Eklat beim Berliner CSD: Judith Butler drückt die Spaßbremse
Die Theoretikerin sorgt mit ihrer Ablehnung des Zivilcourage-Preises für Wirbel. Der CSD sei zu kommerziell und zu unkritisch gegenüber Rassismus und Krieg, begründete Butler ihre Haltung öffentlich.
BERLIN dpa/taz | Beim Berliner Christopher Street Day ist es am Samstagabend zu einem Eklat gekommen: Judith Butler (54), Philosophin und legendäre Geschlechter-Theoretikerin aus den USA, hat einen Zivilcourage-Preis auf der CSD-Bühne am Brandenburger Tor abgelehnt. Die Veranstaltung sei ihr zu kommerziell und oberflächlich, kritisierte Butler. Sie könne die Auszeichnung deshalb nicht akzeptieren.
Nach einer Laudatio der Vorsitzenden der Grünen-Bundestagsfraktion, Renate Künast, kam die linke Theoretikerin, die an der Universität im kalifornischen Berkeley lehrt, auf die Bühne. Dort legte sie innerhalb weniger Minuten dar - Deutsch von einem Blatt ablesend - warum sie den Preis der Veranstalter nicht annehmen könne.
Die Veranstaltung sei ihr zu kommerziell ausgerichtet und richte sich nicht genügend gegen Probleme wie Rassismus und doppelte Diskriminierung von beispielsweise Migranten, die homosexuell oder transsexuell empfinden.
Man dürfe sich nicht vor den Karren von Organisationen spannen lassen, die im Namen einer queeren Gemeinde Kriege führten und Bündnisse eingingen, in denen Rassismus sowie Antisemitismus geduldet würden, so Butler weiter.
Ausdrücklich Lob bekamen von Butler Gruppen, die eine Art alternativen Christopher Street Day jedes Jahr in Kreuzberg organisieren. In dieser Berliner Subkultur werde sich noch mit den großen Fragen von Krieg und Frieden und sexueller Identität in einer modernen Gesellschaft auseinandergesetzt. Der alternative, sogenannte Transgeniale CSD findet in diesem Jahr nicht parallel zum großen CSD statt, sondern am 26. Juni.
Auf dem Blog im garten mit satie wurde die Entscheidung Butlers begrüßt. Hingewiesen wurde dort auf eine offensichtlich betrunkene, an der Preisverleihung desinteressierte Menschenmenge vor der CSD-Bühne. Künast machte diese in ihrer Rede flapsig zu eifrigen Lesern aller Bücher Butlers, hatte aber selbst Schwierigkeiten den Namen der Philosophin fehlerfrei auszusprechen. Nach der Preisablehnung durch Butler, kommentierte Künast, dass Butler nicht Butler wäre, wenn sie nicht an allem etwas zu kritisieren hätte. Nicht mal über diesen Preis könne sie sich freuen, so Künast.
Butler erhielt für ihren Auftritt Beifall von einer kleinen Gruppe im Publikum. Was, so im garten von satie, der Moderator der Preisverleihung zum Anlass nahm, diese über Mikrophon direkt anzusprechen. Man sehe ja, sagte er, dass man mit ihnen keinen gemeinsamen CSD feiern könne. Aber schließlich seien sie ja nicht die Mehrheit hier.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Macrons Krisengipfel
Und Trump lacht sich eins
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
USA und Russland besetzen ihre Botschaften wieder regulär
Maßnahmenkatalog vor der Bundestagswahl
Grünen-Spitze will „Bildungswende“
Frieden in der Ukraine
Europa ist falsch aufgestellt
Die Neuen in der Linkspartei
Jung, links und entschlossen
Krisentreffen nach Sicherheitskonferenz
Macron sortiert seine Truppen