piwik no script img

EuG-Urteil zur WestsaharaMarokko am Pranger

Reiner Wandler
Kommentar von Reiner Wandler

Darf Marokko Verträge über die Westsahara schließen? Das Gericht der Europäischen Union verneint das. Brüssel und Rabat müssen umdenken.

Demonstration für die Westsahara in Madrid im Juni Foto: Alberto Sibaja/Pacific Press Agency/imago

J etzt steht es einmal mehr hochrichterlich fest. Die Westsahara ist nicht Marokko, auch wenn das nordafrikanische Königreich die ehemalige spanische Kolonie seit Mitte der 1970er Jahre besetzt hält. Das entschied am Mittwoch das EuG in Luxemburg. Es hat zwei Klagen der sahrauischen Befreiungsbewegung Polisario angenommen.

Diese richteten sich gegen Abkommen, die die EU mit Marokko abgeschlossen hat. Sowohl das Fischerei- als auch das Freihandelsabkommen zwischen Brüssel und Rabat schließt die Westsahara mit ein. Das ist rechtswidrig. Denn die Westsahara wurde nie wirklich entkolonialisiert. Dazu wäre eine Volksabstimmung nötig, und die hat Marokko bis heute verhindert.

Die Sahrauis wurden von allen in der Wüste vergessen. Während US-Präsident Trump entgegen den Kriterien der Vereinten Nationen Marokkos Souveränität über das besetzte Gebiet anerkannte, ging die EU einen nicht weniger unmoralischen Weg. Sie verhandelt seit vielen Jahren immer wieder Fischereiabkommen und plündert damit zusammen mit Marokko die Reichtümer vor der Küste der Westsahara.

Am traurigsten ist die Rolle der ehemaligen Kolonialmacht Spanien. Sie profitiert wie kein anderes Land vom Fischereiabkommen, und das, obwohl Madrid nach internationalem Rechtsverständnis nach wie vor Verwaltungsmacht der Westsahara ist.

Nach dem Urteil kann es jetzt nicht nur darum gehen, dass Brüssel Schadensbegrenzung betreibt und versucht, das Abkommen per juristische Kniffe so lange wie möglich am Leben zu halten. Menschenrechte sollten über wirtschaftlichen Belangen stehen. Die EU muss endlich umdenken.

Nur wenn Brüssel und auch Madrid Druck auf Rabat aufbauen, hat der älteste Konflikt Afrikas eine Chance auf Lösung. Und die Menschen in der Westsahara brauchen diese dringend. Ein Großteil der Sahrauis lebt seit über 35 Jahren in Flüchlingscamps in der algerischen Wüste oder unter dem Joch der marokkanischen Repression. Eine ganze Generation von Sahrauis kennt nichts anderes.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Reiner Wandler
Auslandskorrespondent Spanien
Reiner Wandler wurde 1963 in Haueneberstein, einem Dorf, das heute zum heilen Weltstädtchen Baden-Baden gehört, geboren. Dort machte er während der Gymnasialzeit seine ersten Gehversuche im Journalismus als Redakteur einer alternativen Stadtzeitung, sowie als freier Autor verschiedener alternativen Publikationen. Nach dem Abitur zog es ihn in eine rauere aber auch ehrlichere Stadt, nach Mannheim. Hier machte er eine Lehre als Maschinenschlosser, bevor er ein Studium in Spanisch und Politikwissenschaften aufnahm. 1992 kam er mit einem Stipendium nach Madrid. Ein halbes Jahr später schickte er seinen ersten Korrespondentenbericht nach Berlin. 1996 weitete sich das Berichtsgebiet auf die Länder Nordafrikas sowie Richtung Portugal aus.
Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • 1G
    17900 (Profil gelöscht)

    Das riecht nach einer großen Sauerei!