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Ermittlungen gegen Roger Waters„Böswillige Angriffe“ beklagt

Der Musiker wirft seinen Kritikern vor, dass sie ihn „zum Schweigen bringen“ wollten. Die Polizei ermittelt nach einem Auftritt in Berlin wegen Volksverhetzung.

Rpger Waters bei seinem Auftritt in der Münchner Olympiahalle am 21. Mai 2023 Foto: Angelika Warmuth/dpa

Berlin afp/epd/dpa | Der Pink-Floyd-Mitbegründer Roger Waters hat die Kritik an einem Auftritt in Berlin als „böswillige Angriffe“ wegen seiner politischen Ansichten zurückgewiesen. Seine Kritiker wollten ihn „verleumden und zum Schweigen bringen“, erklärte Waters am Freitagabend in einem auf Twitter und Instagram veröffentlichten Statement.

Die kritisierten Elemente seines Konzerts seien jedoch als klares Zeichen gegen Faschismus und Ungerechtigkeit zu verstehen. Die Darstellung eines gestörten faschistischen Demagogen sei seit Pink Floyds “The Wall“ im Jahr 1980 ein Merkmal seiner Shows, so Waters.

Der 79-Jährige Sänger war in der vergangenen Woche bei einem Konzert in einem langen schwarzen Ledermantel und einer rote Armbinde aufgetreten. Die Polizei ermittelt deshalb nun wegen Volksverhetzung. Die Kleidung habe der eines SS-Offiziers geähnelt, sagte ein Polizeisprecher.

Der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, forderte weitere juristische Schritte. „Ich appelliere an die Wachsamkeit von Polizei und Justiz und ermutige zu weiteren Anzeigen“, sagte er den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Waters war bereits in der Vergangenheit durch antisemitische Äußerungen aufgefallen. Die Stadt Frankfurt hatte versucht, ein Konzert des Sängers abzusagen. Waters ging gerichtlich gegen die Absage vor und hatte Erfolg.

Leider seien die Gerichtsverfahren, die gegen Waters angestrengt wurden, bisher zu dessen Gunsten ausgegangen, sagte Klein den Funke-Zeitungen. „Obwohl er Antisemitismus verbreitet und mutmaßlich Volksverhetzung betreibt“. Klein rief Konzertveranstalter dazu auf, sich gut zu überlegen, ob sie „Verschwörungserzählern eine Bühne bieten“ wollten.

Waters wird unter anderem auch für seine Nähe zur BDS-Kampagne (Boykott, Desinvestitionen und Sanktionen) kritisiert, die zum umfassenden Boykott des Staates Israel aufruft. Bei Konzerten ließ der Sänger zudem Ballons in Schweineform mit einem Davidstern aufsteigen. Bei seinen bisherigen Deutschland-Konzerten gab es das Schwein noch immer – aber ohne den Davidstern.

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12 Kommentare

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  • Mich irritiert der selektive Umgang mit Fakten durch die taz. Immer wieder wird das Schwein mit dem Davidstern als Beweis herangezogen.

    Ich zitiere mal aus der Wikipedia:



    "Seit den späten 1980er Jahren verwendet Waters bei Konzerten einen fliegenden Ballon in Form eines Schweines, auf dem bei verschiedenen Touren unterschiedliche Parolen oder Symbole zu sehen waren. Ab September 2010 waren im Rahmen der The Wall Live-Tour auf dem Schwein neben Kreuzsymbol, Mondsichel mit Stern, Hammer und Sichel, den Logos von Shell und McDonald’s, einem Dollarzeichen und einem Mercedes-Stern auch ein Davidstern abgebildet. "

    Neben dem Davidstern waren also noch Kreuz und Halbmond als weitere religiöse Symbole abgebildet. Warum konstruiert der Journalist aus einer Religionskritik durch Weglassen der Fakten ein Antisemitismusvorwurf?

    Und warum wird das überhaupt aufgewärmt, das aktuelle Schwein war OHNE DAVIDSTERN unterwegs ?

  • "

    Der 79-Jährige Sänger war in der vergangenen Woche bei einem Konzert in einem langen schwarzen Ledermantel und einer rote Armbinde aufgetreten. Die Polizei ermittelt deshalb nun wegen Volksverhetzung. Die Kleidung habe der eines SS-Offiziers geähnelt, sagte ein Polizeisprecher."

    Hat eigentlich irgendjemand bei der Polizei sich vor diesem Statement mal die Mühe gemacht, sich "The Wall" tatsächlich anzusehen? Ich hab immer gedacht, es weiß jeder, dass in dem Film eine Szene aufkommt, in der sich Pink als Anführer einer Nazibande vorstellt. Das war damals eine Antwort auf den wiedererstarkenden britischen Faschismus in der Thatcher-Ära und eine explizite KRITIK am Faschismus. Wenn jetzt ernsthaft kontextloses: "ABER DER HAT NE NAZIUNIFORM GETRAGEN!!!!!!!!!!!!" ausreicht, um jemanden der Volksverhetzung zu bezichtigen, dann weiß ich auch nicht mehr.

    (Das ändert natürlich alles nichts daran, dass Roger Waters eine ziemliche Knalltüte ist und dass das Malen von Davidssternen auf fliegende Schweine extrem und auch klar antisemitisch ist. Der konkrete Vorwurf ist trotzdem Unfug.)

    • @Agarack:

      Ich finde es erstaunlich, daß der Davidstern auf dem Schwein immer wieder als Argument auftaucht, ohne das genannt wird, daß auch Symbole anderer Religionen darauf abgebildet waren!

      • @Bosley:

        Das weiß ich wohl, ich halte es aber trotzdem für spezifisch antisemitisch, weil die Assoziation von Juden und Schweinen eben ein altes antisemitisches Klischee (siehe "Judensau"-Relief in Wittenberg) ist und ein Roger Waters gebildet genug ist, um das zu wissen. Seine sehr frühe und vehemente BDS-Assoziation ist in diesem Kontext ebenfalls zumindest fragwürdig. Ich halte ihn jetzt nicht für einen tief überzeugten Antisemiten, aber zumindest für (in dieser Thematik) anschlussfähig an antisemitische Positionen.

        • @Agarack:

          Nein, das "Schweine-Motiv" hat Roger Waters von George Orwell:

          "Roger Waters, Konzeptionist des Albums, teilt auf diesem sozialkritischen Album die Menschen in drei Klassen ein, indem er jeweils eine Tier-Analogie bildet (vergleiche George Orwells Animal Farm):

          Die Hunde (Dogs) sind die kapitalistisch orientierten Menschen, die nur an Geld interessiert sind, sich nicht um ihre Mitmenschen kümmern und für Profit sogar über Leichen gehen. Die Schweine (Pigs) sind für Waters die „Moralapostel“, die den Menschen jeden Tag predigen, wie sie sich richtig zu verhalten hätten. Dabei würden gerade diese Menschen die meisten Fehler machen und sich besonders unmoralisch verhalten. Zu den Schafen (Sheep) schließlich gehört die breite Masse, die sich von den Hunden ausnutzen lässt, Dinge nicht hinterfragt, sondern sich von anderen leiten lässt. Die Schafe haben keine eigene Meinung und wollen einfach nur ihre Ruhe haben. Eingebettet sind die drei Titel von dem kurzen Intro und Outro Pigs on the Wing."

          de.wikipedia.org/wiki/Animals_(Album)

          Es geht dem Pink-Floyd-Mitbegründer gewiss nicht um die Wiederholung des christlichen Judenhasses, sondern stets um Herrschaftskritik und Menschenrechte. Dabei macht er keine ethnischen Unterschiede.

          Antisemitismus besteht dagegen darin, Juden zu Sündenböcken für alle möglichen Probleme auf der Welt zu machen. Das findet sich bei ihm nirgends. Insofern ist es eine Verleumdung, ihn in die Nähe von Nazis und/oder Antisemiten zu rücken.

          • @Uns Uwe:

            "Es geht dem Pink-Floyd-Mitbegründer gewiss nicht um die Wiederholung des christlichen Judenhasses, sondern stets um Herrschaftskritik und Menschenrechte."

            Wieso leugnet Waters dann Menschenrechtsverletzungen in China und wieso soll Israel als einziger Staat auf der Welt boykottiert werden?

            • @h3h3y0:

              Waters erkennt die Menschenrechtsverletzungen in China an. Siehe dazu sein Interview vom März 2023 mit Meron Mendel im SPIEGEL:

              "Mendel: We agree that human rights are not only violated in Israel and Palestine, but also in China, Russia or Myanmar?

              Waters: Of course we agree on that!"

              rogerwaters.com/der-spiegel-interview/

              Es ist doch eher umgekehrt: Die Politiker:innern und auch viele führende Medien in den mächtigen Staaten dieser Erde verschweigen ihre eigenen Menschenrechtsverletzungen und zeigen mit dem Finger nur auf China, Russland, usw. - also auf Staaten, mit denen sie in Konkurrenz stehen.

              Roger Waters, aber auch die Whistleblower wie Assange u.a. schließen hier quasi eine Lücke, wofür sie allerdings massiv angegriffen werden.

              Ich finde, wer für Menschenrechte eintritt, der muss überall für Menschenrechte eintreten. Dies tut "der Westen" jedoch nicht. Und das kritisiert Roger Waters zurecht.

              • @Uns Uwe:

                Im Interview bei CNN hat Waters was anderes erzählt. "Of course we agree on that" ist an sich auch keine Kritik. Erst recht wenn man es mit seiner Israelkritik vergleicht.

                "Ich finde, wer für Menschenrechte eintritt, der muss überall für Menschenrechte eintreten."

                Das tut Waters aber nicht. Stattdessen ignorieren Waters und ähnliche Menschenrechtler Menschenrechtsverletzungen durch China, Russland usw., und boykottieren Israel als einzigen Staat auf der Welt.

  • Roger Waters tritt als hitlerähnliche Figur vor hakenkreuzähnlichen Symbolen auf. Seit 1979. Unter anderem auch 1990 auf dem Potsdamer Platz vor 300,000 zur Feier des Mauerfalls. Das Ganze im Rahmen von "The Wall", ein Stück, dass sich unschwer als Warnung vor der Radikalisierung erkennen lässt. Der Faschismus wird dort als "Würmer, die sich ins Gehirn fressen" beschrieben.

    Charlie Chaplin, Mel Brooks, Bruno Ganz, Jürgen Prochnow, Tom Cruise - sie alle haben Hitler oder Nazi-Soldaten porträtiert, und immer als Warnung, nie als Verherrlichung.

    Die Ermittlungen sind lächerlich, denn erstens ist die Natur der Aufführung klar verständlich (sie wird in der ganzen Welt aufgeführt) und zweitens ist die Aufführung seit Jahrzehnten bekannt. Zuletzt urteilte ein Gericht in Frankfurt über die Aufführung und kam zu dem Schluss, dass keine Verherrlichung des Naziregimes vorliegt.

    Die Berliner Polizei blamiert sich hier.

  • So widerlich wie manche Positionen von Waters auch sein mögen - diese Ermittlungen sind doch einigermaßen hanebüchen…

    • @Kawabunga:

      Die Ermittlungen gegen Roger Waters sind genau so daneben wie die gegen die "letzte Generation".

      Man hat den Eindruck, dass jede Kritik gegen die Missstände dieser Gesellschaft kriminalisiert werden soll.