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Eröffnung der Fifa-WMSepps Chauvi-Show

Joseph Blatter versucht zum Auftakt der WM, Sympathien zu gewinnen. Er offenbart dabei nur, was für ein autoritärer Altmännerclub die Fifa ist.

Joseph Blatter bei der Eröffnungs-Pressekonferenz Bild: reuters

BERLIN taz | Anfangs bemüht sich Joseph „Sepp“ Blatter noch. Er spricht von „Mannschaften, äh, Frauschaften“. Er sagt: „Dank dem Fußball haben die Frauen die gleichen Rechte.“ Diese WM werde „ein Meilenstein“. Es ist das übliche Gedöns. Der 75-jährige Schweizer gibt den Anekdotenonkel, erzählt von den Anfängen des Frauenfußballs im Fifa-Altherrenklub und versucht, charmant und witzig zu sein: „Als ich gesagt habe, die Zukunft des Frauenfußballs ist weiblich, habe ich selber nicht dran geglaubt.“ Haha. Keiner lacht. Die Frage ist: Glaubt Blatter heute daran? Sicher ist das nicht, denn er spricht bei der Fifa-Auftaktpressekonferenz wie ein alter Chauvi über die WM der Frauen.

In der Fifa-Exekutive sitzen nur Männer, Machtmenschen, die die fünfzig meist weit hinter sich gelassen haben. In der Runde dieser Fußballgerontokraten bzw. „Dinosaurier“ (Maradona) ist nur allzu gut bekannt, dass eine Frauenfußball-WM finanziell nicht lukrativ ist. „Nur eine Männer-WM bringt uns Geld“, sagt Blatter offenherzig. Soll wohl heißen: Frauen verursachen Kosten. Ferner sei diese WM „ein Risiko“, denn hierzulande stehe der Männerfußball im Mittelpunkt.

Lässt sich also Begeisterung generieren im XY-Fußballland? Na klar, weil das Organisationskomitee um Steffi Jones alles so prima organisiert hat, „ist es doch kein Risiko“. In diesem Stil eiert Blatter unentwegt herum. Und er lässt durchblicken, dass er die Planungen zum Frauenfußball gern anderen überlässt.

Vom eher knapp bemessenen WM-Preisgeld in Höhe von 6 Millionen Dollar hat er erst jetzt gehört. „Ich bin selber überrascht, dass nicht mehr drin ist, vor allem wenn ich sehe, was der Dollar gegenüber dem Schweizer Franken noch wert ist.“ Neben ihm auf dem Podium sitzt die thailändische Skandalnudel Worawi Makudi, der als Fifa-Frauenfußballchef aber auch nicht den Eindruck erweckt, genauer Bescheid zu wissen. Sein Beitrag am Samstagnachmittag im Betonbauch des Berliner Olympiastadions ist ein einziger Leersatz, eine genuschelte Phrase. Ihm scheint der Frauenfußball wahrlich am Herzen zu liegen.

Angst vor Buhrufen?

Dass Blatter allenfalls mit dem Wohlwollen eines betuchten Mäzens auf den Frauenfußball blickt, wird spätestens in dem Moment klar, als er sich zu dem Statement versteigt: „Ab einer gewissen Altersgrenze hat der Frauenfußball ja keine Möglichkeit mehr, sich weiterzuentwickeln, weil die Frauen dann eine andere Aufgabe haben.“ Klaro: Kinder kriegen, Familie und so. „Wir müssen schauen, dass die Frauen in dieser Rolle weiterspielen können.“ Raunen im Auditorium. Man fragt sich, wie realitätsvergessen dieser alte Herr im Nebel seiner Allmachtsfantasien eigentlich ist.

In welcher Welt die Fifa-Oberen leben, zeigt sich immer dann, wenn kritische Journalisten im Saal in die Offensive gehen. So wollen sie diesmal wissen, ob Blatter Angst vor Buhrufen in deutschen Stadien hat, wie weit fortgeschritten die Aufarbeitung des Fifa-Bestechungsskandals um die Vergabe der Weltmeisterschaften 2018 und 2022 ist und was genau Makudi damit zu tun hat. Es ist jetzt an den Frauen auf dem Podium, die Drecksarbeit für die Herren zu erledigen.

Eilfertig springt Steffi Jones ihrem Boss bei und fordert die deutschen Fans auf, sich „als gute Gastgeber zu erweisen“. Fragen außerhalb des Themengebiets Frauenfußball seien außerdem nicht erlaubt. Damit nicht genug, bügelt auch die Fifa-Moderatorin alle kritischen Fragen ab. Nachhaken? Nicht erwünscht!

Diese Pressekonferenz, so viel ist klar, hat das Imageproblem der Fifa nicht wirklich gelöst. Denn krasser könnte der Gegensatz zu Blatters jüngst angekündigter „schonungsloser Aufklärung“ – im Übrigen mithilfe des ehemaligen US-Diplomaten Henry A. Kissinger in einer „Lösungskommission“ – nicht sein. Dabei hatte Blatter Anfang des Monats noch ausgeführt, er wolle dafür sorgen, „dass das Image der Fifa wieder gut wird. Das ist mein innerer Trieb, der mich stark macht.“ Sein Antrieb schein erlahmt zu sein. Am radikalautoritären Stil der Fifa hat sich nichts geändert. Nach dem offiziellen Teil der Pressekonferenz sagt Blatter noch ein paar so knappe wie substanzlose Worte zum Skandal.

Es bleibt also alles beim Alten: Die Fifa ist so beliebt wie Scientology oder das Finanzamt. Die Massen pilgern trotzdem in die „Fifa-WM-Stadien“. Der Fan ist offensichtlich ein Borderliner.

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16 Kommentare

 / 
  • JS
    Jan S.

    Was mich furchtbar ärgert:

    warum haben die Frauen nicht damals (1958-1970), als ihr "Frauenfußball" verboten war nicht einen eigenen weltweiten Fußballverband gegründet, ihre eigenen Landesliegen eingeführt, Kontinentalmeisterschaften und Weltmeisterschaften ausgerichtet?

    Dann müssten wir heutzutage bei einer Frauen-Fußball-WM nicht diese alten Rochen Blatter und seine unerträglichen Co-Rochen der Fifa anschauen, sondern könnten uns an irgendeiner "Frau Mahlzahn" ergötzen (natürlich mit echten Drachenqualitäten), die als Präsidentin der "FiFFa" vorstehen würde, der "Fédération Internationale de Football-Feminine Association". Konkurrenz belebt ja das Geschäft...

  • V
    vic

    Traurig aber wahr; die nächsten Gruftis- Blatter-Klone allesamt- stehen schon bereit.

    Fußball interessiert mich nicht, und dabei spielt es keine Rolle ob Frau oder Mann.

    Ich wünsche den Spielerinnen trotzdem viel Efolg,

    und allen viel Spaß. Egal auf welchem Rang sie am Ende stehen.

  • LS
    Le Suisse, der Schweizer

    Dass der Blattersepp, der alte Chauvi, es gut findet, dass die Frau nach gewonnenem Fussballspiel schnell wieder zum heimischen Herd findet, war ja klar. Als Schweizer muss ich feststellen, dass Blattersepp und seine Walliser und andere Schweizer Kompatrioten noch im Jahr 1971 (!) gegen das Frauenstimmrecht votiert hatten. In diesen Herren- Köpfen hat sich also seit 40 Jahren nicht viel verändert.

  • B
    Burschi

    Ah geh, der Sepp. Ihr kennts ihn.

  • JN
    Johannes Nicht-Tobias

    "Der Fan ist offensichtlich ein Borderliner."

     

    In der Schizophrenie des letztens Satzes widerspiegelt sich abermals die hier weitverbreitete Ablehnung von (Volks)Sportarten.

    Ihr könnt den Sport weder totschreiben, noch können Dachstrunkturen wie die maFifa diesen komplett zugrunde richten. Nur eure und deren Überheblichkeit werden zur Schau gestellt.

  • KK
    Karl Kraus

    Herrn Blatters innerer Trieb, das Image der FIFA zu verbessern, findet genau in seinem Gehabe und vor allem den autoritären Strukturen seine Verwirklichung. Dass es ihm allerdings um das Image bei den Fans gehe, darf bezweifelt werden. Wichtig ist das Image bei den sogenannten Sponsoren. Geld. Und die haben es gern einfach und direkt.

  • BW
    B. Wondraschek

    Wer Altherrenwitzchen vom Jungchauvi lesen möchte, der schaue bitte in die taz-kolumne "Blond kickt gut". Was haben wir uns vor Lachen auf die Schenkel geklatscht!

  • N
    NaBoHi

    Der Frauenfußball zeigt mal wieder die starren Strukturen der FIFA auf.

    Ich sehe darin nicht weniger als eine große Chance, eine Demokratisierung der FIFA anzustoßen.

     

    Kann ja nicht sein, dass die heilige Kuh FIFA seit Jahren kritisiert, aber nie angetastet wird.

  • AA
    ad acta

    Jeglicher Leistungssport beruht auf dem Militärischen und muss schon deshalb abgeschafft werden.

    Was beim so Leistungssport an Geld verpulvert wird, sollte lieber in tatsächliche Zusammen-Gestalte-Projekte gesteckt werden.

    Frauenfußball hat auch nichts mit der Frauenbewegung zu tun, sondern den F-Fußball betrachte ich als Nachäffen vom Männerfußball, frei nach dem Motto: 'Mann spielt Fußball' - 'Ich auch!'.

  • A
    Angela

    Euer Yücel ist nicht besser!

  • K
    korruptusblatteriensis

    „…autoritärer Altmännerclub…“ ??? Was soll diese Lobhudelei für diese – na, Sie wissen schon – …? Ehrbare, wenn auch autoritäre, alte Männerclubs haben doch mit denen nichts gemein, oder?

  • FW
    Fussball? Wozu?

    Ich schaue mir diesen Quatsch seit Jahren nicht mehr an...Wer wirklich konsequent ist und diese "Geldproduktionsmaschiene

    Fussball" nicht mehr unterstuetzen will, sollte es genauso machen."Fussball foerdert soziales Verhalten" - das ist Unsinn hoch x. Andere besiegen..das foerdert also die Gemeinschaft....

  • T
    TAZfan

    Blatter ist ja für seine starke Sympathie für den Islam bekannt. Chauvis finden sich!!!!

  • S
    skol

    Schön geschrieben!

  • M
    MeinName

    "Der Fan ist offensichtlich ein Borderliner."

     

    Ach so, nur der Fan, klar. Dass sämtliche Medien inkl. der taz genauso ticken wird schlicht ignoriert. Oder warum berichtet Ihr trotz der mafiösen Strukturen der FIFA begeistert über sämtliche größeren Anlässe wo Menschen (dieses mal eben Frauen) 90 Minuten lang gegen Bälle treten?

     

    Damit ist nicht dieser Artikel gemeint, der sich ja kritisch mit den FIFA-Strukturen auseinandersetzt aber darüber hinaus macht Ihr doch den selben Hype um diese abstoßenden (Sport-) Großveranstaltungen wie alle anderen. 11 (!) Sonderseiten zur Frauen-WM und bei der Herren-WM jeden Tag ein gefühltes Viertel der ganzen Zeitung.

     

    Wäre es nicht konsequent angesichts der Realität bei FIFA, IOC & Co. sämtliche Details dieser kommerziellen Showveranstaltungen journalistisch nebenbei abzuhandeln oder auch einfach mal zu ignorieren und stattdessen über Wichtigeres zu berichten? Stattdessen lese ich auch bei Euch den selben irrelevanten Quatsch wie überall, evtl. mit leicht anderer ("alternativer") Schwerpunktsetzung.

     

    Auf die FIFA (und die blöden Fans) zu schimpfen ist ziemlich billig bzw. wohlfeil. Konsequent wäre es, diesen ganzen Zirkus nicht durch ständige Berichterstattung zu unterstützen. Aber das traut sich die taz dann doch nicht.....

  • HW
    Heidi Weh

    Ich muss zugeben, dass ich dem Frauenfussball ebenfalls skeptisch gegenüberstand. Zwar fand und finde ich, Frauen sollen alles machen, was sie machen möchten, aber ich muss es ja nicht mögen. Also m.a.W. ich hatte auch nichts dagegen, dass Frauen Fussball spielen. Als ich das erste Länderspiel neulich mal ansah, habe ich aber meine Meinung geändert: es ist nicht unattraktiver als Männerfussball, nur halt, ein bisserl anders - d.h. weniger brutal. Und das find ich jetzt wieder sehr gut. Denn wer Sport macht, sollte nicht potentiell einen Krankenhausaufenthalt mitbuchen müssen.

     

    Dass der Frauenfussball aus seinem negativ Image, bzw. No-Image herauskommt, dazu braucht es allerding noch Zeit und ein paar organisatorische Änderungen. Bei einer WM im eigenen Land z.B. ist es hilfreicher man hat den Austragungsort nur in einer oder höchstens zwei Städten, so könnte sich Begeisterung besser aufbauen und besser - in das männliche Lager -transportieren lassen, denn Deutscher ist sportversessen und per se dafür begeisterungsfähig.

    Dann kommt Geld hinterher.

    Dass die FIFA so ein Altmännersesselbehalter ist, muss sich natürlich auch mal ändern: da ist die Presse sehr gefragt, dass sie die Besetzung dieser Organisation schreibend und fernsendend ohne Unterlass hinterfragt.

    Also die Presse hätte da diverse Möglichkeiten.

    zunächst mal ist die WM der Frauen aber da wie sie da ist, und machen wir Zuschauer das beste draus.

    Und wiederum die Presse - macht das Beste draus - und schreibt postiv und begeistert - dann kommt das Geld hinterher.