piwik no script img

Erstmals Streiks bei AmazonLogistik oder Einzelhandel?

Am Dienstag haben die Beschäftigten an zwei Standorten die Arbeit niedergelegt. Ver.di stellt sich auf einen längeren Kampf ein. Die Frage ist, welcher Branche Amazon eigentlich angehört.

Mit Trillerpfeifen gegen die Ignoranz des Arbeitgebers: Amazon-Beschäftigte vor dem Werk in Leipzig. Bild: dpa

BAD HERSFELD dpa | Beim Internet-Versandhändler Amazon wird erstmals in Deutschland gestreikt. Am größten deutschen Standort im hessischen Bad Hersfeld und in Leipzig war die Belegschaft am Dienstag zu einer ganztägigen Protestaktion mit Beginn der Frühschicht ab 6.00 bis zum Ende der Spätschicht aufgerufen.

Nach Angaben der Gewerkschaft Verdi beteiligten sich am Morgen an beiden Versandlagern in Bad Hersfeld 450 Menschen am Ausstand. Sie machten lautstark ihrem Unmut mit Trillerpfeifen Luft. In Leipzig legten laut Verdi 250 Beschäftigte die Arbeit nieder.

„Wir sind mit dem Auftakt sehr zufrieden und stellen uns auf eine längere Auseinandersetzung ein“, sagte Heiner Reimann von Verdi Hessen. Wann der Streik fortgesetzt wird, ließ er offen. ´„Wir können das über viele Wochen durchziehen.“

Verdi erwartete, dass sich im Tagesverlauf allein in Bad Hersfeld 1.000 Beschäftigte an dem Protest beteiligen würden. „Wir sind sehr zuversichtlich, die Betriebsabläufe empfindlich beeinträchtigen zu können.“ Verbraucher müssten damit rechnen, dass Bestellungen womöglich langsamer als üblich kommen.

97,6 Prozent für Streik

Hintergrund des Ausstands ist laut Verdi die Forderung nach einem Tarifvertrag nach den Konditionen des Einzel- und Versandhandels, was das Unternehmen bisher ablehnt. Für die einzelnen Beschäftigten würde das laut Gewerkschaft bis zu 9.000 Euro brutto im Jahr ausmachen. Amazon kann diese Zahl nach eigener Aussage nicht nachvollziehen. Das Unternehmen orientiert sich an der Bezahlung in der Logistikbranche.

Das Unternehmen argumentiert: „Amazons Versandzentren sind Logistikunternehmen, die Kundenbestellungen ausführen. Mitarbeiter der deutschen Logistikzentren liegen mit ihrem Einkommen am oberen Ende dessen, was in der Logistikindustrie üblich ist.“ Bei dem Standort in Bad Hersfeld handle es sich um ein reines Versandzentrum. „Unsere Mitarbeiter dort leisten logistische Tätigkeiten - Kommissionierung, Verpackung und Versendung von Waren.“

Bei einer Urabstimmung hatten sich 97,6 Prozent der Gewerkschaftsmitglieder bei Amazon in Bad Hersfeld für den Arbeitskampf ausgesprochen. In Leipzig hatten bereits Anfang April 97 Prozent der teilnehmenden, gewerkschaftlich organisierten Amazon-Mitarbeiter für einen Streik gestimmt.

Zu Warnstreiks war es in Bad Hersfeld am 9. April gekommen. In Bad Hersfeld sind rund 3.300 und in Leipzig etwa 2.000 Menschen beschäftigt.

Das in der Öffentlichkeit eher zurückhaltende amerikanische Unternehmen stand zuletzt mehrfach in den Schlagzeilen: Zu Jahresbeginn war Amazon in Deutschland wegen der Behandlung von Leiharbeitern in die Kritik geraten. Auslöser war eine TV-Dokumentation.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

5 Kommentare

 / 
  • SG
    Schmidt Georg

    ja, der first class Flieger bestimmt ( oder will zumeist) ich glaube nicht, dass sich Amazon erpressen lässt- das nächste Logistikzentrum wird dann wohl ausserhalb Deutschlands stehen ! Streik-die Mädels und Jungs lassen sich einbinden, anstatt mal den Gewerkschaftsbossen auf die Füsse zu treten, denn anstatt Streiks anzuzetteln-sollte sie sich lieber mal mit Der Geschäftsleitung zusammensetzen ! aber lieber Muskeln spielen lassen! bei einem längeren Streik werden dei Leutchen ein Jahr brauchen um die finanzielle Einbusse reinzuholen, die Gewerkschaftsbosse stört das nicht, die bekommen ihre 20.000€ im Monat -ohne Abzüge !

  • TD
    Thomas D.

    @Wüstenratte

     

    Laut ver.di? Mensch, vielleicht einfach mal den ARTIKEL LESEN statt gleich (und dieses Mal vollkommen unangebracht) auf den Gewerkschaften rumzuhacken.

     

    VER.DI fordert einen Tarifvertrag nach Konditionen des Einzel- und Versandhandels.

     

    AMAZON sagt, dass sie sich mit der Bezahlung am oberen Ende des Bezahlungsbereichs der Logistikbranche bewegen.

     

    Ich kann verstehen, wenn man sich über einige Sachen aufregt, aber mir scheint es hier ganz so als würdest du nur lesen was du lesen willst...

  • M
    mimmi55

    ist ja neu. bei dem Logistigunternehmen DHL kann ich jetzt Bücher, Kühlschränke und Klamotten bestellen?

  • T
    trivia

    @Wüstenratte: Richtig - und geliefert wird mit den amazon-lastern

  • W
    Wüstenratte

    Dann sind laut ver.di wohl DHL, die Deutsche Post, UPS und FedEx Einzelhändler?? Soviel geistigen Dünnschiß habe ich außer von diesen Gewerkschaftsbonzen, die höhere Beiträge wollen um ihr fettes Leben finanzieren zu können, von niemanden gehört.