Erneuter Corona-Ausbruch in Göttingen: 700 Menschen unter Quarantäne
Nach einem neuem Corona-Ausbruch in Göttingen wird ein ganzer Wohnblock abgeriegelt. Die Betroffenen sind vor allem Arme und Kinder.
![Polizist in Schutzkleidung Polizist in Schutzkleidung](https://taz.de/picture/4217538/14/25417427-1.jpeg)
Dass es in diesem Komplex zum zweiten großen Corona-Ausbruch in Göttingen gekommen ist, kann wegen der Wohnverhältnisse kaum überraschen. Erst Ende Mai hatten sich im Iduna-Zentrum – auch das ein „sozialer Brennpunkt“ – mehrere Dutzend Bewohner mit dem Virus infiziert.
Bei dem neuen Ausbruch in der Groner Landstraße 9 haben sich laut örtlichem Krisenstab bislang 102 Menschen mit dem Coronavirus angesteckt. Zunächst waren zwei Frauen positiv getestet worden, daraufhin hatte die Stadt am Montag und Dienstag ein mobiles Testzentrum mit Bussen für die Bewohner eingesetzt. Bei rund 700 Menschen wurden Abstriche genommen. Etwa 60 Testergebnisse lagen am Donnerstag noch nicht vor.
Jetzt wird der ganze Gebäudekomplex unter Quarantäne gestellt. Die Maßnahme sei alternativlos, um weitere Infektionen zu verhindern, sagte Göttingens Sozialdezernentin Petra Broistedt. Oberbürgermeister Rolf-Georg Köhler (SPD) sprach von einer Maßnahme, „die tief in die Persönlichkeitsrechte eingreift“.
Seit dem Morgen wurden alle Bewohner des Hochhauses über die Ansteckungen und die Quarantäne informiert. Alle Zugänge zu dem Komplex sind versperrt, die Bewohner dürfen das Haus nicht verlassen. Ordnungsamt, Polizei und private Sicherheitsdienste sichern das ab. „Wir werden ein Entweichen verhindern“, sagte Ordnungsdezernent Christian Schmetz (CDU) dem Göttinger Tageblatt. Im Haus gilt eine Maskenpflicht. Die Hausverwaltung muss täglich Flure und Fahrstühle reinigen.
Grünen-Ratsherr Thomas Harms kritisiert den „verschärften Arrest“ der 700 Menschen. Es sei fraglich, ob eine solche Maßnahme auch in den besseren Wohngegenden angeordnet würde. „Warum treffen Ausgangssperren die Ärmsten der Armen, darunter sehr viele Kinder?“ Die Erniedrigten seien in Krisenzeiten mal wieder „die ersten der Geschlagenen“.
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