piwik no script img

Ekelfraß AufbackbrötchenKnack und Kack und ohne Mack

Wabbelnd wie Bindegewebe oder hart wie ein Nierenstein schiffen sich Aufbackbrötchen in unsere Körper. Aber wo kommen sie eigentlich her?

Aufbackbrötchen sind der Niedergang des Bäckereigewerbes Foto: Shotshop/imago

W enn man alle sechzehn dieser kleinen Löcher am Gullydeckel mit Schnullern verstopft, kommt man in das Land, wo die kleinen Schnackmonster arbeiten. Den ganzen Tag sind sie auf Zack. Schnack! Schnack! So machen sie, wenn sie gerade mal wieder besonders auf Zack sind. Also immer. Schnack! Schnack!

Die kleinen Schnackmonster haben nämlich eine wichtige Aufgabe, über die sie nur emsig im Vorüberwackeln informieren können: „Schnack­attack! Wir sind auf Zack! Aufback! Aufback!“

Sie sind die Wesen, die – nein, nicht im Fernseher wohnen, das sind die Glubschmonster. Nein: die Schnackmonster sind es, die in der Aufbackfabrik, 28 Stunden am Tack, Verzeihung, Tag, Knack und Kack und ohne Mack fertig zum Verpack vermonstern. Sie machen die blassweißen Ufos, die sich viele von uns großen Menschen so bedenkenlos jeden Morgen, mit Honig, Quark oder Wurst beschleimt, in den Mund schieben.

Da ist so einiges in der kosmischen Ordnung durcheinandergeraten, weiß E. M. Backautomat, Professor an der Karls-Universität Prag. „Eigentlich waren Aufbackbrötchen als Sofafüße gedacht. Deswegen werden sie ja auch von kleinen Monstern hergestellt! Irgendein Volltrottel hat dann mal da reingebissen, weil, warum eigentlich nicht.“

taz am wochenende

Dieser Text stammt aus der taz am wochenende. Immer ab Samstag am Kiosk, im eKiosk oder gleich im Wochenendabo. Und bei Facebook und Twitter.

Warum eigentlich nicht, sagen sich auch heute noch jeden Tag Hunderttausende. Anderen geht es doch viel schlimmer, danke, lieber Gott. Aufbackbrötchen: Schon okay. Schimmel im Arsch: Na gut. Giftmülldeponie unterm Balkon: Muss ja. Wabbelnd wie Bindegewebe oder hart wie ein Nierenstein schiffen sich die Horrorzerealien in die sich nur mittelgut fühlenden Alltagskörper, verkleben das Gehirn und machen aus Erbgut Erbschlecht. Selbst ein fauliger Hamburger hat mehr Nährwert.

Die Schnackmonster lässt das alles freilich nicht kalt, denn sie sind wechselwarm. Ein Danke würden sie sich mal wünschen, stattdessen heißt es: Absatz, Absatz, Absatz. Verstehen Sie mich nicht falsch (verstehen Sie mich überhaupt erst mal!): Die Schnackmonster lieben ihre Arbeit, sie ist das, wofür sie gemacht sind. Aber wenn sie sehen, was die schrumpligen „Früchte“ ihres Tagewerks in der Welt so Verwerfliches anrichten, wollen sie sich am liebsten in Blätterteig einwickeln und den ganzen Tag nicht mehr rauskommen.

Was tun? Erstens: morgens Brot essen. Dazu einen Liter heißen Tee eilig runterkippen, um die Träume am Kochen zu halten. Zweitens: den Nagel auf den Kopf treffen. Den Kopf bandagieren. Drittens: Die Schnackmonster werden freie Künst­le­r:in­nen in Berlin, weil, warum eigentlich nicht?

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Adrian Schulz
Freier Autor
Seit 2015 bei der taz, zunächst als Praktikant, dann als freier Autor und Kolumnist (zurzeit: "Ungenießbar"). Nebenbei Masterstudium der Ästhetik in Frankfurt am Main. Schreibt über Alltag, Medien und Wirklichkeit.