Elbfähren außer Betrieb: Isoliert durch Niedrigwasser
Der Wasserstand in der Elbe hat einen historischen Tiefstand erreicht. Die Elbfähren mussten ihren Betrieb einstellen. Der Streit über neue Brücken kocht wieder hoch.
Vor knapp drei Wochen war auch 15 Kilometer stromabwärts in Bleckede Schluss. Hier dümpelt die „Amt Neuhaus“ beschäftigungslos am Anleger. „Immer öfter laufen wir Gefahr, dass wir uns auf den Sandbänken festsetzen“, heißt es auf der Homepage des Fährunternehmens. „Unsere Anleger sind auf beiden Seiten nach ganz unten gezogen, und weiter geht es jetzt nicht mehr. Somit können wir nicht mehr richtig an- bzw. ablegen.“
Um überhaupt noch verkehren zu können, hatte die „Amt Neuhaus“ bereits zuvor nur noch sechs statt wie sonst neun Autos pro Fahrt an Deck rollen lassen. „Für die Kunden ist die Situation total schrecklich“, sagt Petra Wilhelm vom Fährbetrieb in Bleckede. „Sie müssen Umwege über die Brücken von siebzig, achtzig oder mehr Kilometern über die Brücken in Lauenburg und Dömitz machen.“
Aber auch für das kleine Unternehmen sei die wetterbedingte Zwangspause „die Katastrophe schlechthin“. Wie groß die Verluste letztlich werden, hängt davon ab, wie lange der Stillstand noch dauert. Die Fähre transportiert jedes Jahr im Schnitt rund 500.000 Personen und 175.000 Fahrzeuge und macht einen Umsatz von gut einer Million Euro.
40 Kilometer Umweg für Schüler*innen
Der eingestellte Betrieb hat insbesondere für Berufspendler und Schüler Konsequenzen: Viele Kinder und Jugendliche aus der zu Niedersachsen gehörenden, aber östlich der Elbe liegenden Gemeinde Amt Neuhaus fahren normalerweise mit dem Schiff zum Schulzentrum in Bleckede. Sie müssen den Bus nehmen und früher aufstehen. Durch den 40 Kilometer langen Umweg über die Elbbrücken bei Lauenberg kann der morgendliche Weg derzeit gut und gern zwei Stunden in Anspruch nehmen.
Die aktuelle Situation lässt die schon beendet geglaubte Diskussion über den Bau einer weiteren Elbbrücke wieder hochkochen. Die parteilose Bürgermeisterin im Amt Neuhaus, Grit Richter, ist eine Befürworterin dieser Idee. Und auch Niedersachsens Wirtschaftsminister Bernd Althusmann (CDU) macht sich für eine neue Elbüberquerung stark. Er will noch im Herbst mit der Landesregierung in Mecklenburg-Vorpommern darüber diskutieren, ob sich eine Brücke bei Neu Darchau gemeinsam finanzieren und bauen lässt.
Brückengegner befürchten hohe Kosten und Umweltzerstörung
Dabei waren derartige Planungen im Sommer 2015 von der Mehrheit im Lüneburger Kreistag zunächst beerdigt worden. Zu teuer, befanden die Kommunalpolitiker. Bis zu 60 Millionen Euro wurden für die Elbüberquerung veranschlagt. Neu Darchaus Bürgermeister Klaus-Peter Dehde (SPD) fürchtet zudem, dass die Gemeinde durch die Zubringerstraßen zur Brücke „zerschnitten“ wird.
Die Bürgerinitiative „Ja zur Fähre – Nein zur Brücke“ kämpft seit fast 15 Jahren gegen ein solches Bauwerk. Sie führt auch ökologische Bedenken ins Feld. Eine neue Brücke, so die Argumentation, werde zusätzlichen Verkehr und viele Lastwagen anziehen. Neu Darchau liege in der ökologisch hochsensiblen Elbtalaue. Eine Brücke, glaubt die Initiative, „würde dieses Kleinod zerstören“.
Neuer Anstrich während Zwangspause
Die Revierzentrale des Wasserstraßen- und Schifffahrtsamts in Magdeburg hält es derweil für gut möglich, dass auch der Rekordwert von 66 Zentimetern Wasserstand in den kommenden Tagen noch unterschritten wird. Gleichzeitig warnt die Behörde davor, die niedrige Elbe zu durchwaten. Der Pegelstand sei ein Mittelwert – in der Fahrrinne und an anderen Stellen könne das Wasser deutlich tiefer sein.
Fährfrau Petra Wilhelm will die Zwangspause für Reparaturen an ihrem gepachteten Schiff nutzen, die „Amt Neuhaus“ soll einen frischen Anstrich bekommen: „Aber keine großen Arbeiten, damit wir, sobald die Elbe wieder mehr Wasser führt, sofort den Betrieb wieder aufnehmen können“.
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