Moskautaz | Da hat aber einer Oberwasser. Besser gelaunt hat man Gianni Infantino noch nicht gesehen, seit er im Februar 2016 zum Präsidenten des Internationalen Fußballverbands gewählt worden ist. Er hat die WM in Russland als beste Weltmeisterschaft aller Zeiten bezeichnet, hat sich für die gute Organisation gelobt, sich brav bei den Tausenden Freiwilligen bedankt und auch bei Wladimir Putin, dem russischen Präsidenten.
Alles super und duper. Und niemand mehr spricht von einer Krise an der Spitze der Fifa. „Wir haben den Fußball zurück in die Fifa geholt“, sagte er und strahlte über beide Ohren. Er fühlte sich pudelwohl auf dem Podium im Moskauer Luschniki-Stadion, von dem aus er seine Bilanzpressekonferenz gegeben hat.
Vor gut vier Wochen noch hat die Fußballwelt einen anderen Gianni Infantino gesehen. Beinahe unsicher wirkte er, als er über die Flure des Kongresszentrums huschte, in dem vor Beginn der WM in Moskau der Fifa-Kongress getagt hatte. Eine wichtige Abstimmung stand an.
Am Ende entschieden die versammelten Vertreter der Fifa-Mitglieder, dass die WM 2026 in Mexiko, Kanada und den USA stattfinden soll. Heilfroh dürfte Infantino gewesen sein, als das Votum feststand. Dass die Bewerbung, die den größten Profit verspricht, gewinnen würde, war lange so unklar, dass Infantino fast bis zum Schluss versucht hatte, die Gegenbewerbung aus Marokko aus formalen Gründen nicht zuzulassen.
WM 2018: Und raus bist du!
Kroatien ist bei dieser WM genau genommen nicht ausgeschieden. Das Finale haben sie trotzdem mit 2:4 gegen Frankreich verloren. Und Mandzukic (Foto) geht als erster Eigentorschütze in die WM-Geschichte ein.
Foto:
dpa
Belgien verliert das Halbfinale mit 1:0 gegen Frankreich. Im Spiel um den dritten Platz können die Belgier jedoch punkten: sie gewinnen 1:0 und erklimmen damit das WM-Treppchen. Ein historischer Erfolg.
Foto:
AP
Ein zerplatzer Traum: Die letzte WM-Finalteilnahme der Engländer war im Jahr 1966 im eigenen Land. Auch dieses Mal hat's nicht gereicht; die Mannschaft verliert im Halbfinale 2:1 gegen Kroatien. Auch im Spiel um den dritten Platz müssen sie sich geschlagen geben: Belgien gewinnt 1:0.
Foto:
AP
Igor Akinfeew, im Achtelfinale gegen Spanien noch Elfmeterkiller, muss diesmal zu oft hinter sich schauen. Dennoch: Das in der Fifa-Rangliste schwächste Team hat sich hervorragend geschlagen, Zeiter in der Gruppe A, Spanien rausgeworfen, gegen Kroatien im Viertelfinale gut mitgehalten. Tolles Heimturnier.
Foto:
Reuters
Weit gekommen, gut verteidigt, Deutschland und die Schweiz rausgeschmissen: Schweden scheitert erst im Viertelfinale mit 0:2 gegen England.
Foto:
dpa
Brasilien war stark. Aber Belgien war stärker. Das Aus für Neymar und Co kam im Viertelfinale nach einem 1:2.
Foto:
dpa
Uruguays Torwart Muslera patzt: Frankreich gewinnt das erste Viertelfinale mit 2:0, die Urus (ohne den verletzten Cavani) sind raus. Dennoch: Starker WM-Auftritt von Uruguay. Souverän in Gruppe A gewonnen und ein gutes Achtelfinale gegen Portugal abgeliefert.
Foto:
Reuters
Achtelfinale. England gewinnt gegen Kolumbien. England gewinnt gegen Kolumbien im Elfmeterschießen. Kein Witz. Kolumbien fährt heim.
Die Schweizer können ihrer Favoritenrolle nicht gerecht werden. Emil Forsberg erzielt für Schweden in der 65. Minute den einzigen Treffer des müden Achtelfinales. Michael Lang (Schweiz, Foto) schleicht vom Platz.
Foto:
dpa
Japan schockt im Achtelfinale die favorisierten Belgier mit einem Doppelschlag nach der Pause: erst Haraguchi, dann Inui (Foto). Doch Belgien kommt zurück und schafft mit einem Tor in der Nachspielzeit den Lucky Punch. Japan muss heimfahren.
Foto:
Reuters
Torhüter Guillermo Ochoa kann dem Ball nur noch entgeistert hinterhergucken - das 2:0 durch den Brasilianer Willian besiegelt das Ausscheiden von Mexiko, das einigen bis dahin als Geheimfavorit gegolten hatte.
Foto:
dpa
Kroatien setzt zum Jubel an, Dänemark versteift. Erst im Elfmeterschießen konnten sich die Kroaten durchsetzen und treffen im Viertelfinale auf Russland. Dänemark scheidet als starke Defensivmannschaft im Achtelfinale aus.
Foto:
dpa
Russlands Torwart Akinfeew hält im Elfmeterschießen zwei Elfer, einen von Koke (im Bild). Die sehr defensiv spielenden Russen kommen ins Viertelfinale. Für Spanien, den Weltmeister von 2012, ist im Achtelfinale Schluss.
Foto:
dpa
Ein schönes, faires, sportliches Bild: Cristiano Ronaldo (Portugal, r.) führt den verletzten Edinson Cavani (Uruguay), der zuvor zweimal getroffen hatte, vom Feld. Wenn es ums Ergebnis geht, ist das Bild spiegelverkehrt. Uruguay ist mit weiter, Portugal scheidet im Achtelfinale nach einer 1:2-Niederlage aus.
Foto:
dpa
Argentiniens Torwart Franco Armani fliegt umsonst: Benjamin Pavard trifft zum 2:2. Frankreich gewinnt das erste Achtelfinale der WM mit 4:3 und zieht ins Viertelfinale ein. Argentinien ist raus!
Foto:
dpa
Vorrundenaus: Senegal, 4 Punkte, 4:4 Tore, Gruppe H: einmal gewonnen, ein Unentschieden, einmal verloren. Punkt und torgleich mit Japan. Raus wegen Fairplay: Japan hatte am Ende zwei gelbe Karten weniger. Ganz bitterer Abschied für Senegal.
Foto:
AP
Polen, 3 Punkte, 2:5 Tore, Gruppe H: Seit 12 Jahren hat Polen mal wieder an einer WM teilgenommen, die Erwartungen der Fans waren hoch. Aber Robert Lewandowski und seine Mitspieler lieferten nicht.
Foto:
imago/RussianLook
Panama, 0 Punkte, 2:11 Tore, Gruppe G: Panama hatte bei seiner ersten WM nicht das größte Glück, mit Belgien und England als Gruppengegner. Aber: Die Mittelamerikaner haben ihr erstes WM-Tor geschossen – gegen England! Gegen Tunesien hätte es fast noch zu einem Punkt gereicht. Fast.
Foto:
imago/ZUMAPress
Tunesien, 3 Punkte, 5:8 Tore, Gruppe G: Tunesien war neben Marokko das einzige Außenseiterteam, das versuchte, offensiv zu spielen. Auffällig war, dass die Tunesier am Anfang (Minuten 0 bis 10) und am Ende des Spiels (85. Minute bis Ende der Nachspielzeit) schwach waren. Nach einem knappen Sieg gegen Panama schieden sie aus.
Foto:
imago/ZUMAPress
Deutschland, 3 Punkte, 2:4 Tore, Gruppe F: Schland unter, das war's. Der amtierende Weltmeister und Gruppenfavorit verliert gegen Mexiko und Südkorea und scheidet damit in der Vorrunde aus. Verdient.
Foto:
AP
Südkorea, 3 Punkte, 3:3 Tore, Gruppe F: So sehen glückliche Verlierer aus. Trotz WM-Aus kann sich Südkorea über ein verdientes 2:0 gegen Deutschland freuen. Die Südkoreaner scheiden als Gruppendritter vor Deutschland aus dem Turnier aus.
Foto:
dpa
Costa Rica, 1 Punkt, 2:5 Tore, Gruppe E: Im letzten Spiel sicherte man sich knapp noch einen Punkt. Geholfen hat es nicht: Das Team muss nach der Vorrunde nach Hause fahren.
Foto:
Reuters
Serbien, 3 Punkte, 2:4 Tore, Gruppe E: Zuletzt traf Serbien 2014 in einem Freundschaftsspiel auf Brasilien – und gewann mit 1:0. Vier Jahre später verlieren die Serben 0:2. Damit sind sie raus aus dem Turnier.
Foto:
dpa
Island, 1 Punkt, 2:5 Tore, Gruppe D: Island ist das Team, dass irgendwie jeder mag. Die Isländer spielen körperbetont, aber nicht unfair und sie agieren als Team. Bei ihrer ersten WM-Teilnahme konnten sie zwar nicht in die K.o.-Phase vordringen, aber sie haben mit drei guten Partien gegen starke Teams eine gute Premiere hingelegt.
Foto:
imago/Xinhua
Nigeria, 3 Punkte, 3:4 Tore, Gruppe D: Ach ja, Nigeria. Es ist in den letzten vier Weltmeisterschaften immer dasselbe: Man ist mit den Argentiniern in der Gruppe, um knapp an ihnen zu scheitern.
Foto:
imago/ZUMAPress
Australien, 1 Punkt, 2:5 Tore, Gruppe C: Australien hat in dieser WM mal wieder überrascht. Aufgrund ihres Kaders, der größtenteils mit Spielern aus zweitklassigen Ligen besetzt ist, wurden die Australier mehr oder weniger abgeschrieben. In einer schweren Gruppe konnten sie aber mit jedem Gegner mithalten – fast.
Foto:
imago/SvenSimon
Peru, 3 Punkte, 2:2 Tore, Gruppe C: Peru hat die leidenschaftlichsten Fans der WM – eine riesige WM-Euphorie. Im letzten Spiel zeigten die Peruaner dann, wie stark sie wirklich sind und besiegten Australien mit 2:0.
Foto:
imago/SvenSimon
Marokko, 1 Punkt, 2:4 Tore, Gruppe B: Marokko ist der Pechvogel der WM. Gegen Iran verlor man wegen eines Eigentores in der 95. Minute. Marokko hat außerdem, im Gegensatz zu vielen Underdogs, das ganze Turnier über versucht, offensiv zu spielen. Gegen Portugal und Spanien war das Team durchaus ebenbürtig.
Foto:
imago/UPIPhoto
Iran, 4 Punkte, 2:2 Tore, Gruppe B: Der Iran hat bei der WM positiv überrascht. Besonders beeindrucked war, dass die Iraner sich von Spiel zu Spiel verbessert haben. Sie brachten sowohl Spanien als auch Portugal ins Schwitzen.
Foto:
imago/IndependentPhotoAgencyInt.
Ägypten, 0 Punkte, 2:6 Tore, Gruppe A: Auch Ägypten stellte einen Rekord auf. Im Tor vertraute das Team auf den ältesten Spieler der WM-Geschichte, den 45-jährigen Torwart El-Hadary. Ansonsten bot Ägypten ohne Mohamad Salah im 1. Spiel gegen Uruguay offensiv nichts, Salahs zwei Tore in den anderen Spielen halfen auch nicht mehr.
Foto:
imago/Golovanov+Kivrin
Saudi-Arabien, 3 Punkte, 2:7 Tore, Gruppe A: Saudi-Arabien hat einen speziellen Rekord aufgestellt. Mit 5:0 erlitten die Saudis eine der härtesten Eröffnungspleiten der WM-Geschichte. Trotzdem sind sie nicht so schlecht aufgetreten wie erwartet.
Foto:
imago/Bildbryan
Die Abstimmung war ein erster Sieg für Infantino in Russland. Doch so richtig gut war die Stimmung nicht. Tweets von US-Präsident Donald Trump, in denen er den Ländern gedroht hatte, die sich gegen die Bewerbung mit US-Beteiligung stellen würden, hatten einen Schatten auf die Abstimmung geworfen.
Außerdem war das Meeting des Fifa-Rats vor der Abstimmung nicht unbedingt im Sinne Infantinos gelaufen. Da hatte er vorgeschlagen, nicht erst 2026, sondern schon vier Jahre vorher das Teilnehmerfeld der WM von 32 auf 48 Mannschaften zu vergrößern. Offene Türen hatte er nicht unbedingt eingerannt.
Eine Erfolgs-WM für die Fifa
Wir haben den Fußball zurück in die Fifa geholt
Gianna Infantino, Präsident der Fifa
Jetzt, nach seiner rauschenden WM-Party, packt er die Idee ein zweites Mal auf den Tisch. Alles scheint möglich für ihn in seinem Erfolgsrausch. Schon bald soll entschieden werden, ob in Katar 2022 wirklich 80 Spiele stattfinden können statt der bisher geplanten 64.
Auch seine anderen Pläne, die der Fifa zur totalen Herrschaft über den Fußball verhelfen sollen, hat er in seiner Bilanz-PK erneut auf den Tisch gepackt. Eine weltweite Liga, in der Nationalmannschaften zwischen den Turnierjahren einen neu zu schaffenden Pokal gewinnen können, will Infantino nach dem Vorbild der europäischen Nations League etablieren.
Und auch seine Pläne, die Klub-WM aufzublasen, hat er noch nicht aufgegeben. Dabei war im Fifa-Rat bei etlichen Mitgliedern gar nicht gut angekommen, dass er bereit war, das irre Angebot eines anonymen Bieterkonsortiums anzunehmen, das 20 Milliarden Euro für die Ausrichtung der Weltliga sowie einer Klub-WM mit 24 Mannschaften geboten hatte.
Vor der WM war der Weltverband indes in einer ungewohnt schwachen Verhandlungsposition. Noch im Mai waren lange nicht alle Sponsorenpakete verkauft, die für die WM in Russland im Angebot waren. Die Skandale der Blatter-Ära haben ihre Spuren hinterlassen. Nur weil chinesische Firmen immer mehr Geld in den Fußball stecken, konnte die Fifa die erwarteten Einnahmen halbwegs erwirtschaften.
Der chinesische Mischkonzern Wanda ist dabei immerhin noch eine Firma, die auf dem Weltmarkt aktiv ist. Beim WM-Sponsor Mengniu ist das anders. Die Firma verkauft Milchprodukte mongolischer Provenienz in China. Wer auf den Link klickt, der auf der Fifa-Seite angeboten wird, landet auf einer Seite in chinesischer Sprache. Hier wird nicht der Weltmarkt angesprochen, sondern alleine Konsumenten in China. Weltmeisterlich ist dieser Sponsor gewiss nicht. Nach der Erfolgs-WM von Russland könnte der Verband wieder attraktiver für weltweit agierende Konzerne geworden sein.
Gianni Infantino wird das hoffen. Er wird auch hoffen, dass er im Fifa-Rat mehr Zustimmung für seine Ideen bekommt als zuletzt. Vielleicht hat es ja etwas geholfen, dass die Fifa etliche ihrer Spitzenfunktionäre mit teuren Limousinen und Privatjets von Spiel zu Spiel fuhr und flog, damit diese in so vielen Stadien wie möglich den ohnehin für solche Menschen umsonst sprudelnden Champagner genießen konnten. Kleine Geschenke erhalten die Freundschaft. Das war bei der Fifa schon immer so.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei!
Jetzt unterstützen
Der ARD-Dopingexperte Hajo Seppelt über die aktuelle WM, die Vergabe an Katar, diverse Substanzen und seine Entscheidung, nicht nach Russland zu fahren.
Wenn ein Gestirn seine größte Ausdehnung erreicht, bläht es sich noch einmal exorbitant auf, um dann entweder langsam zu vergehen, oder in einer Supernova das Universum für eine Milisekunde zu erschüttern. Wenn der Pulverqualm der Selbstbeweihräucherung nach der russischen WM verweht ist, werden wir sehen, in welchem Lebensabschnitt sich die FIFA Sonne befindet.
meistkommentiert
Greenpeace-Mitarbeiter über Aufrüstung
„Das 2-Prozent-Ziel ist willkürlich gesetzt“
Selbstzerstörung der FDP
Die Luft wird jetzt auch für Lindner dünn
Rücktritte an der FDP-Spitze
Generalsekretär in offener Feldschlacht gefallen
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Iran als Bedrohung Israels
„Iran könnte ein Arsenal an Atomwaffen bauen“
Keith Kelloggs Wege aus dem Krieg
Immer für eine Überraschung gut