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Entwicklungsminister unter DruckSPD-Politiker zieht an Niebels Teppich

Für den SPD-Abgeordneten Sascha Raabe ist Entwicklungsminister Dirk Niebel (FDP) ein „Minister des Klüngels“. Er hält ihn für „nicht mehr tragbar“ wegen seines Teppichkaufs.

Liest wohl keine Zollbestimmungen: Bundesentwicklungshilfeminister Dirk Niebel (FDP). Bild: dpa

HEIDELBERG/HAMBURG afp | Der entwicklungspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion Sascha Raabe hat im Zuge der Teppich-Affäre um Bundesentwicklungsminister Dirk Niebel (FDP) dessen Rücktritt gefordert. Als Bundesminister, der im Ausland für gute Regierungsführung werbe, sei Niebel „nicht mehr tragbar“, sagte Raabe der Rheinischen Post.

Die Teppich-Affäre sei nur die Spitze des Eisbergs. Niebel sei „seit Amtsbeginn ein Minister des Klüngels, einer, der bei der Postenvergabe Parteiinteressen und beim privaten Souvenirkauf Eigeninteressen über sein öffentliches Amt“ stelle.

Niebel selbst hält die Affäre dagegen offenbar für ausgestanden. Nachdem er einen Antrag auf Nachverzollung gestellt habe, sei kein strafrechtlicher Aspekt mehr vorhanden, sagte Niebel der Rhein-Neckar-Zeitung.

Er werde kein zweites Mal ein solches Souvenir von Dienstreisen mit nach Hause bringen, bei dem Teppich sei dies ohnehin zum ersten Mal der Fall gewesen. Beim Chef des Bundesnachrichtendienstes (BND), Gerhard Schindler (FDP), habe er sich entschuldigt, da dieser von einem Gastgeschenk ausgegangen war.

Der Transport mit DHL hätte 3.840 Euro gekostet

Niebel hatte den Teppich bei einem Besuch in Afghanistan für etwa 1.100 Euro von einem Händler erworben, der dafür eigens in die deutsche Botschaft gekommen war. Später nahm Schindler den Teppich in seinem Dienst-Jet mit nach Berlin. Bei dem Flug war Schindler offenbar fälschlich davon ausgegangen, dass es sich bei dem Teppich um ein offizielles Gastgeschenk an Niebel handele.

In diesem Fall wäre der Transport keine Privatangelegenheit, sondern Amtshilfe gewesen. Weil zunächst keine Zollanmeldung erfolgte, prüft die Berliner Staatsanwaltschaft „einen Anfangsverdacht auf ein mögliches strafbares Verhalten“ gegen Niebel.

Niebel hat bei diesem Teppichkauf einem Zeitungsbericht zufolge durch die Staatshilfe bei seinem Teppichkauf in Afghanistan deutlich mehr Geld gespart als nur

Doch Niebel hat bei seinem Teppich-Geschäft mehr gespart als nur den Einfuhrzoll – der laut Finanzministerium etwa 200 Euro beträgt. Der Transport eines neun Quadratmeter großen, aufgerollten Teppichs von Kabul nach Berlin kostet 3.840 Euro, wie die teppichaffaere-dirk-niebel-sparte-4040-euro/70048609.html:Financial Times Deutschland vom Logistikunternehmen DHL erfuhr. Die Transportdauer betrage vier bis sechs Tage.

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10 Kommentare

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  • A
    artemidor

    Das ganze zeigt doch nur, was für eine Bürokratie hier mitverdient und sich dabei auch noch selbst erhält. Zoll auf Teppiche, gestaffelt nach Wert, Beschaffenheit und Größe; da muß viel deklariert werden. Dann Mehrwertsteuer; wer hat hier Mehrwert geschaffen - also weitere Papiere ausfüllen, stempeln etc. - Dann natürlich öffentliche Dienstflüge, die einem den Kurierdienst ersparen. Nicht die Leute - das System ist korrupt.

  • P
    Phaeno

    Was erwarten wir eigentlich?

    Glauben wir, dass ein Minister, dessen Partei einen verurteilten Straftäter als "Ehrenvorsitzenden" trägt, plötzlich anständig handeln könnte?

    Glauben wir, dass ein Minister, dessen Partei bereits die kuriosesten Stückchen in Sachen Lobbypolitik geschlagen hat, plötzlich an das Wohl der Gemeinschaft denkt?

    Glauben wir, dass ein Minister, der das Ministerium, das er vor der Wahl abschaffen wollte, plötzklich aufbläst und mit Parteifreunden besetzt, in anderen Situationen Anstand zeigen könnte?

    Niebel hin oder her. Es gilt, die FDP abzuwählen, jede andere Diskussion ist überflüssig.

  • H
    harrytho

    Die Jagd-Saison ist eröffnet. Ich hoffe wir kriegen ihn!!!

  • RD
    Rainer David W. Früh

    Wer ist eigentlich der Herr Raabe?

    Sitzt der in der letzten oder vorletzten Reihe im BT ?

    Offensichtlich ist er aber so wichtig, dass er nicht mal ins "Miles & More"-Programm reinkommt. Da hat er dann auch nicht solche Risiken zu befürchten wie Özdemir, Gysi und andere. Und einen zinslosen Privatkredit von Moritz Hunzinger bekommt er wohl auch nicht.......

  • K
    kroete

    Diese Lobbypartei ohne politisches Rückgrat lebt doch von der Generation "Schnorrer" und (F)reunde (d)er (P)östchen mit grandiosen Fehlbesetzungen, selbst der gefallene Sunnyboy auf Schnäppchenjagt als 1. Mann im Staat durch vermeintliche Vergünstigungen im freien Fall downgegradet worden ist.

    Bei der FDP ist halt keine Luft mehr nach unten, allein die regierige Kanzlerin hält diese Nieten zusammen.

  • S
    scheipant

    kreti tut es...

    pleti tut es...

    arm und reich und hinz und kunz tun es...

    ... mauscheln, schnäppchen jagen, vorteile sichern...

     

    warum also nicht ein herr bundesminister?

     

    Vielleicht darum nicht, weil die herren und damen finanziell schon gut ausgestattet sind, privilegien genießen, zusätzliche karrieremöglichkeiten neben und nach dem amt haben und zudem über eine komfortable altersversorgung verfügen. Kurz: weil sie schon vorteile genug genießen (was ja völlig in ordnung ist).

     

    Hinzu kommt, dass sie sich ja durchaus privilegiert und statusbewußt benehmen - "primus inter pares" - die hochgestellten unter gleichen.

     

    Politiker sollen und brauchen nicht mauscheln und klüngeln. Und wenn sie das unbedingt wollen, dann dürfen sie halt nicht politiker werden. Doch sie haben um's amt gekämpft - wahlkampf nennt man das.

     

    Wulffen ist für politiker nicht angesehen. Es dauert offenbar, bis alle das kapieren. Und die, die es nicht kapieren, sollten vielleicht noch einmal ausserhalb von amt und würden darüber nachdenken.

  • G
    GMNW

    Gegen jeden aus Afghanistan heimkehrenden Soldaten wird auch nur beim geringsten Versuch, Zigaretten oder Whisky in Köln am Zoll vorbeizuschleusen, ein gerichtliches Verfahren und zusätzlich ein Disziplinarverfahren mit meist drakonischen Ausgang eingeleitet. Im Straftenor wird regelmäßig vom Vorwurf der Schädigung des Ansehens der Bundesrepublik Deutschland Gebrauch gemacht! Und das in einem Land mit Ministern und Politikern, die sich als Plagiateure, Lügner, Steuerhinterzieher, usw und einem ehemaligen Bundespräsidenten als Oberschnorrer entpuppten! Soweit ein kleiner Beitrag zur permanenten Diskussion um die "Soziale Gerechtigkeit", die schon eine gewisse Ähnlichkeit mit George Orwells Geschichte von der Farm der Tiere hat,auf der sich Schweine alles erlauben konnten!

  • MD
    Martin D.

    es sind auch die kleinen dinge: wieso holt sein dienstlicher fahrer den teppich für den privatmann niebel am flughafen ab?

  • P
    Paul

    Komisch, wenn ich etwas aus einem nicht EU Staat einführe muss ich sowohl auf den Warenwert (hier ca. 1.100 Euro für den Teppich) als auch auf die Transportkosten (hier wären es z.B. über DHL 3.840 Euro gewesen) Steuern zahlen. Somit kämen insgesamt 938,60 Euro Steuern auf Herrn Niebel zu. Nach meinem Verständnis.

  • A
    antares56

    Niebel war von Anfang an eine Fehlbesetzung! Der Mann ist nur peinlich und dümmlich, wird aber von Merkels Gnaden im Amt bleiben.