Entscheidung des US-Supreme Courts: Zugang zu Abtreibungspille gesichert

In einer einstimmigen Entscheidung haben die Rich­te­r*in­nen des Obersten Gerichts der USA den Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen erleichtert.

Abtreibungsgegner demonstrieren vor dem Obersten Gerichtshof.

Seit langem versuchen Ab­trei­bungs­geg­ne­r*in­nen den Zugang zu Schwangerschaftabbrüchen gerichtlich einzuschränken Foto: Mark Schiefelbein/AP/dpa

WASHINGTON afp | Der Oberste Gerichtshof der USA hat Einschränkungen zum Einsatz einer häufig genutzten Abtreibungspille kassiert. In ihrer einstimmigen Entscheidung urteilten die neun Richter am mehrheitlich konservativ besetzten Supreme Court am Donnerstag, Abtreibungsgegner und Ärzte dürften Einschränkungen für den Zugang zum Präparat Mifepriston nicht vor Gericht erwirken. Damit hoben sie von einem Gericht im Bundesstaat Texas beschlossene Beschränkungen zur Nutzung der Abtreibungspille auf.

Abtreibungsgegner versuchen in den USA seit langem, den landesweiten Zugang zu dem in Deutschland unter dem Namen Mifegyne verbreiteten Präparat einzuschränken. Mifepriston wird in den USA bei den meisten Schwangerschaftsabbrüchen eingesetzt. Die Pille war in den Vereinigten Staaten erstmals im Jahr 2000 von der Arzneimittelbehörde FDA zugelassen worden, im Jahr 2016 hatte die FDA ihre mögliche Nutzung bis zur zehnten Schwangerschaftswoche ausgedehnt.

Der von Ex-Präsident Donald Trump ernannte Richter Brett Kavanaugh erklärte in der Urteilsbegründung, zwar würden die Richter anerkennen, dass „zahlreiche Bürger, einschließlich der klagenden Ärzte, ernstzunehmende Bedenken zur Nutzung von Mifepriston zur Ausführung von Schwangerschaftsabbrüchen und Einwände dagegen“ hätten. Den Klägern fehle jedoch die Befugnis, vor Gericht dagegen vorzugehen, dass es „anderen Menschen schlicht erlaubt ist, bestimmten Tätigkeiten nachzugehen“. Daher sei die Klage gegen das Vorgehen der FDA nicht zulässig.

„Gerichte hierfür nicht der geeignete Ort“

Weiter hieß es in der Urteilsbegründung, die Kläger müssten sich mit ihren Bedenken zum Einsatz von Mifepriston an die FDA, den Präsidenten oder den Kongress wenden. Sie dürften zudem ihre Meinung dazu öffentlich zum Ausdruck bringen, auch im Zusammenhang mit Wahlen. Bundesgerichte seien hierfür jedoch nicht der geeignete Ort.

Ein unter Trump ernannter konservativer Bezirksrichter in Texas hatte im vergangenen Jahr ein Urteil gefällt, das Mifepriston verboten hätte. Ein Berufungsgericht hob das vollständige Verbot später auf, weil die Frist für die Anfechtung der Zulassung der Arzneimittelbehörde FDA abgelaufen war. Es schränkte jedoch den Zugang zu dem Medikament ein.

Unter anderem reduzierte das Berufungsgericht den Zeitraum, in dem Mifepriston verwendet werden kann, von zehn auf sieben Schwangerschaftswochen und untersagte die Lieferung per Post. Diese Einschränkungen wurden mit dem Urteil des Obersten Gerichts nun wieder aufgehoben.

Der Supreme Court hatte im Juni 2022 mit seiner höchst umstrittenen Entscheidung ein politisches Erdbeben ausgelöst, das Grundsatzurteil Roe v. Wade aus dem Jahr 1973 aufzuheben, das ein landesweites Grundrecht auf Abtreibungen verankert hatte. Etwa 20 Bundesstaaten haben seitdem Abtreibungen verboten oder stark eingeschränkt.

Abtreibung ist Hauptthema des Wahlkampfs

Umfragen zufolge ist eine Mehrheit der US-Bürgerinnen und US-Bürger für den weiteren Zugang zu sicheren Abtreibungen. Konservative dringen jedoch darauf, dies einzuschränken oder ganz zu verbieten. Bei der US-Präsidentschaftswahl im November könnte das Thema Abtreibung zu einem wichtigen Thema werden: US-Präsident Joe Biden hat den Schutz des Rechts auf Abtreibung zu einem der Hauptthemen seines Wahlkampfs gemacht.

Biden erklärte nach dem Urteil des Obersten Gerichts am Donnerstag, der „Kampf für reproduktive Freiheit“ gehe weiter. Weiterhin sei für Frauen das Recht auf die von ihnen benötigte Behandlung „in vielen Bundesstaaten bedroht oder es wird ihnen vollständig verweigert“. Die Angriffe auf medikamentöse Schwangerschaftsabbrüche seien Teil des „extremen und gefährlichen Vorhabens“ der Republikaner, Abtreibungen landesweit zu verbieten.

Im Senat blockierten die Republikaner am Donnerstag auch einen Gesetzentwurf, der ein bundesweites Recht auf künstliche Befruchtung festschreiben soll. Das Recht auf sogenannte In-Vitro-Befruchtungen (IVF) soll nicht nur für Familien gelten, sondern auch für die Anbieter solcher Behandlungen. Ein erweiterter Versicherungsschutz soll zudem die Kosten senken.

In einer Vorabstimmung votierten aber nur 48 Senatoren für den Gesetzentwurf, darunter lediglich zwei Republikaner. Nötig wäre eine Mehrheit von mindestens 60 Stimmen gewesen.

Das Gesetz solle lediglich „ein landesweites Recht auf künstliche Befruchtung schaffen und Hindernisse für Millionen von Amerikanern beseitigen, die eine künstliche Befruchtung wünschen, um Kinder zu bekommen“, kritisierte der demokratische Mehrheitsführer im Senat, Chuck Schumer. Das Thema betreffe auch ihn persönlich. „Dank des Wunders der künstlichen Befruchtung habe ich einen wunderschönen einjährigen Enkel.“

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