Entschädigung für Eltern: Appelle, aber kein Urlaub
Kitas und Schulen bitten Eltern dringend, ihre Kinder selbst zu betreuen. Doch die Entschädigung für einen Verdienstausfall fällt mager aus.
NRW-Familienminister Joachim Stamp (FDP) appelliert in einem offenen Brief an die Eltern: „Bringen Sie Ihre Kinder nur dann in die Betreuung, wenn es unbedingt nötig ist.“ Ähnliche Aufrufe gibt es in anderen Bundesländern.
Der von der Ministerpräsidentenkonferenz am Sonntag angekündigte zusätzliche „bezahlte Urlaub“ für Eltern, die in der Coronapandemie ihre Kinder zu Hause betreuen müssen, kommt dagegen nicht. Stattdessen gibt es nur eine Ergänzung der Entschädigungsregelungen im Infektionsschutzgesetz, die einen Lohnersatz von 67 Prozent garantiert, wenn Eltern wegen der Kinderbetreuung Verdienstausfälle haben.
Die Ergänzung stellt klar, dass Eltern künftig einen Anspruch auf Entschädigung haben, wenn aus Gründen des Infektionsschutzes „Schul- oder Betriebsferien angeordnet oder verlängert werden oder die Präsenzpflicht in einer Schule aufgehoben wird“. So steht es im Kabinettsentwurf.
Rüge von der Linken
Inwieweit diese Entschädigung auch für Kitas gilt, die mit Appellen ihre Gruppen ganz klein halten wollen, geht aus dem Wortlaut des Entwurfs nicht hervor. Für die praktische Umsetzung der Entschädigungsregelungen seien die einzelnen Bundesländer zuständig, sagte ein Sprecher des Bundesgesundheitsministeriums. Die Vorhaben befänden sich in der „aktuellen Abstimmung“ zwischen dem Bund und den Ländern, so ein Sprecher des NRW-Sozialministeriums.
Die Entschädigung in Höhe von 67 Prozent des Nettoentgelts, monatlich maximal 2.016 Euro, gilt für den Verdienstausfall durch die häusliche Betreuung von Kindern bis unter 12 Jahren. Ein Vorschlag von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD), den betroffenen Eltern mehr bezahlten Urlaub, also vollen Lohnausgleich, zu gewähren, wurde von der Union abgelehnt. Diesen hätten allein die Arbeitgeber finanzieren müssen, sagte der sozialpolitische Sprecher der CSU im Bundestag, Stephan Stracke.
„Die Einigung der Bundesregierung ist nur eine Minimallösung und für Familien mit geringem Einkommen unzureichend“, rügte die familienpolitische Sprecherin der Linken, Katrin Werner. Ekin Deligöz, familienpolitische Sprecherin der Grünen, bemängelte, dass es im Entschädigungsgesetz keine klar formulierte Regelung zum Ausschluss von Homeoffice als vermeintliche Betreuungsalternative gebe.
Entschädigung bisher wenig genutzt
Wie berichtet, erklären aber Arbeitsrechtsexperten wie Alexander Dubrovskij aus Berlin, dass der Anspruch auf Entschädigung auch gilt, wenn man zwar Homeoffice machen, aber wegen der Kinderbetreuung trotzdem keine Arbeitsleistung erbringen kann.
Die Arbeitgeber zahlen den Lohnersatz von 67 Prozent an ihre Beschäftigten aus und holen sich das Geld dann vom Staat zurück. Selbstständige stellen den Antrag direkt bei den Behörden. Wenn man wegen der Kinder die Arbeitszeit reduziert und daher weniger Stunden bezahlt bekommt, kann man für den stundenweisen Verdienstausfall auch den Ersatz von 67 Prozent als Entschädigung beanspruchen.
Bisher gab es schon eine Entschädigungsregelung, die aber voraussetzte, das Schulen und Kitas aus Gründen des Infektionsschutzes geschlossen hatten. Dies war im ersten Lockdown der Fall. Das Instrument wurde offenbar wenig genutzt. In Nordrhein-Westfalen haben bislang rund 2.500 Elternpaare und Alleinerziehende eine Verdienstausfallentschädigung für die Kinderbetreuung erhalten, so das Landesgesundheitsministerium. In diesem Bundesland gibt es aber allein in der Altersgruppe der bis zu 10-Jährigen mehr als 1,5 Millionen Kinder.
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