Erste Sitzung nach der Sommerpause: Altes Parlament, neue Atmosphäre

Das Abgeordnetenhaus kommt erstmals seit 69 Tagen wieder zusammen. Milliardenkürzungen und einen drohenden AfD-Wahlsieg kann niemand mehr ausblenden.

Das Foto zeigt den Plenarsaal des berliner Abgeordnetenhauses

Am Donnerstag kommt das Abgeordnetenhaus aus der Sommerpause zurück – 69 Tage nach seiner bislang letzten Sitzung am 4. Juli Foto: Soeren Stache (dpa)

Berlin taz | Es werden an diesem Donnerstag noch dieselben Abgeordneten sein wie vor zehn Wochen. Auch die Gänge zwischen den fünf Fraktionen, die den Halbkreis des Parlaments wie – ungleich große – Tortenstücke teilen, werden sich nicht verändert haben. Und vorne über dem Präsidium werden weiter die schwarz-rot-goldene, die EU- und die Berliner Flagge hängen. Und doch wird die Atmosphäre anders sein, wenn das Abgeordnetenhaus nun zum ersten Mal nach 69 Tagen Sommerpause zusammenkommt.

Die am Mittwochnachmittag verbreitete Tagesordnung vermittelt zwar anderes – in der Aktuelle Stunde als offiziell wichtigster Debatte geht es nicht etwa um das Chaos beim Schul­essen, sondern auf Wunsch der schwarz-roten Koalition um die Internationale Funk-Ausstellung. Obwohl von der mancher möglicherweise gar nicht wusste, dass es sie noch gibt.

Das ändert aber nichts daran, dass nun ansteht oder droht, was sich vor den Ferien mit ganz viel Wünsch-Dir-was vielleicht noch verdrängen ließ: zum einen 3 bis 4 Milliarden Euro Kürzungen im Haushalt, zum anderen nur zwölf Kilometer Luftlinie vom Abgeordnetenhaus entfernt ein Bundesland, in dem die AfD stärkste Partei werden könnte. Deren Berliner Abgeordnete, ohnehin nicht gerade kleinlaut, dürften nun nach dem Wahlsieg ihrer Thüringer Parteifreunde kaum leiser auftreten.

Der Unterschied zwischen diesen beiden Punkten: Einen weiteren AfD-Sieg können die Brandenburger noch verhindern, wenn sie bei der Wahl am 22. September stärker als bisher auf Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) setzen. Beim Milliarden-Loch aber gilt das nicht, so sich die Gesetze der Mathematik nicht noch ändern: Zwischen Einnahmen und Ausgaben klafft schlicht diese Lücke, die einzusparen ist. „Sie werden das spüren“, kündigte Regierungschef Kai Wegner (CDU) jüngst Teilnehmern einer Tagesspiegel-Veranstaltung an.

Beitragsfreiheit auf der Kippe

Wie viel Geld das ist, lässt sich noch besser mit Blick darauf erfassen, dass es bei dem schier zersetzenden Ampel-Streit auf Bundesebene am Ende auch um 3 Milliarden ging – bei einem zwölfmal größeren Bundeshaushalt.

Spüren wird man es also. Bloß: Wie sehr und wobei? Jüngst tauchte in einer angeblichen Streichliste der CDU-SPD-Koalition auch das beitragsfreie BVG-Ticket für Schüler auf, die berlinweit umsonst fahren dürfen, egal ob sie Bus oder Bahn zur Schule nutzen oder nicht. Schon länger in der Debatte ist, Schulessen und Kita-Platz, bislang ebenfalls beitragsfrei, nur denen weiter ohne Zuzahlung zu geben, die wenig im Portemonnaie haben.

Das führt zurück in den Plenarsaal und in die erste Nach-Sommer-Sitzung: Dort will sich nämlich die Linksfraktion gegen solche Kürzungen wehren und ganz aktuell sicherstellen lassen, dass es überhaupt wieder verlässliches Essen in den Schulen gibt. In der Kantine des Parlaments, von einem anderen Unternehmen bewirtschaftet, gibt es derweil solche Probleme nicht – für Donnerstag sieht der Speiseplan dort unter anderem Königsberger Klopse und gebratenes Lachsfilet vor.

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