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Elektonische Patientenakte in HamburgMehr Effizienz bei Arztbesuch

Hamburg startet als eine von drei Modellregionen mit der elektronischen Patientenakte. Diese bietet viele Vorteile, hat aber noch Sicherheitsmängel.

Soll künftig alle Gesundheitsdaten zusammenführen: elektronische Patientenakte beim Auslesen Foto: Jens Kalaene/dpa

Hamburg taz | Seit Mittwoch wird in Hamburg die Elektronische Patientenakte (Epa) getestet. Die Hansestadt ist eine von drei Modellregionen, in denen am lebenden Objekt – sprich an Ärzten, Apothekern, Kassen und Patienten – untersucht wird, ob das System bisher unerkannte Kinderkrankheiten hat.

Auszuschließen ist das keinesfalls, schließlich hat der Chaos Computer Club erst vor wenigen Wochen auf grobe Sicherheitslücken hingewiesen. Dessen ungeachtet sprach Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) schon mal vom „Beginn eines neuen Zeitalters“.

Mit der Epa, deren Entwicklung schlappe 20 Jahre gedauert hat, verbinden sich große Hoffnungen. Für Ärzte bedeutet sie weniger Bürokratie und effizienteres Arbeiten: Die Epa ermöglicht ihnen einen schnellen Überblick über die Krankengeschichte ihrer Pa­tien­ten.

Welche Untersuchungen gab es, wie wurden sie behandelt, welche Medikamente wurden verschrieben? Doppelbehandlungen sowie Unverträglichkeiten und unerwünschte Wechselwirkungen zwischen Medikamenten sollen so vermieden werden. Befunde und Röntgenaufnahmen müssen nicht mehr herum­geschickt, Daten nicht doppelt und dreifach erfasst werden.

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Medikamente automatisch in der Akte

Patienten wiederum könnten mit der Epa souveräner werden, denn sie können auf ihrem sämtlichen Gesundheitsdaten zugreifen. Ärzte sind verpflichtet, Befunde, Arzt- und Entlassbriefe in dem System abzulegen. Verordnete Medikamente landen über das bereits eingeführte elektronische Rezept automatisch in der Akte.

Patienten können jedoch entscheiden, ob alles gespeichert werden soll und wer wie lange darauf zugreifen kann. Bei besonders sensiblen Daten sollen Ärzte darauf aktiv hinweisen. Meine Orthopädin muss ja nicht wissen, ob ich Aidsmedikamente bekomme oder eine Psychotherapie.

Wer die Epa nicht haben möchte, kann bei seiner Krankenkasse jederzeit widersprechen. Anonymisiert sollen die Datensätze der Forschung zur Verfügung gestellt werden. Gesundheitsminister Lauterbach erhofft sich dadurch einen Schub für den Pharmastandort.

300 Praxen, Kliniken und Apotheken in Hamburg sowie Teilen Nordrhein-Westfalens und Frankens nehmen am Test teil. Im März oder April soll die Epa Lauterbach zufolge in ganz Deutschland eingeführt werden. Dass das kein Selbstläufer wird, zeigen die Probleme, die schon die Einführung des E-Rezepts in Hamburg verursacht hat.

CCC zeigt Sicherheitslücken auf

Eine Grünen-Abgeordnete kritisierte im November im Gesundheitsausschuss der Bürgerschaft, die Ärzteschaft fungiere als Versuchskaninchen. Viele Ärztinnen und Ärzte seien über die Art der Einführung des E-Rezepts aufgebracht gewesen. So sei die Ärzteschaft für das Funktionieren des Systems haftbar gemacht worden, obwohl sie von den Betreibern ihrer elektronischen Praxissoftware abhängig war.

Dass das System der Epa nicht ausgereift ist, hat der CCC bei seinem kürzlichen Jahreskongress demonstriert. Mit wenig Aufwand gelang es den Hackern, sich die Zugangstechnik für das System zu beschaffen und damit Zugang zu allen Patientenakten. In der Testphase soll das dadurch verhindert werden, dass nur die 300 registrierten Teilnehmer auf die Epa zugreifen dürfen. Bis zum bundesweiten Start sollen die übrigen Sicherheitsmängel behoben werden, etwa durch Verschlüsselung der Krankenversicherungsnummer, die ein Einfallstor für den CCC war oder die Sensibilisierung der Nutzer.

Um als Patient die Kontrolle darüber zu behalten, was in der Akte steht und wer es sehen darf, braucht man eine App seiner Krankenkasse. Aber auch damit läuft es beim Selbstversuch nicht rund. „Diese App funktioniert nicht auf deinem Gerät“, teilt der Google-Play-Store mit.

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