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Erdgasstreit im östlichen MittelmeerGriechen rüsten weiter auf

Im Zwist mit der Türkei im Mittelmeer hat die griechische Regierung französische Kriegsschiffe gekauft. Damit wächst auch Athens Schuldenberg.

Griechisch-französischer Deal: Premier Mitsotakis und Präsident Macron am Dienstag in Paris Foto: Ludovic Marin/ap

Athen taz | Der französische Präsident Emmanuel Macron und der griechische Premierminister Kyriakos Mitsotakis haben am Dienstag in Paris einen Vertrag über den Kauf von drei französischen Fregatten im Rahmen einer „strategischen Partnerschaft“ unterzeichnet. Die Kriegsschiffe vom Typ Belharra sollen in Frankreich gebaut werden. Eine vierte Fregatte ist im Vertrag als Option vorgesehen. Der Deal hat ein Volumen von mehreren Milliarden Euro.

Erst Mitte September hatte Mitsotakis den Kauf von sechs weiteren Rafale-Kampfbombern vom französischen Hersteller Dassault angekündigt. Zuvor hatte Athen bereits 18 der französischen Kampfjets bestellt, die auf dem griechischen Luftwaffenstützpunkt in Tanagra unweit von Athen stationiert werden sollen. Kostenpunkt bisher: 2,32 Milliarden Euro.

Für das chronisch klamme Griechenland ist das erheblich. In der Coronakrise fiel die Pro-Kopf-Wirtschaftsleistung auf das Niveau von Anfang der 2000er Jahre zurück.

Hintergrund dieser militärischen Aufrüstung ist, dass sich Athen von der türkischen Regierung unter Recep Tayyip Erdoğan bedroht fühlt. Zwischen den beiden Nato-Staaten, die 1952 gemeinsam dem Bündnis beitraten, war es im Sommer 2020 fast zu einem militärischen Konflikt gekommen. Der Grund dafür: Reiche Erdgasvorkommen im östlichen Mittelmeer. Die Türkei beharrt darauf, dass nicht nur Griechenland diese Vorkommen künftig ausbeuten dürfe.

Hohe Militärausgaben trotz Schuldenberg

Kritiker warnen, dass sich die beiden Staaten längst in eine gefährliche Rüstungsspirale begeben haben. Die Griechen können sich den Kauf teurer Waffensysteme eigentlich kaum noch leisten, der griechische Schuldenberg wächst unaufhörlich weiter.

Ende Juni 2021 belief sich die griechische Staatsschuld laut Athener Finanzministerium auf 387,328 Milliarden Euro und ist damit in den ersten sechs Monaten des laufenden Jahres um weitere 13,32 Milliarden Euro gestiegen. Griechenland bleibt gemessen an der Wirtschaftsleistung unangefochten Europas Schuldenkönig.

Das liegt nicht zuletzt an den hohen Militärausgaben. Nach der jüngsten Auswertung des angesehenen Fachportals Globalfirepower.com rangiert Griechenland unter den weltweit 140 militärisch stärksten Nationen auf Platz 29. Die Türkei belegt in der Weltrangliste Platz 11.

Regierungschef Mitsotakis erklärt die hohen Militärausgaben wie folgt: „Das ist der Preis für unsere Position auf der Landkarte.“ In Berlin sagte er im Vorjahr auf einer Diskussionsveranstaltung, was er damit konkret meint: „Weil unser Nachbar leider die Türkei und nicht Dänemark ist.“

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9 Kommentare

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  • 8G
    83379 (Profil gelöscht)

    Nun könnte man auch beleuchten, das die Türkei regelmäßig die Souveränität Griechenlands verletzt und ganz gerne einige Inseln erobern würde (und mit Zypern seine Bereitschaft dazu auch schon gezeigt hat), die Türkei tritt zunehmenden als revisionistische und imperialistische Macht auf, das Griechenland da nicht den Gandhi macht bzw. sich auf die Hilfe der Deutschen und Amerikaner verlässt ist nur folgerichtig.

    • @83379 (Profil gelöscht):

      Man sollte die Hintergründe zu Zypern kennen, bevor man hier was von "erobern" faselt. Gleiches gilt für die Bemerkung: "gerne Inseln erobern".

      • @Denito Schulz:

        Dieser Bericht unterschlägt leider wesentliche Gründe die zu dieser Aufrüstung geführt haben. Auch bleibt die Rolle der deutschen Regierung unerwähnt. Griechenland hat wiederholt die Bundesregierung aufgefordert, die Aufrüstung der Türkei vor allem im maritimen Bereich zu unterbinden ( 6 U-Boote der Klasse 214 ), da es das Kräftegleichgewicht stark beeinträchtigen würde. Obwohl die Türkei wiederholt Gebietsansprüche an Griechenland erhebt (bis zu 158 Inseln), sahen die Regierenden in Deutschland keinen Anlass, der Bitte Griechenlands nach zu kommen. Diese U-Boote der Firma TKMS richten sich einzig und allein gegen Griechenland und Zypern. Oder glaubt jemand hier, dass maritime Rüstungsgüter in Syrien, Irak oder Afghanistan eingesetzt werden könnten? Mit anderen Worten, die Sicherheit und territoriale Integrität zweier EU-Staaten wird mit deutschen Waffen bedroht. Das Griechenland darauf reagieren musste, war absehbar und wurde auch frühzeitig von der griechischen Regierung als mögliche Gegenmaßnahme auf die deutsche Aufrüstungshilfe an die Türkei angekündigt.

  • Griechenland ist Mitglied in der NATO und die Türkei ist ebenfalls Mitglied in der NATO.



    Wenn es im Zuge der massiven Aufrüstung dieser beiden Staaten zu kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen diesen beiden kommen sollte, auf welcher Seite wird dann eigentlich im Bündnisfall die Bundeswehr zu kämpfen haben?

    • 8G
      83379 (Profil gelöscht)
      @Rainer B.:

      Da die EU auch einen Verteidigungsfall kennt auf Seiten Griechenlands:

      "Die Beistandsklausel wurde 2009 in Artikel 42 Absatz 7 des Vertrags über die Europäische Union (EUV) festgeschrieben. Im Falle eines "bewaffneten Angriffs auf das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats" sind die anderen EU-Mitgliedstaaten dazu verpflichtet, den Mitgliedstaat zu unterstützen."

      • @83379 (Profil gelöscht):

        Das beantwortet zwar die Frage, wie es innerhalb der EU geregelt ist, aber nicht die Frage nach der Regelung innerhalb der NATO. Bei der NATO wird sowas doch immer von Fall zu Fall durch die USA entsprechend ihrer strategischen geopolitischen Interessen entschieden. Die Bundeswehr würde dann ggf. auch mit der Türkei gegen Griechenland kämpfen müssen, wenn sie denn keinen Konflikt mit der NATO bzw. den USA riskieren will.

        • 8G
          83379 (Profil gelöscht)
          @Rainer B.:

          Es gibt keine Regeln in der NATO außerdem wird demokratisch abgestimmt, die USA würden sich raushalten, das letzte was die USA wollen ist da reingezogen zu werden. Ich vermute sowieso in so einem Fall würde die Türkei sich mit Russland und Serbien verbünden.



          Deutschland ist von den USA abhängig aber auch von Frankreich, es ist kein Vasall und Frankreich würde sich den USA nicht beugen und die USA habe auch kein Interesse an einer starken Türkei.

          • @83379 (Profil gelöscht):

            „Es gibt keine Regeln in der NATO außerdem wird demokratisch abgestimmt.“

            Genau da liegt doch das Problem. Warum, wann und wie sollte denn ein Bündnis „demokratisch abstimmen“, wenn es gar keine Regeln hat? Dass die USA sich ggf. raushalten, meinen Sie jetzt nicht wirklich ernst, oder?

  • Das sich immer noch jedes EU-Land ein eigenes Militär leistet, ist inzwischen doch ein Anachronismus. Alle legen zusammen für eine dann wenigstens handlungsfähige Armee und die gessparte Differenz geht in den Klimaschutz.