Erdbeben in Myanmar und Thailand: Mindestens 1700 Tote
Nach einer schweren Naturkatastrophe am Freitag in Myanmar und Thailand läuft die internationale Hilfe an. Am Sonntag bebte auch auf Tonga die Erde.

In Myanmars Erdbebengebiet im Zentrum des Landes sind am Wochenende erste internationale Rettungsteams vor allem aus den Nachbarländern Indien, China und Singapur eingetroffen. Doch fehlt in dem zum Teil wegen Stromausfällen von der Kommunikation abgeschnittenen Katastrophengebiet noch immer ein Überblick über das Ausmaß der Opfer und Schäden des Bebens vom Freitag. Auch sind offenbar noch nicht alle betroffenen Regionen erreicht worden.
Am Freitag gegen 12:50 Uhr Ortszeit hatte ein Beben der Stärke 7,7 die zweitgrößte Stadt des Landes Mandalay getroffen. Die alte Königsstadt liegt keine 20 Kilometer vom Epizentrum entfernt, hat gut 1,5 Millionen Einwohner und ist das Zentrum des lokalen Buddhismus. Zahlreiche Häuser, Brücken, Tempel, Klöster und Pagoden stürzten ein. Es war das schwerste Beben in der Region seit Jahrzehnten. Nachbeben erschweren seitdem die Hilfe.
Am Sonntagabend gab Myanmars seit 2021 herrschende Militärjunta die Zahl der Toten mit mindestens 1.700, die der Verletzten mit mehr als 3.400 an. Manche Experten rechnen mit 10.000 Toten oder mehr. Die bereits vor dem Beben marode und jetzt noch zerstörtere Infrastruktur des Bürgerkriegslandes erschwert jede Hilfe.
Am Sonntag waren die Flughäfen von Mandalay und der südlicher gelegenen Hauptstadt Naypyidaw, wo beim Einsturz des Towers sechs Personen starben, noch gesperrt. In Mandalay hatten die ersten Rettungsteams Berichten zufolge vor allem aus Angehörigen bestanden, die in Trümmern nach Vermissten suchten. Ohne schweres Gerät konnten sie im Wettlauf gegen die Zeit aber nur wenig ausrichten. Am Sonntag konnte nur eine Frau aus einem eingestürzten Haus lebend geborgen werden.
Schon vor dem Beben waren in Myanmar nach UN-Angaben rund 3,5 Millionen Menschen auf der Flucht vor dem Bürgerkrieg. Jetzt dürften viele weitere ihre Häuser verloren haben. Hospitäler, die schon zuvor vielfach Engpässe hatten, sind jetzt im Katastrophengebiet völlig überlaufen. Im Shan-Staat brachte das Beben selbst ein Krankenhaus zum Einsturz.
Juntachef General Min Aung Hlaing besuchte bereits am Freitag ein Krankenhaus in Naypyidaw und rief in einem für das Militär ungewöhnlichen Schritt „jedes Land, jede Organisation“ zu internationaler Hilfe auf. Diese sagten insbesondere die drei Großmächte China, Russland und Indien sofort und mit konkreten Maßnahmen zu. Die drei Länder buhlen um Einfluss in Myanmar und haben bisher schon die Junta auch mit Waffen unterstützt. US-Präsident Donald Trump kündigte inzwischen auch Hilfe an, nannte aber noch keinen Umfang.
Die Junta reagierte bisher nicht auf Forderungen nach einer Feuerpause. Vielmehr griff die Luftwaffe glaubwürdigen Berichten von Rebellen zufolge inzwischen schon dreimal wieder mutmaßliche Stellungen des Widerstands an, das erste Mal bereits keine drei Stunden nach dem Beben. Am Freitagabend sollen bei einem Angriff auf das Dorf Aung Lwin sieben Rebellen getötet worden sein. Zwei weitere Angriffe ereigneten sich in der Region Sagaing, einer Hochburg des Widerstands nahe Mandalay. Der UN-Sonderberichterstatter für Menschenrechte in Myanmar, Tom Andrews, nannte die Angriffe gegenüber der BBC „empörend und inakzeptabel“. Er forderte entsprechenden Druck auf die Junta zu einem Waffenstillstand. Diesen erklärte am Sonntag die sogenannte Nationale Einheitsregierung (NUG), die einen Teil der Widerstandsgruppen kontrolliert. Ihre Kämpfer sollen für zwei Wochen alle Kampfhandlungen einstellen, sofern sie nicht angegriffen werden.
Opfer des gleichen Bebens gab es auch in Thailands Hauptstadt, die rund eintausend Kilometer von Mandalay entfernt ist. In Bangkok war ein 30-stöckiges im Bau befindliches Hochhaus eingestürzt – als einziges von hunderten Hochhäusern. Bis Sonntag wurden in Bangkok 18 Tote gezählt und noch 80 Personen vermisst, überwiegend Bauarbeiter des eingestürzten Hauses, die teilweise auch aus Myanmar stammen.
Die Regierung ordnete laut Bangkok Post inzwischen eine Überprüfung an, warum ausgerechnet dieses Hochhaus, in dem eine Behörde und ein Hotel einziehen sollten, komplett einstürzte. Es wurde von einem staatlichen chinesischen Konzern in Kooperation mit einem lokalen Bauunternehmen errichtet. Mehr als 700 Gebäude sollen laut Bangkok Post schon bald auf Schäden untersucht werden.
Auch der Inselstaat Tonga im Pazifik ist am Sonntag von einem schweren Erdbeben getroffen worden. Das Epizentrum lag 90 Kilometer südöstlich der Inselstadt Pangai in einer Tiefe von 10 Kilometern. Das Zentrum für Geoforschung (GFZ) meldete Erschütterungen der Stärke 7. Das US-Warnsystem für Tsunamis wurde ausgelöst. Einzelheiten zu etwaigen Schäden oder Opfern lagen zunächst nicht vor. Tonga liegt östlich von Australien und hat gut 100.000 Einwohner.
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