Energiepolitik: Biosprit schädlicher als Erdöl
Die EU-Pläne zur Förderung von Biokraftstoffen würden laut einer neuen Studie zu höheren Treibhausgasemissionen führen als die Nutzung fossiler Treibstoffe.
Biotreibstoffe schaden dem Klima mehr als die fossilen Kraftstoffe, die sie ersetzen sollen. Das ist das Ergebnis einer Untersuchung, die neun europäische Umweltverbände am heutigen Montag in Brüssel vorstellen. Darin berechnet das Institut für Europäische Umweltpolitik (IEEP) den Flächenbedarf und den zusätzlichen Ausstoß von Treibhausgasen, der sich aus den Nationalen Aktionsplänen für erneuerbare Energien aus 23 EU-Mitgliedstaaten ergibt. Die Aktionspläne sehen unter anderem vor, dass 2020 im Verkehrssektor 9,5 Prozent des Treibstoffbedarfs aus Biokraftstoffen bestehen soll, die größtenteils aus Nahrungspflanzen wie Raps- oder Palmöl, Zucker oder Getreide gewonnen werden.
5,5 Millionen Tonnen Biosprit würden allein hierzulande benötigt, womit Deutschland an der Spitze aller EU-Länder steht. Dafür müssten rund eine Million Hektar Land - die vierfache Fläche des Saarlandes - in intensive Ackerkulturen oder Plantagen umgewandelt werden. Für die EU ergeben die Aktionspläne einen Flächenbedarf von bis zu 69.000 Quadratkilometern.
Durch die Intensivlandwirtschaft und die daraus resultierende Zerstörung von Wäldern, Mooren und Wiesen würden pro Jahr bis zu 11 Millionen Tonnen an zusätzlichen CO2-Emissionen entstehen. Zwar dürfen die Kraftstoffe selbst nicht von solchen Flächen stammen, da sie die EU-Nachhaltigkeitsverordnung einhalten müssen, doch zeigt die Studie, dass Pflanzentreibstoff indirekt Druck auf ökologisch sensible Gebiete ausübt. Die Klimabilanz von Biosprit gilt schon seit Längerem als zweifelhaft, etwa weil durch die Düngung das extrem klimaschädliche Lachgas freigesetzt wird.
Die neue Studie geht einen Schritt weiter: "Es wird deutlich mehr Kohlendioxid freigesetzt, als später durch vermeintliche Biokraftstoffe eingespart wird", erklärt Corinna Hölzel, Waldexpertin von Greenpeace. Insgesamt wäre mit bis zu 56 Millionen Tonnen zusätzlicher Treibhausgasemissionen zu rechnen. Das entspricht laut der Studie 26 Millionen zusätzlichen Autos, die auf Europas Straßen unterwegs wären.
Durch die geplante Biosprit-Nutzung würden bis zu 167 Prozent mehr Treibhausgase freigesetzt als durch die Nutzung fossiler Kraftstoffe.
Die Konsequenzen der indirekten Landnutzungsänderungen müssten in die Treibhausgasbilanzen der Kraftstoffe einbezogen werden, schreiben die Umweltverbände Greenpeace, BUND und Nabu in einer gemeinsamen Presseerklärung. Sie betonen, dass die Energiepflanzen häufig in Entwicklungsländern angebaut werden. Dort verdrängen sie die lokale Bevölkerung, den Lebensmittelanbau und Ökosysteme wie Regenwälder, betonte Reinhild Benning vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland. Die Verbände rufen die Bundesregierung und die EU-Kommission auf, ihre Biospritpläne einzufrieren. Um die Klimaziele im Verkehrssektor zu erreichen, seien eine bessere Energieeffizienz und erneuerbarer Strom für den Schienenverkehr sinnvoller.
Links lesen, Rechts bekämpfen
Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!