage.

Da ist es nur verantwortlich, sich Gedanken über Szenarien zu machen, wie man das drohende Ende der Gemeinschaftswährung gestalten kann. Das heißt allerdings nicht, Dampfplauderern wie der Alternative für Deutschland (AfD) auf den Leim gehen – so wie ihr jüngstes Mitglied, der Tübinger Ökonom Joachim Starbatty.

privat
Jens Berger

ist freier Journalist und politischer Blogger. Als Redakteur der „NachDenkSeiten“ und Herausgeber des Blogs „Spiegelfechter“ schreibt er zu sozial-, wirtschafts- und finanzpolitischen Themen. Im Westend Verlag veröffentlichte er das Buch „Stresstest Deutschland: Wie gut sind wir wirklich?“

Laut Frühjahrsprognose der EU-Kommission wird Deutschland neben Luxemburg 2013 das einzige Gründungsmitglied der EU sein, das ein – wenn auch mageres – Wirtschaftswachstum erzielen kann. Die Eurokrise ist also längst von der Peripherie ins Zentrum des Kontinents vorgerückt. Doch anstatt dem Siechtum entgegenzuwirken, hält die Bundesregierung an ihrem Kurs fest. Es würde derzeit kaum jemanden überraschen, wenn Wolfgang Schäuble im Bundestag den Satz „Den Monetarismus in seinem Lauf halten weder Ochs noch Esel auf“, nuscheln würde.

Die Opfer sind nicht zu schwach

Die Frage, wie lange die Duldungsstarre der Opfer noch anhält, ist folgerichtig. Ab wann handeln die Regierungen der unter dem Sparhammer leidenden Länder – und wählen als Ausweg aus dem Teufelskreis den Austritt aus der Eurozone? Ob dies bei einer Arbeitslosenquote von 30 oder 50 Prozent geschieht, kann niemand seriös beantworten. Es ist jedoch vermessen wie geschichtsvergessen zu glauben, dass die Opfer der Eurokrise zu schwach sind, um sich zu erheben, falls sie keine anderen Alternativen mehr sehen.

Also: Will die Eurozone langfristig an der Gemeinschaftswährung festhalten, müsste ein grundlegender Strategiewechsel stattfinden. Vor allem in Berlin: Weigert man sich hier weiter, seine Leistungsbilanzüberschüsse abzubauen, wird ein Schuldenschnitt zulasten Deutschlands nicht zu vermeiden sein. Selbst dann kann es ohne dauerhaften innereuropäischen Finanzausgleich kein Zurück zum Vorkrisensystem geben.

Es ist jedoch unwahrscheinlich, dass ein solcher Finanzausgleich, bei dem mit deutschen Steuergeldern die Leistungsbilanzüberschüsse der deutschen Exporteure ausgeglichen werden, überhaupt politisch umsetzbar ist. Wenn sich Deutschland nicht bewegt, hat der Euro keine Zukunft.

Wenn nach Abwägung aller Optionen ein Ende des Euros nicht unwahrscheinlich ist, muss man sich auch Gedanken darüber machen, wie man das Ende der Gemeinschaftswährung konstruktiv gestalten kann. Wenn der Euro scheitert, scheitert zwar nicht Europa – ein Ende der Gemeinschaftswährung wäre jedoch ein volkswirtschaftlicher und politischer Tsunami höchster Kategorie. Und es wäre nicht nur fahrlässig, sondern unverantwortlich, die Zukunft Europas fatalistisch dieser Urgewalt auszuliefern.

Die Diskussion über ein Ende des Euros ist jedoch nicht damit zu verwechseln, dass man sich einen Zusammenbruch wünschen würde. Im Gegenteil. Man muss auch über Dämme diskutieren können, ohne damit in den Verdacht zu kommen, man wünsche sich Hochwasser. Davor die Augen zu verschließen hieße auch, sich aus einer notwendigen konstruktiven Debatte zurückzuziehen – und Populisten wie der AfD das Spielfeld kampflos zu überlassen. Das kann aber keiner ernsthaft wollen.

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16 Kommentare

 / 
  • F
    Franzi

    Aha. Die AfD unterstützt jede in diesem Artikel gemacht Aussage und möchte nicht mehr und nicht weniger, als diejenigen Südstaaten austreten zu lassen, die es per Volksentscheid entschieden haben. Aber natürlich sind sie vollkommen zu verachten! Das ist doch schitzophren- die einzige Partei, die all das umsetzen will, was dieser Artikel fordert wird verdammt. Was habt ihr nur alle gegen die AfD? Glaubt ihr den ganzen Mist mit der Nazikeule, der Ein- Themen- Partei und der Stimme- verschenken- Strategie etwa? Und populistisch kommt von populus und bedeutet volksnah. Ja, das ist nun wirklich ein unerträglicher Gedanke: eine Partei, die großen Teilen des Volkes aus dem Herzen spricht! Oh Mann...

  • I
    Irmi

    26.05.2013 20:58 UHR

    von Boulezero:Der Euro ist ein Werkzeug, welches das Leben leichter macht - genau wie das Rad oder die Dampfmaschine. Wie man diese richtig verwendet, kann man lernen. Diese abzuschaffen, kann man nur ernsthaft fordern, wenn man nichts davon versteht oder es für Teufelszeug hält.

     

    Nicht AntiEuro ist ein Quatsch, sonder den Euro überhaupt eingeführt zu haben war der größte Fehler auch für uns Deutsche und wenn uns die Regierung diesen Euro noch so schön reden will, was hat er gebracht.

     

    Wenn Sie Boulezero keine Ahnung haben, dann lesen Sie doch bitte das Buch von Dirk Müller "Showdown", er versteht es die unglückliche und endlose Geschichte des Euro auf einfache Weise zu erklären.

  • A
    Altparteien

    Nach dem Rezept der Altparteien wird die Währungsunion nur mit gigantischen Transferzahlungen an den Süden überleben können. Wer will das schon?

  • H
    Hannes

    @ Boulezero:

     

    Linke Parteien oder Gewerkschaften haben aber zur zeit auf die Politik, die in Europa gemacht wird, keinerlei Einfluss. Das Instrument Euro könnte man richtig anwenden... aber man tut es nicht.

     

    Zur Zeit verelenden mit dem Euro Millionen Menschen, die Arbeitslosigkeit steigt, bis Menschen mitten in Europa hungern oder verhungern ist es nur noch eine Frage der Zeit. Wann ist es denn erlaubt, die Folgen dieser falschen Politik zur Kenntnis zu nehmen und zu handeln, notfalls auch durch ein Ende des "Experiments Euro"? Wieviele Menschen müssen für Ihre Ideologie des Euro-Erhalts um jeden Preis sterben?

  • B
    Boulezero

    Der Euro ist ein Werkzeug, welches das Leben leichter macht - genau wie das Rad oder die Dampfmaschine. Wie man diese richtig verwendet, kann man lernen. Diese abzuschaffen, kann man nur ernsthaft fordern, wenn man nichts davon versteht oder es für Teufelszeug hält. Die wirklichen Probleme sind die Wirtschafts-, Finanz- und Steuerpolitik, um nur einige zu nennen - da wird viel unsozialer Unfug getrieben. Ich hoffe, dass die Gewerkschaften und die linken Parteien und Organisationen nicht auf den Anti-Euro-Quatsch hereinfallen.

  • R
    Roderik

    Der Euro an sich ist nicht das Problem!

     

    Das Problem, ist die Politik, die im gemeinsamen Währungsraum gemacht wird. Die Idee, im Euro-Raum Volkswirtschaften gegeneinander konkurrieren zu lassen (z.B. über Steuern oder über Sozialabgaben - Hartz-IV etc.) ist verantwortlich für die Krise und das mutmassliche Scheitern der Währung.

    Für diese Politik steht aber auch die AfD - oder nicht?

    Die deutsche Politik setzt auf Export, drückt die Löhne, hält sich nicht an Inflationsziele und benutzt den Euro - den Griechen sei Dank - als trojanisches Währungspferd.

  • T
    tfunker

    Bernd Lucke gehört zu den Initiatoren des Hamburger Appell

     

    http://de.wikipedia.org/wiki/Hamburger_Appell

     

    welcher neoliberale Politik in Reinstform fordert, d.h. u. a.

    - Liberalisierung der Finanzmärkte

    - Steuersenkungen

    - Sozialausgaben minimieren

    - "marktkonforme Demokratie"

     

    Aber zwei Dinge muss man der AfD lassen.

    1. Der Name ist ein Volltreffer gegen Merkels "Alternativlosigkeit". Alternativen zur heutigen Ausgestaltung des Euro, die dem Gemeinwohl zuträglich sind gibt es viele.

    2. Alle bisher unternommenen Maßnahmen (ESM, Auteritätsprogramme) garantieren das Verschleppen der Krise auf ewig.

  • B
    Beteigeuze

    „und Populisten wie der AfD das Spielfeld kampflos zu überlassen. Das kann aber keiner ernsthaft wollen.“

     

    Doch:

    Ich.

  • K
    Kim

    @Michel_Berlin:

     

    Auf jeden Fall hat die AfD schon mal einige Punkte in ihrem Wahlprogramm, die ich nicht unterstützenswert finde. Schauen Sie doch mal auf der Homepage der Partei unter "Bildung" und "Integrationspolitik"

  • I
    Irmi

    Würde, wäre, müsste, was bringt das.

    Armut, Arbeitslosigkeit, Hunger, ist die Realität nicht nur in Spanien, Griechenland, Zypern usw.

    Die Europäische Union ist nicht so sehr das eigentliche Problem sondern der EURO.

     

    Ich weise auf das Buch von Dirk Müller hin Titel Shodown, er erklärt auf sehr verständliche Weise worum es geht und wohin uns der Euro geführt hat, warum man besser die Währung Euro nicht annehmen soll. Beweis sind die Länder, die alle schon ruiniert sind in kurzer Zeit, welche den Euro übernommen und damit auch den ganzen Spardruck derer die NOCH Oberwasser zu haben scheinen wollen.

  • ZJ
    Zoltan Jana

    Sehr geehrter Herr Berger,

    die Politik der Bundesregierung ist in diesem Europa sicher nicht immer hilfreich. Aber sollen deutsche Steuerzahler wirklich für die Griechen aufkommen, die einen Steuer-Lügner zum Regierungschef wählen oder für eine irische Regierung, die Apple erlaubt 30 Milliarden Dollar Gewinne ohne Steuererklärung auszuweisen?

    Wo sehen Sie denn den Reformbedarf in den Ländern, die nicht klar kommen?

    Zoltan Jana

  • M
    Maik

    Sehr geehrter Herr Berger,

    wie soll ein Abbau des Leistungsbilanzdefizits Deutschlands aussehen? Durch geringere Produktivität? Eine höhere Arbeitslosenquote und somit weniger Nachfrage nach ausländischen Produktionen?

     

    Warum machen Sie solche Vorschläge!?

     

    Grüße Maik

  • C
    curiosus_

    @Jens Berger

     

    „Das heißt allerdings nicht, Dampfplauderern wie der Alternative für Deutschland (AfD) auf den Leim gehen“:

     

    Wie wäre es mal mit sachlicher, argumentativer und rationaler Auseinandersetzung anstelle von Polemik? Davon ist in dem ganzen Artikel nicht zu finden.

     

    „– so wie ihr jüngstes Mitglied, der Tübinger Ökonom Joachim Starbatty.“:

     

    Kennen Sie die Eintrittsdaten der AfD – Mitglieder? Respekt! Oder woher wissen Sie sonst, dass Herr Starbatty das jüngste Mitglied ist? Sein Alter kann ja wohl kaum gemeint sein.

     

     

    „und Populisten wie der AfD das Spielfeld kampflos zu überlassen. Das kann aber keiner ernsthaft wollen.“:

     

    Was verstehen Sie unter Populismus? Oder sollte hier nur der Polemik-Bogen zum Anfang (s. oben) geschlossen werden? Motto: Irgend etwas wird hoffentlich hängen bleiben?

  • X
    XXX

    Und was -bitteschön- ist der Unterschied zum Standpunkt der AfD? Außer dass die schon etwas weiter sind und schon Szenarien parat haben, wie Europa möglichst sanft aus der Einheitswährung aussteigen kann.

    Und vielleicht dass die AfD die Bankenrettungen (genannt Euro-Rettung) möglichst bald stoppen will. Denn durch diese von der Politik und dem willfährigen Journalismus verschuldeten "Rettungen" wurde und wird ja leider immer nur die Fallhöhe vergrößert.

  • AG
    Axel Görke

    So, so, darüber reden und Gedanken machen darf man sich also. Aber nur in die Richtung, dass der Euro erhalten bleiben muss. Wer in die andere Richtung denkt, ist demnach ein "Dampfplauderer"; sagt einer, der keine feste Stelle hat über honorige Professoren, die sich beruflich akademisch mit genau diesem Thema in allen Details beschäftigen. Wenn ich wählen müsste, ob ich einem Blogger glaube oder einem Professor, der auf diesem Gebiet arbeitet, ist meine Haltung in weniger, als einer Nanosekunde klar. Die AfD sind keine Populisten. Populisten laufen ja einem populären Trend hinterher und versuchen, sich diesen zunutze zu machen. Nach all der linientreuen Berichterstattung in den letzten Monaten ist ja aber die überwältigende Mehrheit der Menschen angeblich für den Euro und gegen die Rückkehr zur DM. Die Menschen sind sogar für Steuererhöhungen. Populisten sind also alle diejenigen, die diesen Trend propagieren und versuchen mit pro Euro Pseudoargumenten und Angstmacherei wegen eines angeblichen "Armageddon" bei Rückkehr zur DM den Leuten ihre Stimmen und Stimmungen abzukaufen. Und nationalistisch sind all diejenigen, die stets und ständig nur davon reden, wieviel Deutschland vom Euro doch profitiere, wie gut Deutschland mit dem Euro dasteht; immer nur Deutschland. Dabei geht es doch gerade beim Euro um Europa. Aber Europa kümmert die Eurofanatikler überhaupt nicht; ganz nationalistisch wird von diesen nur auf Deutschland geschaut, das Leid der anderen, die am Euro zerbrechen, interessiert sie nicht.

    Und dennoch: Die Grundthese, dass man sich Gedanken über einen "Plan B" machen sollte, unterstütze ich.

  • M
    Michel_Berlin

    Ummm...versteh ich jetzt nicht ganz.

    Jeder soll sich schon mal Gedanken machen, wie man das Ende des Euro's gestalten kann, bloß nich die AfD???

     

    Und warum jetzt nicht? Sie sind doch bisher die einzigen die das heiße Eisen offiziell angepackt haben.

     

    Bitte um Aufklärung!