Ernergiewende: Berlin, da weht doch noch was
Windräder könnten 3,3 Prozent der Haushalte in der Hauptstadt mit Strom versorgen. Doch während Berlin noch prüft, baut Brandenburg Rekordanlagen.

Die Unterzeichner*innen wenden sich darin gegen Windräder in Wartenberg und Falkenberg (Lichtenberg) sowie auf den Gatower Rieselfeldern und Karolinenhöhe (Spandau). In dem Beteiligungsverfahren hatten Berliner*innen bis Freitag ihre Bedenken und Anregungen loswerden können. Die Senatsverwaltung will die Stellungnahmen nun auswerten – und sich dafür wohl einige Monate Zeit nehmen. Möglicherweise wird die Verwaltung daraufhin die bisherige Planung noch mal überarbeiten. Es kann sein, dass dann Gebiete verkleinert werden oder ganz herausfallen. Im Herbst 2026 will die Verwaltung dann den neuen Stand für ein zweites Beteiligungsverfahren vorstellen.
Anfang Juni hatte die Senatsverwaltung erstmals 8 Flächen beschrieben, die im Stadtgebiet aus ihrer Sicht für Windkraft geeignet wären. Diese Flächen hat sich nun das Unternehmen 4cast aus Potsdam vorgenommen, das Windgutachten und Analysen erstellt. Sie haben exemplarisch ein Windrad auf jedes dieser Gebiete gestellt und ausgehend von den Windverhältnissen und den dort möglichen Anlagen berechnet, wie viel Strom für Berlin zu erwarten ist.
Ihr Ergebnis: Diese (noch imaginären) Windräder könnten Strom für rund 72.000 Haushalte liefern – und damit 3,3 Prozent der Berliner Haushalte versorgen. Der Stromertrag von insgesamt 127.700 Megawattstunden pro Jahr würde alternativ auch für rund 1.700 Grundschulen reichen. „Oder Berlin könnte damit 102 Schwimmbäder betreiben, das macht es etwas greifbarer“, sagt Andreas Speck von 4cast. „Wir wollen mit unserer Analyse der Hauptstadt zu einer besseren Entscheidungsgrundlage verhelfen.“
Auch in Pankow kommt noch Wind an
Überrascht habe ihn, dass sich die Standorte in der Berechnung gar nicht groß unterscheiden, sagt Speck. Dabei kommt der Wind meist von Südwest, er muss also einmal „über die ganze Stadt rüber“, bevor er etwa in Pankow ankommt. „Dass nur 8 Windräder für 3,3 Prozent der Haushalte Strom erzeugen könnten, das finde ich schon beachtlich“, sagt Speck. Prinzipiell könnten an den 8 Standorten nach der Flächenplanung vom Senat sogar jeweils mehr Windräder stehen. „Aber das müssten wir dann neu berechnen“, sagt er. „Es lässt sich nicht einfach aufsummieren, dass bei zwei bis drei Anlagen der Ertrag dann auch doppelt oder dreifach so hoch ist, weil die Turbinen sich gegenseitig beeinflussen.“
Nach geltendem Bundesrecht muss Berlin bis Ende 2027 rund 0,25 Prozent seiner Fläche als mögliche Standorte für Windräder ausweisen, bis 2032 sogar 0,5 Prozent. Auf Landesflächen stehen bereits 6 hohe Windräder, alle im Bezirk Pankow im Berliner Norden. Für die neu ausgewiesenen Flächen müssen Senat und Abgeordnetenhaus dann noch den Flächennutzungsplan ändern. Erst danach kann es dann mit einem Bau losgehen.
Während Berlin also noch im Planungsprozess steckt, stellt Brandenburg Rekorde auf. Die Firma Gicon baut in dieser Woche das höchste Windrad der Welt in der Gemeinde Schipkau im Süden von Brandenburg zwischen Dresden und Cottbus.
Nach Angaben von Gicon ist das Windrad mit einer Höhe von 365 Metern an den Rotorblättern nur etwas kleiner als der Berliner Fernsehturm und doppelt so hoch wie ein normales Windrad. Damit bringt es auch mehr als doppelt so viel Ertrag. Die Betreiber*innen können es aufgrund seiner Größe zwischen vorhandene Windrädern bauen und so Fläche sparen. Ein Teil der Einnahmen soll laut Gicon an die Bürger*innen gehen, ab Sommer 2026 soll das Windrad laufen und insgesamt etwa 6.000 Haushalte versorgen.
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