EnBW will Windkraftfirma Prokon kaufen: Begehrte Pleitefirma
Das Insolvenzverfahren von Prokon steht kurz vor dem Abschluss. Im Juli entscheidet sich, ob das Unternehmen verkauft wird. Auch EnBW bietet mit.
ITZEHOE/HAMBURG dpa | Die insolvente Windenergie-Firma Prokon ist offensichtlich bei Investoren begehrt. Nach dem Hamburger Solar- und Windparkbetreiber Capital Stage soll auch der drittgrößte deutsche Energiekonzern EnBW Interesse an Prokon (Itzehoe) haben. Eine Sprecherin des Insolvenzverwalters wollte sich am Montag nicht zu den Bietern äußern. Sie verwies darauf, dass ein Gläubigerausschuss in dieser Woche einen Investor auswählen wird.
Damit ist aber noch nicht entschieden, dass der potenzielle Geldgeber auch neuer Prokon-Inhaber wird. Erst eine Gläubigerversammlung Anfang Juli stimmt darüber ab, ob Prokon in eine Genossenschaft mit vielen Anteilseignern umgewandelt oder gänzlich veräußert werden wird.
Nach einem Bericht des Handelsblatts unter Berufung auf Branchenkreise will EnBW ein Prokon-Angebot im Volumen von rund 500 Millionen Euro vorlegen. Ein Bestätigung hierfür gab es zunächst nicht. Ein Gebot würde aber in die Strategie des Karlsruher Unternehmens passen, dass sich vom Atomkonzern zum Ökostromanbieter wandeln will. Der Anteil erneuerbarer Energien an der installierten Anlagenleistung soll von 19 Prozent (2012) auf mehr als 40 Prozent im Jahr 2020 verdoppelt werden, schreibt EnBW auf seiner Homepage. Dazu gehöre, die Kapazitäten von Windparks an Land in Deutschland und der Türkei deutlich zu erhöhen. Prokon erzeugt mit seinen Anlagen in Deutschland (461 MW) und Polen zusammen 537 Megawatt.
Die börsennotierte Capital Stage, die 62 Solar- und sechs Windparks (450 MW) in Deutschland, Italien, Frankreich und Großbritannien betreibt, will Prokon über ein Tochterunternehmen zu 94,9 Prozent übernehmen. Für 5,1 Prozent soll ein weiterer Investor aufkommen.
Kleinanleger verlieren circa die Hälfte ihrer Einlagen
Unter die Prokon-Pleite soll im Juli ein Schlussstrich gezogen werden. Rund 75.000 Anleger werden wohl ungefähr die Hälfte ihrer Einlagen von 1,44 Milliarden Euro verlieren. Allen Gläubigern sollen voraussichtlich bis Anfang Juni Informationen zu den Insolvenzplänen zugesandt werden, kündigte Insolvenzverwalter Dietmar Penzlin an.
Der Verein „Freunde von Prokon“, in dem sich nach Vereinsangaben rund 10.368 bisherige Genussrechtsinhaber versammelt haben, sieht in dem Kaufinteresse die „Werthaltigkeit der Windkraft- und Stromlieferfirma“ bestätigt. Es beflügele aber auch die Anstrengungen des Vereins, damit das Unternehmen in eine Energie-Genossenschaft umgewandelt wird, teilte er am Montag mit.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag auf Magdeburger Weihnachtsmarkt
Vieles deutet auf radikal-islamfeindlichen Hintergrund hin
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Keine Konsequenzen für Rechtsbruch
Vor dem Gesetz sind Vermieter gleicher
Russische Männer auf TikTok
Bloß nicht zum Vorbild nehmen
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Klimakiller Landwirtschaft
Immer weniger Schweine und Rinder in Deutschland