Elefantenzucht im Zoo Hannover: Erstmal keine Babys mehr
Der Zoo Hannover will sein Zuchtprogramm für Asiatische Elefanten aussetzen. Die Tierrechtsorganisation Peta begrüßt die Entscheidung.
Peta würde die Elefantenhaltung in Zoos am liebsten komplett einstellen. Aber BesucherInnen wollen Elefanten sehen. Also bauen Zoos Anlagen wie den indischen Dschungelpalast, der mit seinen künstlichen Ruinen auf Maharadscha-Feeling setzt und als eine „traumhafte Welt“ verstanden werden will, „wie aus 1001 Nacht“.
Derzeit besteht die Elefantenherde des Zoos Hannover, die seit 2003 ganze 18 Mal Nachwuchs hervorgebracht hat, aus einer älteren Leitkuh und zwei Müttern mit drei Jungtieren. Das soll sich 2024 ändern. Geplant ist der Aufbau einer Jungbullengruppe.
Die Strategie des Dachverbands European Association of Zoos and Aquaria (EAZA) sehe vor, „die Zucht vorerst zurückhaltender voranzutreiben“, heißt es in einem Statement, das Lisa May, Leitung Unternehmenskommunikation, auf taz-Anfrage im Namen des Zoos übermittelt. Es gebe eine „stabile Population in den Zoos“. Ein Ende der Zucht in Hannover bedeute das jedoch nicht. Der Zoo wolle „für die nächsten Jahre eine andere, wichtige Rolle in der Zoogemeinschaft“ und im Europäischen Erhaltungszuchtprogramm (EEP) übernehmen. Es fehlt Platz für „Bachelorgruppen“ männlicher Tiere. Den schafft Hannover jetzt.
Elefantendressur abgeschafft
„Ein guter Zwischenschritt“, sagt Tierrechtlerin Würz. „So werden hier wenigstens keine neuen Tiere mehr für die Gefangenschaft produziert, die ja viel Leid bedeutet.“ Das Argument des Zoos, Zucht diene dem Artenschutz, der Schaffung von Reservepopulationen für in der Wildbahn bedrohte Arten, lässt sie für Elefanten nicht gelten: „Eine Aussicht, jemals ausgewildert zu werden, besteht für die Tiere ja nicht.“ Es werde lediglich sichergestellt, dass es genügend Nachwuchs für die Präsentation in Zoos gibt.
Die Haltung der Elefantenherde im Zoo, dessen Gesellschafter die Region Hannover ist, hat sich in den letzten Jahren stark geändert. 2017 hatte Peta mit heimlichen Videoaufnahmen gezeigt, dass die Tiere durch den Einsatz von Metallhaken und Peitschen für zirkusähnliche Besuchershows gefügig gemacht wurden: Man sieht sie Männchen machen, im Gänsemarsch gehen, sich um die eigene Achse drehen, ihre Vorderfüße auf den Rücken des Vordermanns stellen. Diese Form der Dressur ist mittlerweile abgeschafft, obwohl die Strafanzeige von Peta ins Leere lief: Das Verfahren wurde eingestellt.
Seit 2018 wird in Hannover mit den Elefanten im „geschützten Kontakt“ gearbeitet, auf den alle EAZA-Mitglieder bis 2030 ohnehin umstellen müssen. Die PflegerInnen haben so in der Regel keinen direkten Zutritt zum Gehege mehr, können die Tiere also nicht dominieren.
Die Peta-Kampagne von 2017 habe sich „in allen Punkten als haltlos und sachlich falsch erwiesen“, sagt der Zoo auf Anfrage der taz. Peta sieht das anders: Alle Gutachten hätten „erhebliche Leiden und Schmerzen“ attestiert.
Die Elefantenanlage des Zoos ist derweil Teil von Investitionen in Millionenhöhe. Derzeit wird die Außenanlage modernisiert, Fertigstellung voraussichtlich Ende 2021. In 2024 soll der Bau einer Laufhalle abgeschlossen sein. Die neuen Anlagen seien „so konzipiert, dass sie sowohl für Elefantenkühe als auch für Elefantenbullen geeignet sind und die aktuellen Erkenntnisse zum Tierwohl aufnehmen“, teilt der Zoo mit. Eine „Rückkehr zu einer züchtenden Herde“ sei „nicht ausgeschlossen“. „Auch die Jungbullen sind ja letztlich Teil der Zucht“, sagt Würz. „Nur dass dann in Hannover keine Elefanten mehr geboren werden.“
Für seine Elefantenherde attestiert sich der Zoo in Hannover eine gute Bilanz: Man habe im EEP„einen wichtigen Beitrag zum Erhalt dieser Tierart geleistet“. Die ist in der Tat in der freien Natur stark gefährdet. Aber Elefanten in Transportkisten an Bord von Frachtflugzeugen zur Auswilderung unterwegs in Länder wie Sri Lanka, muss man sich dabei nicht vorstellen. Der Beitrag ist genetisch, didaktisch, finanziell.
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