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Eröffnung der Tesla-Fabrik in GrünheideZwischen Jobmotor und Umweltsünde

Kommentar von Stefan Alberti

Tesla hat am Dienstag in seiner Fabrik die ersten Großautos im SUV-Format ausgeliefert. Das war leider alternativlos. Ein Wochenkommentar.

Jobmotor oder in Beton gegossene Umweltsünde? Die Tesla-Fabrik in Gründheide Foto: dpa

W as ist das nun, was da am Dienstag in Grünheide passiert ist, als US-Autobauer Tesla mit einer großen PR-Aktion, unmittelbar an der Berliner Stadtgrenze, die ersten dort produzierten Autos übergab? War das der Auftakt zu einem nie gehabten Job-Wunder, das absehbar zu 10.000 neuen Arbeitsplätzen führen soll, die sich angeblich noch vervielfachen können? Oder ist das Ganze eine große Mogelpackung, Ergebnis einer sehr erfolgreichen PR-Kampagne für Energie, Material und Platz fressende Großautos Typ SUV, die Tesla um einen Elektro-Antrieb herum gebaut hat?

Die Antwort ist schlicht und kompliziert zugleich: Alles ist eine Frage der Betrachtungsweise und der Schwerpunktsetzung. Denn was ist gewichtiger: die geschaffenen Arbeitsplätze, und dass bei diesen Autos kein Co2 aus dem gar nicht vorhandenen Auspuff kommt? Oder dass dabei ignoriert wird, dass der Strom dafür nicht einfach aus der Steckdose kommt, sondern auch produziert werden muss – und zwar derzeit zur Hälfte eben nicht aus nachhaltigen Quellen, sondern in Atom- und Kohlekraftwerken? Das verbunden mit der Tatsache, dass ein schwerer SUV viel mehr von diesem Strom verbraucht als ein kleinerer oder mittelgroßer Wagen, in den übrigens auch vier Leute und zwei Koffer rein passen?

Manche argumentieren: Das mit den SUV ist erst mal ein hinzunehmender Nachteil auf dem Weg zu mehr Elektromobilität, obwohl die ja wegen der nicht gänzlich geklärten Frage der Batterieherstellung und -entsorgung auch nicht kritikfrei ist. Andererseits verfestigen sich nun Größen-Maßstäbe bei Autos, an denen sich später nur schwer rütteln lässt.

Und letztlich ist die Frage zu stellen: Wer ist schuld an der Masse der SUVs auf den Straßen? Hat Tesla als „Car-Dealer“, wie es im Amerikanischen tatsächlich heißt, Autofahrer mit seinem Mega-Format angefixt? Oder ist es die ganz individuelle Verantwortung, mit einem solchen Klotz Straßen und Stromnetze zu belasten? Umfragen unter potenziellen Käufern zeigen trotz aller Debatten über die Klimakrise weiter ein großes Interesse an SUVs, Kleinwagen spielen darin nur noch eine untergeordnete Rolle

Die Landesregierung hatte kaum eine Chance

Gerade dieser Punkt macht die Sache so schwer für staatliches Handeln: Hätte die brandenburgische Landesregierung Tesla nur unter der Vorgabe, keine SUVs zu bauen, grünes Licht geben können? Dann wäre mutmaßlich nichts aus der Fabrik geworden. Denn warum sollte die US-Firma an der Nachfrage des Markts vorbei bauen? Dann doch lieber weiter anderswo produzieren und die SUVs nach Deutschland exportieren. Die Bundesregierung würde kaum durch ein Einfuhrverbot einen Handelsstreit mit den USA provozieren.

Unterm Strich scheint zu stehen: Die SUVs werden sowieso gebaut, also soll das eben in Grünheide passieren – dann profitiert wenigstens die Region davon, indem viele Arbeitsplätze geschaffen werden. Keine an einer Wiederwahl interessierte Landesregierung hätte es sich leisten können, Tesla zurück zu weisen. Das gilt vor allem für eine, die sich erst mühsam zu einem Ende des Braunkohleabbaus und den damit verbundenen Jobverlusten im Jahr 2038 durch gerungen hatte – und dieses Vorhaben nun auch noch auf 2030 vorziehen soll.

So traurig das sein mag: Jeder und jede Kaufinteressierte hätte es in der Hand, Energie und Platz zu sparen und sich bei gefühlt weniger akzeptablen – auch so ein dehnbarer Begriff – Bus- und Bahnverbindungen ein Elektro-Auto zuzulegen, das eben kein überdimensionierter SUV ist. Das passiert aber leider nicht. Und genau das ist nicht Tesla vorzuwerfen, nicht der brandenburgischen Landesregierung und auch nicht dem Staat allgemein, sondern konkret jedem, der hinter dem Steuer eines solchen Autos zu sehen ist.

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Redakteur für Berliner Landespolitik
Jahrgang 1967. Seit 2002 mit dreieinhalb Jahren Elternzeitunterbrechung bei der taz Berlin. Schwerpunkte: Abgeordnetenhaus, CDU, Grüne.
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1 Kommentar

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  • Jetzt müsste Daimler nachziehen - Wasserstoffautos + Infrastruktur.



    Aber die haben die Hosen wohl voll.