EuGH-Urteil zu Tauschbörsennutzung: Familie schützt weniger
Bei illegalen Downloads haftet die Familie – das entschied der EuGH. Der Inhaber des Internetanschlusses kann die Tat nicht länger abstreiten.
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Der Hinweis, dass auch andere Familienmitglieder Zugriff auf den Internetanschluss haben, kann nicht die Haftung für illegale Tauschbörsennutzung verhindern. Das entschied jetzt der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg (Az.: C-149/17).
Im konkreten Fall ging es um ein Hörbuch des Verlags Bastei Lübbe. Der stellte fest, dass das Hörbuch auf einer Internettauschbörse unerlaubt zum Download angeboten wurde und dass dies vom Internetanschluss eines Müncheners ausging. Der Mann sagte, er habe das Buch nicht angeboten. Allerdings hätten auch seine Eltern Zugriff zu seinem Internetanschluss. Das Landgericht München wollte vom EuGH wissen, ob dieser vage Hinweis genügt, um die eigene Haftung auszuschließen.
Lange Zeit galt in Deutschland: Wenn jemand über die IP-Adresse als Inhaber des Internetanschlusses identifiziert wurde, wird vermutet, dass er auch Täter der Urheberrechtsverletzung war. Er kann die Vermutung aber erschüttern, indem er andere Personen angibt, die Zugang zu dem Anschluss hatten. Normalerweise ist er dann aber verpflichtet, Details zu nennen. Bei Familienmitgliedern entfällt diese Pflicht, so der BGH, mit Blick auf den Schutz der Familie.
Der EuGH beanstandete diese BGH-Rechtsprechung nun. Der Schutz der Familie könne nicht dazu führen, dass der Schutz des geistigen Eigentums völlig leerlaufe. Das EU-weit harmonisierte Urheberrecht forderte vielmehr ein hohes Schutzniveau für das geistige Eigentum. Deshalb könne der bloße Hinweis auf die Zugriffsmöglichkeit von Familienmitgliedern die Haftung des Anschlussinhabers nicht ausschließen.
Während der Fall beim EuGH lag, hatte sich der BGH 2017 allerdings bereits teilweise korrigiert. Wenn Eltern genau wissen, welches ihrer Kinder Urheberrechtsverletzungen begangen hat, dann müssen sie dies mitteilen. Allerdings seien sie nicht verpflichtet, die Computer ihrer Kinder zu untersuchen.
Teilweise hat der BGH also den EuGH-Rüffel vorweggenommen. Ob der Anschlussinhaber gegenüber den Familienmitgliedern auch Nachforschungspflichten hat, müssen jetzt wieder die deutschen Gerichte entscheiden.
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