Elektromobilität auf Teufel komm raus: Stromer auf die Busspuren
Minister Dobrindt möchte Elektroautos privilegieren. Für sie sollen gebührenpflichtige Parkplätze künftig kostenfrei sein. Umweltschützer finden das nicht gut.
BERLIN taz | Kaum jemand kauft sich ein Elektroauto: Zu teuer, zu geringe Reichweite, die sich im Winter noch rapide verringert. Damit sich das ändert, plant Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) eine Privilegierung dieser Fahrzeuge. „Ich denke etwa daran, dass die Fahrer solcher Autos auch die Busspuren in Städten benutzen dürfen“, sagte er der Süddeutschen Zeitung. "Auch sollen sie spezielle Parkplätze kostenfrei benutzen dürfen." Eine Kaufprämie wie in anderen Ländern soll es aber nicht geben, möglicherweise aber vergünstigte Kredite für die teuren Autobatterien.
Sollen Elektroautos auf Busspuren fahren und auf speziellen Parkplätzen stehen, dann müssen sie erkennbar sein: „Sie könnten beispielsweise mit einem E gekennzeichnet werden, das auf dem Autokennzeichen hinter der letzten Ziffer steht“, sagte Dobrindt. Bundesweit wolle er die Beschilderungen der Ladestationen vereinheitlichen und einheitliche Schilder für Elektro-Auto-Parkplätze einführen.
Die Bundesregierung hat sich zum Ziel gesetzt, dass bis zum Jahr 2020 eine Million Elektroautos auf Deutschlands Straßen fahren. Derzeit sind es erst rund 12.000 reine Elektroautos und 85.500 Hybridautos.
Kritik von alternativen Verkehrsexperten
Der ökologische Verkehrsclub Deutschlands (VCD) kritisierte Dobrindts Pläne scharf. Es komme darauf an, den Verkehr in den Städten sozial und umweltverträglich zu gestalten; die Benutzung von Busspuren durch E-Autos sei daher strikt abzulehnen, hieß es. Diese Spuren seien bereits voll belegt mit Bussen, Einsatzfahrzeugen, Taxen sowie Fahrrädern.
VCD-Autoexperte Gerd Lottsiepen: „Dem ÖPNV und dem nachhaltigen Verkehrsmittel Fahrrad darf nicht weiter Platz genommen werden", sagte er. "Zusätzliche Fahrzeuge, egal wie sie angetrieben werden, verstopfen Busspuren und halten in der Folge die Menschen davon ab, den umweltfreundlichen ÖPNV oder das Fahrrad zu nutzen.“
Zudem sind Elektroautos nicht automatisch umweltfreundlicher als effiziente Benziner oder Diesel. Sie verdienen deshalb nach Ansicht des VCD nicht in jedem Fall Privilegien. Es komme maßgeblich darauf an, wie ein E-Auto betankt werde. Nur ein ausschließlich mit erneuerbaren Energien aufgeladenes Elektroauto erzeuge kein Kohlendioxid. Aber: Selbst wenn ein Elektroauto stets mit grünem Strom lade, brauche es 20.000 bis 30.000 Kilometer Fahrleistung, bis die Klimagasemissionen für die Batterieproduktion ausgeglichen sind.
Der Deutsche Verband Flüssiggas forderte von Dobrindt, ein Gesetz zur Förderung alternativer Antriebe vorzulegen, das nicht allein Elektrofahrzeuge im Straßenverkehr bevorzuge. "Emissionsarme Mobilität ist auch in deutschen Ballungsräumen ein Schlüssel zu verbesserter Luftqualität und sollte im Straßenverkehr entsprechend bevorzugt werden," so Rainer Scharr, Vorsitzender des Verbandes. In Deutschland sei derzeit über eine halbe Million Autogas-Fahrzeuge unterwegs, deren Kraftstoff CO2-Emissionen reduziere und mit verringerten Feinstaub- und Stickstoffdioxidwerten verbrenne.
Leser*innenkommentare
Hady Khalil
Letztens hab ich wo gelesen,
das ab nächstes Jahr Kaltefusionsöfen auf den Markt kommen sollen. Die Sollen 20 Jahre halten und normales destilliertes Wasser Tanken. Sie passen in einer Version in jeden Haushalt und kosten 5000 Euro, auch für jedes Elektroauto. Was machen dann die Energieerzeuger mit dem Öl? Naja wie hat Amazon die Buchhändler pleite gehen lassen. Und es gibt ja noch die Pedrochermische Industrie. Die haben dann jetzt Rohstoffe für die nächsten 200 Jahre; STATT 30. Ist doch auch was wert. Habe mich schon gefragt, warum die Politik eine Millionen Elektroautos bis 2020 auf den Markt bringen will. Das ist doch die ineffizienteste Art Energie zu nutzen. Man stelle sich vor man hat in der Garage ein Elektroauto und einen Diesel des selben Typs stehen. Wenn man jetzt 5 Liter Diesel in den Tank füllt und mit 5 Liter einen Generator betreibt, der die Akkus des Elektrofahrzeuges läd. Mit welchem Auto kommt man weiter? Oder anders herum, welches Fahrzeug braucht mehr Diesel für dieselbe Strecke. Zum Glück gibt es ja bald diese Energiemodule, die man nur gelegentlich mit destilliertem Wasser füllen muss. Deshalb meckert unser Energieminister nicht über die 1 Mio Elektroautos.
guido-nrw
Die E-Autos sind zunächst gar nicht öko - Frage Stromherkunft, Ressoucenverbrauch, Masse der Akkus usw. Außerdem ist da eine Privilegierung der Reichen- Sozialauswahl - denn die Dinger sind auch noch sehr teuer. Ich finde auch, der ÖPNV ist zu fördern. Parkplätze und Ladegeräte brauchen die auch noch. Ein Irrweg. Für Lieferfahrzeuge OK, aber nicht für die üblichen Privatfahrten. Besser: mehr ÖPNV mit mehr Platz für E-Bikes. Das ist viel ökiger.
tomas
gab es früher nicht mal Busse die mit Strom gefahren sind, versorgt über eine Oberleitung wie bei der Tram..., ich glaube man nennt sowas Trollebusse...,
aber wie schon öfters erwähnt, die Hipster müssen das Rad fünfmal erfinden...,
Åge Krüger
Zumindest scheint Herr Dobrindt damit der Bevölkerung, die auf dem Land lebt, dringend von E-Autos abzuraten.
Ich wüsste nicht, was das Benutzen von Busspuren, die es auf dem Land nicht gibt wie kostenloses Parken, was ich hier überall kann, mir bringen sollte.
Ein vernünftig geförderter ÖPNV wäre mir hier lieber.
guido-nrw
@Åge Krüger Durchdacht ist hier mal wieder nichts. Es geht wohl um Verkaufsförderung für die teuren E-Raser deutscher Herstellung.
vøid
Bei dem ganzen Hype um E-Autos muss auf mehr geguckt werden, als nur die Erzeugung des Stroms dafür. Auch die Herstellung mitsamt Rohstoffgewinnung muss betrachtet werden. Wo kommen die Rohstoffe (speziell die für die Akkus) her und unter welchen Umständen werden diese gefördert?
Waage69
So ist es: die Ökobilanz eines E Autos ist unterirdisch, zumindest die eines reise- und autobahntauglichen Allrounders. Da bleibt ein einfacher und leichter, aber mit modernstem Verbrennungsmotor ausgestatteter Wagen immer überlegen.
In der Stadt als Kurier-/Behörden-/Auslieferungsfahrzeug und auf dem Land als Zweitwagen zum Einkaufen im nächsten Örtchen oder um sich in den suburbanen Ring vorzuwagen wird Elektromobilität sicher sinnvoll eine größer werdende Nische ausfüllen. Die dazu notwendigen Fahrzeuge werden sich dann so auf dem Level elekrifizierter Asketensmart (flitzig) oder wildgewordener Golfcaddy (Transport) bewegen, ca. 70km/h schnell sein und eine Reichweite von ca. 200 km haben, also einem Aktionsradius von 50/60 km (man will ja auch noch entspannt zurück ohne sofort an die Steckdose zu müssen...
Alles andere lässt sich mit vertretbarem technischen Aufwand gar nicht darstellen.
Abgesehen davon, dass Städte und Gemeinden überlegen könnten das eine oder andere E- Mobil als Behördenfahrzeug anzuschaffen (und dann auch zu benützen!!!) sollte die individuelle Elektromobilität als Spielwiese der Mittel- und Oberschicht auf gar keinen Fall extra durch Steuermittel gefördert werden, die kommt schon von alleine - wo sie Sinn und Spaß macht.
Öffentliches Geld wäre bei der öffentlichen Elektromobilität auf der Schiene besser aufgehoben.