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Ernährung und KlimaschutzZukunftsmenü für Berlin

Kommentar von Annette Jensen

Das Thema Ernährung wurde beim Klimaschutz in Berlin bislang sträflich vernachlässigt. Der neue Senat muss das endlich ändern.

Schmeckt's … auch dem Klima? Foto: dpa

I n seinem Klimapaket vom Juni hat der alte rot-rot-grüne Senat das Thema Ernährung komplett vergessen. Doch die 3,7 Millionen Menschen in der Stadt essen jeden Tag. Sie tragen damit bei zu dem Ernährungssystem, das für 21 bis 37 Prozent der Erderhitzung verantwortlich ist. Deshalb ist es falsch, Klimaschutz in Berlin darauf zu beschränken, möglichst viele Dächer mit Solaranlagen vollstellen zu wollen.

Sie sollten auch als Produktionsorte für Lebensmittel in Betracht gezogen werden. Wie groß das Potenzial ist, hat das TU-Forschungsprojekt Roof Water-Farm schon vor Jahren belegt. Darüber hinaus hat das Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung (ZALF) ausgerechnet, dass sich Berlin im Prinzip aus einem Umkreis von gut 100 Kilometern ernähren ließe; viele Transporte könnten überflüssig werden.

Ernährung ist aber auch ein Gerechtigkeitsthema. Weil die Hartz-IV-Sätze nicht ausreichen, um sich ausgewogen zu ernähren, kommen in armen Haushalten oft billige, stark verarbeitete und kalorienintensive Lebensmittel auf den Tisch – mit fatalen Folgen. Übergewicht und Allergien nehmen zu. Dazu forscht die Charité seit Jahren.

Bisher war das Thema Ernährung in Berlin bei der Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz angesiedelt. Doch es betrifft auch Umwelt, Bildung, Gesundheit, Wirtschaft, Sozialpolitik, Kultur, Forschung, Verkehr – und natürlich auch die Landwirtschaft. Deshalb muss Ernährung in der neuen Landesregierung als Querschnittsthema konzipiert und in enger Abstimmung mit Brandenburg neu entwickelt werden.

Nötig ist außerdem, ein ambitioniertes Ziel auszugeben: Im Jahr 2030 soll es in Berlin gutes Essen für alle geben – nicht nur für Wohlhabende –, und die Ernährungsweise muss mit den planetaren Grenzen vereinbar sein.

Gerecht und gut

Ohne die breite Beteiligung der Bevölkerung kann das nicht gelingen. Deshalb schlägt der Ernährungsrat einen ernährungsdemokratischen Campus vor: einen offenen Ort, an dem die Stadtgesellschaft gemeinsam und mit Unterstützung von Ex­per­t*in­nen entwickelt, wie eine gerechte und gute Ernährung in und für Berlin organisiert werden kann.

Bürger*innenräte, Konvente, Experimentierräume: Es gibt viele Methoden, um die Kollektivintelligenz der Vielfalt anzuregen. Rot-Grün-Rot hat jetzt die Chance, die Stadt bei einer zentralen Zukunftsfrage zu einem Leuchtturm zu machen. Der Koalitionsvertrag wird zeigen, wie viel die Regierung davon verstanden hat.

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