Entlastungspaket gegen den Krisenwinter: Koalition haut Kohle raus
Der Nachtragshaushalt steht: Das Parlament beschließt 3 Milliarden Euro, um Berliner*innen bei steigenden Energiekosten zu entlasten.
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Am Mittwoch will das Landesverfassungsgericht endgültig über eine Wiederholung der Abgeordnetenhauswahl von 2021 entscheiden. Die SPD mit Regierungschefin Franziska Giffey brachte sich am Montag schon mal als diejenige in Stellung, die sich kümmert: Viele Berliner*innen, wusste jedenfalls Fraktionschef Raed Saleh, fragten sich ja angesichts von Inflation und explodierenden Energiepreisen: „Kann ich mir das Leben in Berlin noch leisten“? Deshalb sei für die SPD klar: „In der Krise spart man nicht.“
Saleh, wie auch seine Kollegin Silke Gebel von der Grünen-Fraktion und Carsten Schatz von der Linken, betonten die Punkte, die man in der Koalition „gemeinsam“ beschlossen hatte: Erkennbar stolz war man auf den Einfall, last minute noch 75 Millionen Euro für einen Heizkostenzuschuss bereit zu stellen für die immerhin rund 16 Prozent der Berliner Haushalte und Unternehmen, die mit Öl, Pellets, Holz oder Kohle heizen. Die habe der Bund nämlich bisher „gar nicht im Blick gehabt“, wie Schatz betonte.
Rekordsumme
In einer Nachtsitzung hatten die Koalitionsspitzen am Wochenende den ersten Senatsentwurf zum Nachtragshaushalt um 400 Millionen Euro aufgestockt. Nun stehen insgesamt 3 Milliarden Euro zur Verfügung. Finanziert wird u.a. ein Heizkostendeckel für Mieter*innen und Unternehmen, die mit Öl, Holz, Kohle oder Pellets heizen. Insgesamt werden die Wirtschaftshilfen um 143 Millionen Euro ausgeweitet. 300 Millionen pro Jahr werden on top für den Schulbau mobilisiert. Für Baukostensteigerungen wird ein Rücklagefonds um 150 Millionen Euro aufgestockt.
Rekordtempo
In weniger als einer Woche wurde der Haushalt durchgebracht. Die Oppostion kritisierte mangelnde Rücksicht vor dem Parlament. (akl)
SPD-Fraktionschef Saleh versuchte indes noch den Kanzler-Krisenbonus seiner Partei im Bund mitzunehmen und bedankte sich „bei der Ampel-Koalition mit Olaf Scholz an der Spitze“, dass „der Bund geliefert“ habe in Sachen Gas- und Strompreisbremse. Nun habe man als Landesregierung die Lücken geschlossen. „Berlin liefert. Berlin hat schon geliefert“, rief auch die Regierende Giffey in Richtung Oppositionsbank. Man nehme da „eine Vorreiterrolle ein“ – noch kein anderes Bundesland habe ein so umfangreiches Entlastungspaket beschlossen.
Zu spät, zu unkonkret
Bei CDU, FDP und AfD gab man sich davon unbeeindruckt: Viel zu spät komme das Entlastungspaket, tadelte CDU-Chef Kai Wegner. „Wir verlangen seit dem Sommer einen Nachtragshaushalt und alles was Sie gemacht haben, ist auf den Bund zu warten.“ Das sei „verantwortungslos“, so Wegner.
Und während die Opposition unisono ein „zu spät, zu wenig, zu unkonkret“ anstimmte, war man bei den Grünen bemüht, die eigene Macher-Rolle zu betonen. Das fiel gar nicht so leicht, denn das 29-Euro-Ticket für den ÖPNV bis März sowie das 9-Euro-Sozialticket ab Januar verbuchte natürlich auch die SPD genüsslich als „geleistete Teilhabepolitik“.
Grünen-Chefin Gebel versuchte es damit, dass man auch den Ausbau der erneuerbaren Energien um 33 Millionen Euro verstärkt habe – schließlich wolle man als Grüne im nächsten Winter nicht nochmal Ölheizungen subventionieren. Und an die Adresse des Wohnungsbündnisses, dass Giffey mit privaten Vermieter*innen geschmiedet hatte: „Ich erwarte, dass sie sich dem Mietenstopp und Kündigungsmoratorium anschließen.“ Das hat die Koalition zunächst bis Ende 2023 mit den landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften und dem Studierendenwerk vereinbart.
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