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Eric Bonse über die ratlose EUNur vage Worte

Unumkehrbar. Das ist das einzige klare Wort, das beim Brexit-Gipfel der EU fiel. Das britische Referendum für den EU-Austritt sei unumkehrbar, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) nach dem Krisentreffen in Brüssel. Für die Briten gebe es keinen Weg zurück. Soll das alles gewesen sein? Wo bleibt der Druck, um nun eine Hängepartie und Nachahmer in anderen EU-Mitglieds­staaten zu verhindern?

Von einem Gipfel der Regierungschefs muss man erwarten können, dass sie den europäischen Bürgern nun sagen, wie es weitergeht. Für Großbritannien, aber vor allem für die EU. Dass diese Frage unbeantwortet bleibt, ist inakzeptabel. Statt Signale für einen Neustart zu geben, verharren die EU-Chefs in Nostalgie und Machtspielchen.

Während man im Saal Lobreden auf die gemeinsame Vergangenheit singt, wurde bekannt, dass sich die EU-Staaten und die EU-Kommission über die Frage streiten, wer nun die Scheidungsverhandlungen führen wird. Merkel und die anderen Chefs misstrauen der Kommission und wollen die Führung übernehmen.

Im Brexitschock-Europa misstraut jeder jedem. Paradoxerweise führt das dazu, dass ausgerechnet Cameron wohlwollend, ja zuvorkommend behandelt wurde: der Politiker, der aus machtpolitischem Kalkül das Projekt Europa gefährdet!

Merkel schaffte es, Forderungen nach schnellen Austrittsverhandlungen vom Tisch zu wischen. Am Ende des Gipfels stand kein einziger Satz zum weiteren Vorgehen im Protokoll. Selbst der Zeitplan für den Austritt ist vage.

Das ist verantwortungslos. Eine lange Periode der Unklarheit wird den Rechtspopulisten in die Hände spielen. Stattdessen müsste die EU London nun mit Sanktionen drohen. Man könnte etwa den „EU-Pass“ für britische Banken einkassieren oder den Briten-Rabatt. Abwarten ist jedenfalls keine Option. Es ist nicht unumkehrbar, nur ratlos.

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