Erste Rede vor der UNO: Macron will Ökopakt für alle
Frankreichs Staatspräsident fordert vor der UNO ein Menschenrecht auf saubere Umwelt. NGOs reagieren erfreut, die Bundesregierung winkt ab.
Bangkok taz | „Jede Person hat das Recht, in einer ökologisch intakten Umwelt zu leben.“ Dies ist der erste Artikel eines „Pakts für die Umwelt', den Frankreichs Präsident Emmanuel Macron am Dienstag bei seiner ersten Rede vor der UN-Generalversammlung vorschlagen wollte. Einen ersten Entwurf für den Pakt stellt Macron noch am Dienstagabend in New York vor.
Dieser verpflichtet jeden Menschen, jede Organisation und alle Staaten, die Umwelt zu schützen. Der Entwurf fordert: „Die gegenwärtigen Generationen müssen sicherstellen, dass ihre Handlungen nicht die Möglichkeiten künftiger Generationen beeinträchtigen.“ Der Pakt kodifiziert zudem das Prinzip, dass der Verschmutzer für Schäden seines Handelns zahlt. Um die Umsetzung des Pakts zu überwachen, soll ein Expertengremium eingerichtet werden.
Frankreichs ehemaliger Außenminster Laurent Fabius, der den Text entwarf, erklärt das Bedürfnis für den Pakt so: „Wir haben bereits zwei Menschenrechtspakte, (den UN-Zivilpakt und den UN-Sozialpakt). Die Idee ist, einen dritten zu schaffen für eine dritte Generation von Rechten, die Umweltrechte.“
Umweltjuristen begrüßten den Vorstoß: „Es gibt über 500 Umweltverträge weltweit. Dieser Vorschlag bringt größere Einheitlichkeit ins internationale Umweltrecht und etabliert klare Verpflichtungen für Länder und Einzelne, die Umwelt zu schützen“, sagte Antonio Benjamin von der Weltnaturschutzunion (IUCN). „So ein Pakt wäre in jedem Fall ein Fortschritt“, erklärte auch Jan Kowalzig von der Entwicklungsorganisation Oxfam. „Allerdings halte ich es für extrem ehrgeizig, solch einen Pakt beschließen zu wollen.“
Staatszielbestimmung statt Grundrecht
Das sieht auch die Bundesregierung so. Selbst Frankreichs Verbündeter ist skeptisch: Deutschland „verfolgt beim Umweltschutz keinen auf einem Recht auf saubere Umwelt basierten Ansatz, der leicht zu unrealistischen, nicht erfüllbaren Erwartungen führen kann“, sagte ein Sprecher des Umweltministeriums. „Auch das Grundgesetz enthält aus wohlerwogenen Gründen eine Staatszielbestimmung und kein Grundrecht zum Umweltschutz.“
„Es gibt keinen Zweifel, dass mehr für den Umweltschutz getan werden muss“, sagte die US-Umweltjuristin Susan Biniaz. „Die Frage ist aber, ob der ‚Pakt‘ das richtige Vehikel ist, um den Umweltschutz voranzubringen.“ Die Prinzipien zum Schutz der Umweltinteressen künftiger Generationen seien viel zu vage. Außerdem kritisiert sie die oft zu breite Definition von „Umwelt“ und fragt nach dem Verhältnis zwischen Macrons Pakt und bestehendem Recht: „Der Pakt könnte zu rechtlicher Konfusion führen und bestehende Rechtssysteme negativ beeinflussen.“
„Dieser Vorschlag bringt Einheitlichkeit ins Umweltrecht“
Biniaz stellt sogar infrage, ob sich der ganze Aufwand lohnt: „Länder haben eine begrenzte ‚Bandbreite‘ für Verhandlungen über internationale Umweltfragen. Ist es da die beste Nutzung von Zeit und Ressourcen, einen neuen Pakt zu verhandeln, der wohl ziemlich umstritten sein wird?“
Diese Frage werden sich die Länder auch stellen, wenn Macron die Einsetzung einer Arbeitsgruppe für den Pakt vorschlägt. Noch ist es für das Menschenrecht auf eine saubere Umwelt also ein ganz schön langer Weg.
Leser*innenkommentare
D-h. Beckmann
Diesel-Deutschland!
Und Diesel-Deutschland lässt sich von Lobbyisten beraten und gießt deren Vorschläge dann in Gesetze…
"Die Zahl der Lobbyisten steigt seit Jahren. Im Jahr 1974 waren es 635 Verbände oder deren Vertreter, die sich offiziell in die so genannte Lobbyliste des Deutschen Bundestages eintragen ließen.2038 Interessenvertreter waren am 19. September 2007 auf der aktuellsten Ausgabe der Lobbyliste verzeichnet."
Quelle: http://www.berliner-zeitung.de/lobbyisten---mit-der-regierung-sind-auch-die-berater-und-strippenzieher-nach-berlin-gekommen--ihre-arbeit-ist-fuer-das-publikum-meist-unsichtbar--doch-noch-nie-gab-es-so-viele-lobbyisten---und-ihr-einfluss-waechst--viel-guter-rat-15872474
agerwiese
https://www.sciencealert.com/china-s-smog-is-so-bad-right-now-you-can-only-see-the-tops-of-skyscrapers
https://i0.wp.com/realclimatescience.com/wp-content/uploads/2015/09/ScreenHunter_10514-Sep.-24-01.15.gif
60440 (Profil gelöscht)
Gast
"Deutschland verfolgt beim Umweltschutz keinen auf einem Recht auf saubere Umwelt basierten Ansatz, der leicht zu unrealistischen, nicht erfüllbaren Erwartungen führen kann, sagte ein Sprecher des Umweltministeriums. Auch das Grundgesetz enthält aus wohlerwogenen Gründen eine Staatszielbestimmung und kein Grundrecht zum Umweltschutz."
"Es gibt keinen Zweifel, dass mehr für den Umweltschutz getan werden muss“, sagte die US-Umweltjuristin Susan Biniaz. (...) Der Pakt könnte zu rechtlicher Konfusion führen und bestehende Rechtssysteme negativ beeinflussen.“
Eine Kodifizierung von Umweltschutzrechten würde eine einklagbare Rechtspostion für Geschädigte bedeuten. Und Umweltverschmutrzer müssten für doe von ihnen angerichteten Schäden haften. Das geht dann doch vielen sog. Umweltschützern viel zu weit. Dann beläßt man es doch lieber bei einer "Staatszielbestimmung", also einer unverbindlichen Absichtserklärung.
Trotzdem: Einer stellt sich der generationenübergreifenden Verantwortung und unternimmt den ersten Schritt in die richtige Richtung. Mal wieder Macron. Hut ab !
Nicolas Hulot weusste schon, warum er dessen Werben nachgab.
Und Diesel-Deutschland ?
83379 (Profil gelöscht)
Gast
@60440 (Profil gelöscht) Macron hat eine staatstragende Justiz, der muss nicht füchten, dass irgendein französisches Gericht einem Afrikaner Recht gegen einen französischen Mineralkonzern geben würde.
85198 (Profil gelöscht)
Gast
"Umwelt" ust für mich immer noch antropozentrisch, Die Tiere und Pflanzen sind ja nicht nur einfach um uns herum, sondern sie sind auch von sich selbst ganz allein. Wie wäre es mit "Mitwelt"?
Statt einem Menschenrecht auf saubere "Umwelt" - wie wäre es mit einem "Umwelt"recht auf saubere Menschen?
Mitch Miller
Endlich mal einer, der diese Dinge am richtigen Ende anpackt. In Deutschland setzt man vermutlich lieber auf "freiwillige Selbsterpflichtungen" und ähnlichen Wischwaschimist. Damit es ökologisch und engagiert klingt, aber jeder drumrumkommt zur Gewinnmaximierung - schliesslich muss das Wachstum gesichert sein. Egal, was danach kommt.