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EurokolumneEin irisches Märchen

Jens Berger
Kolumne
von Jens Berger

Was ist gut daran, wenn die Regierung in Dublin verkündet, den Euro-Rettungsschirm zu verlassen? Wenig. Irland ist kein Erfolgsmodell.

Wir durch das Verlassen des Rettungsschirms nicht härter: Der irische Euro. Bild: dpa

E s ist die erste Erfolgsmeldung der Eurokrise. Oder? Die Süddeutsche Zeitung bemerkte dazu, dass Irland offiziell am Sonntag den Rettungsschirm der Troika verlassen hat, „Sparen lohnt sich“ – und ist mit dieser Interpretation nicht allein. Hat die schwäbische Hausfrau doch recht? Müssen die Lehrbücher der Volkswirtschaftslehre wirklich neu geschrieben werden?

Wer hinter die Kulissen schaut, entdeckt sehr schnell, dass Irland alles andere als ein Erfolgsmodell ist – und schon gar nicht als Beweis dafür taugt, dass man sich aus einer schweren Wirtschaftskrise heraussparen kann. Irland verlässt nicht wegen, sondern trotz „Sparens“ den Rettungsschirm.

Aber was heißt das eigentlich konkret? Hat Irland nun etwa sämtliche Rettungsgelder zurückbezahlt? Aber nicht doch, dies ist – wenn alles gut läuft – erst 2042 der Fall. Haben dann die Budgetkürzungen zu einem ausgeglichenen Staatsetat geführt? Im Gegenteil. In diesem Jahr wird Dublin ein Haushaltsdefizit von 7,3 Prozent hinlegen, mehr als doppelt so viel wie in der Eurozone laut Maastricht-Grenzwert erlaubt ist.

Haben es die Euroretter denn geschafft, die irischen Staatsschulden auf ein tragfähiges Niveau zu senken? Schön wär’s: 2014 wird die Staatsschuldenquote die 130-Prozent-Marke knacken. Es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis Irland sogar Griechenland als höchst verschuldeter Staat der EU überholt hat.

Bald hat Irland sogar Griechenland überholt

Aber worin ist Irland denn dann so erfolgreich? Boomt vielleicht die Realwirtschaft? Natürlich nicht. Erst in diesem Jahr rutschte Irland zum zweiten Mal während der Krise in eine Rezession. Die privaten Investitionen markieren mit 10 Prozent des BIP den niedrigsten EU-Wert. Die Arbeitslosigkeit hat sich fast verdreifacht, die Menschen verlassen das Land, die Verschuldungsquote der Privathaushalte ist die höchste der Welt. Eine Trendwende ist nicht in Sicht.

Wenn Irland den Rettungsschirm verlässt, heißt dies lediglich, dass es künftig seine Staatsanleihen wieder ganz normal über die Finanzmärkte ausgibt. Seit Mitte 2012 sind die Kurse für irische Staatsanleihen nämlich wieder auf einem Niveau, bei dem es kaum einen Unterschied macht, ob das Land seine Zinsen beim Rettungsschirm oder bei den Banken und Fonds bedient.

Glaubt man deutschen Politikern und Leitartiklern, ist dies der Beweis dafür, dass die Sparpolitik greift. Warum sonst sollten die Investoren der Grünen Insel wieder vertrauen? Nun, die Investoren trauen der Grünen Insel nach wie vor nicht über den Weg. Sie wissen aber, dass die EZB alles in ihrer Macht Stehende tun wird, um Irland einen Staatsbankrott zu ersparen. Und sie wissen auch, dass es sich um ein Prestigeprojekt der Euroretter handelt. Sollte Irland, das buchstabengetreu die Vorgaben der Troika umgesetzt hat, in den Bankrott gehen, wäre dies nämlich der Beweis dafür, dass die Vorgaben falsch sind. Das kann doch keiner wollen. Oder?

Wie lange die „Erfolgsgeschichte“ hält, steht überdies in den Sternen. Da die Realwirtschaft nach wie vor am Boden ist und die irischen Banken bereits im nächsten Jahr neue Geldspritzen brauchen, wird das Land schon bald sehr viel neues Geld benötigen. Es ist ungewiss, ob die Zinsen dann noch auf einem niedrigen Niveau sind. Da Irland das Prestigeprojekt der Eurohelden ist, dürfte die Troika schon Mittel und Wege finden, um eine Rückkehr unter den Rettungsschirm zu verhindern.

Beispielsweise: Der Rettungsschirm ESM könnte Pleitebanken direkt finanzieren. Die Rechnung dafür wird dann auch dem deutschen Steuerzahler präsentiert. Dies ist jedoch nur fair, da Irlands Staatsschulden zu einem übergroßen Teil aus Geldspritzen für irische Banken bestehen, deren Sinn und Zweck es war, deren Verbindlichkeiten bei deutschen Banken zu begleichen. Und so schließt sich der Kreis. Der deutsche Steuerzahler übernimmt die Verluste deutscher Banken. Wäre da nur nicht noch das irische Volk, das für diesen Irrsinn bestraft wird.

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14 Kommentare

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  • R
    Ralph-M.Weiss

    Vielen Dank für den informativen Artikel! Da ich speziell dieses Thema nicht so intensiv verfolgte, blieb bei mir bis dato nur die Meldung hängen, daß Irland auf dem Weg der Besserung sei. Auch in meinem Bekannntenkreis ist dieser Irrtum weit verbreitet. Werde ihn nun anhand des Artikels korrigieren.

  • Jens Bergers Artikel sind meist mit Ignoranz und Irrationalität geprägt. Und dieser Artikel hier ist ein Paradebeispiel.

     

    Ich habe den Artikel aufmerksam gelesen, nirgends konnte Herr Berger erklären, wie es den nun möglich ist dass Irland sich am freien Markt nun doch selber finanzieren kann. Herr Berger, erklären Sie doch mal: Warum leihen Leute nun wieder freiwillig dem irischen Staat ihr Geld?

    • A
      alec
      @HHarlekin:

      Wer lesen kann:

      "Nun, die Investoren trauen der Grünen Insel nach wie vor nicht über den Weg. Sie wissen aber, dass die EZB alles in ihrer Macht Stehende tun wird, um Irland einen Staatsbankrott zu ersparen."

       

      Also Null Risiko.

    • B
      Bonsta
      @HHarlekin:

      Nur für Sie: "Nun, die Investoren trauen der Grünen Insel nach wie vor nicht über den Weg. Sie wissen aber, dass die EZB alles in ihrer Macht Stehende tun wird, um Irland einen Staatsbankrott zu ersparen. Und sie wissen auch, dass es sich um ein Prestigeprojekt der Euroretter handelt. Sollte Irland, das buchstabengetreu die Vorgaben der Troika umgesetzt hat, in den Bankrott gehen, wäre dies nämlich der Beweis dafür, dass die Vorgaben falsch sind."

       

      Sie mögen das ja anders sehen, aber dass da nichts von steht, ist einfach falsch. Aber das ist Ihnen doch sowieso egal, Ihnen geht es nur ums Pöbeln...

  • Nichts scheint ein Erfolgsmodell.

    Was aber wäre ein Erfolgsmodell?

    Es scheint immer nur Verlierer zu geben.

    Nur Beschreibungen von Problemen, nirgendwo Lösungsansätze.

    • @Demokrat:

      Kein Erfolgsmodell, aber eine vernünftige Lösung wäre ein Schuldenschnitt bei gleichzeitiger Rückforderung des Verlusteersatzes der Großbanken, die ja ach so "systemrelevant" sind. Die gehören zerschlagen, damit diese keiner mehr "retten" muss. Der Rettungsschirm ist ein reines Bankenrettungsprogramm.

  • AH
    A. Huber

    Eigentlich finde ich den Artikel auch gut. Nur verschließt sich mir nach wie vor die Erkenntis, wieso es in drei Teufels Namen fair sein soll, wenn der deutsche Steuerzahler für die Zockerei der deutschen Banken geradesteht?

     

    Bekommt man denn von den Banken irgendwas? Nicht mal en Wort des Danks für die hunderten Milliarden kam von dort. Das hätt man ja auch für die abgepresste Hilfe bekommen können. Nö, die machen Business as usual und machen munter weiter. Die gehören samt und sonders , zusammen mit der Versicherungsmafia eingeknastet!

    • Jens Berger , Autor des Artikels,
      @A. Huber:

      Die "Ironie" sollte hier eigentlich erkennbar sein. Oder doch nicht?

      • @Jens Berger:

        Leichte Ironie kam rüber, doch mehr relativierend als absolut.

  • H
    heinbloed

    Rund 10% der Bevoelkerung sind emigriert in den letzten 5 Jahren.

    Das sind 10% der Arbeitskraefte und Konsumenten.

  • Die Iren verlassen den Rettungsschirm, weil sie erkannten, dass Rettungsgelder der EZB an europ. Großbanken, allen voran Deutsche Bank,direkt für die Begleichung der Verluste durch Fehlinvestitionen umgeleitet wurden.

    Irland wurde von der EZB erpresst, um ein Bankrott der Großbanken zu verhindern. Die Iren sehen sich als Opfer des katastrophalen Investmentbanking, wenngleich sie durch ihre Niedrigsteuer-Politik die Finanzjongleure erst ins Land gelockt haben.

    Irland jetzt als Harakiri- Idioten hinzustellen, ist ziehmlich billig.

     

    https://www.youtube.com/watch?v=mAlCqbod9Qc

  • Einer der wenigen Kommentatoren in den deutschen Medien, der schreibt, was Sache ist, danke dafür Herr Berger. Die Schönfärbereien der Mainstreammedien sind einfach unerträglich.

    • M
      Mitsos
      @Iannis:

      Ebenso Dank an Jens und an Iannis. Auch wenn jahrelange, verlogene, zynische, kalkulierte und nicht zuletzt rassistische Propaganda eigentlich nicht als Schönfärberei schöngefärbt werden sollte.

    • A
      Alwin
      @Iannis:

      Der Artikel sitzt, Herr Berger. Danke. Bin gespannt, ob sich was am "Jubelmainstream" wie in der SZ ändern wird.