Erfolg von Google und Meta: Gericht kippt Meldepflicht für Hass
Soziale Netzwerke sollten seit Februar strafbare Hasspostings ans BKA melden. Doch das Verwaltungsgericht Köln stoppte dies nun.
Das „Gesetz gegen Rechtsextremismus und Hasskriminalität“ war bereits im Juni 2020 im Bundestag beschlossen worden. Es war eine Reaktion auf den Angriff auf die Synagoge von Halle durch einen im Internet aufgehetzten Rechtsextremisten. Wichtigster Inhalt: Soziale Netzwerke wie Facebook und Twitter müssen strafbare Hasspostings nicht mehr nur löschen. Vielmehr müssen sie künftig das Bundeskriminalamt (BKA) informieren. Das BKA rechnete mit jährlich rund 150.000 zusätzlichen Ermittlungsverfahren für die Polizei.
Die Einführung der Meldepflicht ins Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) hakte aber von Beginn an. Erst weigerte sich Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier zu unterschreiben, dann verweigerten Grün- und FDP-mitregierte Länder im Bundesrat die Zustimmung. Es ginb dabei jeweils um datenschutzrechtliche Spezialprobleme. Eine Neufassung der NetzDG-Novelle wurde erst ein Jahr später im Juni 2021 im Bundestag beschlossen.
Stichtag für den Start der Meldepflicht war nun der 1. Februar 2022. Doch auch dieser Stichtag konnte nicht eingehalten werden, weil zunächst Google und Facebook/Meta, später auch noch weitere Unternehmen beim Verwaltungsgericht (VG) Köln gegen die Meldepflicht klagten und Eilanträge stellten. Die Klagen hatten zwar keine aufschiebende Wirkung, aber die Bundesregierung gab freiwillig eine Stillhaltezusage.
Ähnliche EU-Verordnung in Sicht
An diesem Dienstag kam nun ohne Ankündigung der Eil-Beschluss des VG Köln. Zentrale Aussage: Der deutsche Gesetzgeber habe gegen das Herkunftsland-Prinzip verstoßen, das in der EU-Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr geregelt ist. Ein Ausnahmefall für eilige Entscheidungen habe nicht vorgelegen. Netzwerke können demnach also nur von ihrem Herkunftsland zum Kampf gegen Hass im Netz verpflichtet werden. Der EU-Sitz von Google und Facebook/Meta ist jeweils in Irland.
Der Hinweis auf das EU-Herkunftsland-Prinzip begleitet das NetzDG, seit es 2018 in seiner ursprünglichen Form eingeführt wurde. Die Bundesregierung hielt es hier aber nicht für anwendbar, weil jeder Staat selbst Regeln über die Bekämpfung von Hassbotschaften aufstellen könne. Auch die EU-Kommission hat darauf verzichtet, gegen Deutschland vorzugehen, wohl weil sie das deutsche Modell beispielhaft fand. Die Klage von Google und Facebook/Meta beim VG Köln konnte aber niemand verhindern.
Gegen die Kölner Eil-Entscheidung kann die Bundesregierung zwar noch Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht Münster einlegen. Aber bis zur Entscheidung dürften einige Wochen, wenn nicht gar Monate vergehen. Obwohl der Eil-Beschluss nur zugunsten der beiden Kläger Google und Facebook/Meta gilt, wird die Bundesregierung ihre allgemeine Stillhalte-Zusage nun vermutlich verlängern. Ohne die US/irischen Internet-Konzerne macht eine Meldepflicht wenig Sinn.
Die Meldepflicht für strafbare Plattform-Postings wird also weiterhin nicht umgesetzt. Beim BKA müssen sich etwa 200 Beamt:innen der neuen „Zentralen Meldestelle für strafbare Inhalte im Internet“ derweil anders beschäftigen. Eigentlich sollten sie örtlich zuständige Polizeidienststelle für die Fälle herausfinden, um den Vorgang dann dorthin zu verweisen.
Im irischen Recht gibt es keine Meldepflicht für Hass-Postings. Irland ist für die US-Konzerne als Europa-Sitz nicht nur wegen der niedrigen Steuern interessant, auch bei Datenschutz, Hassbekämpfung und anderen kostenträchtigen Themen ist Irland wenig ambitioniert, um als Standort attraktiv zu sein.
Allerdings wird es wohl nicht mehr lange dauern, bis eine ähnliche Meldepflicht als EU-Verordnung eingeführt wird. Im so genannten Digital Services Act (DSA) ist auch eine Meldepflicht für Internet-Plattformen vorgesehen. Derzeit verhandeln die EU-Regierungen und das Europäische Parlament über das Projekt. Die französische Ratspräsidentschaft will die DSA-Verordnung noch im ersten Halbjahr 2022 verabschieden.
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